Komintern: Ein biographisches Handbuch


Buch

Bei dem Buch "Biographisches Handbuch zur Geschichte der Kommunistischen Internationale" handelt es sich zwar nicht um eine umfassende Darstellung der jeweiligen Propaganda der Komintern, doch man erhält einen durchaus interessanten Überblick. Anmerkbar ist, dass es sich um ein "deutsch-russisches Forschungsprojekt" handelt und somit als ergänzende Literatur zur Thematik dient. Mit der Etablierung der Kommunistischen Internationale, kurz Komintern, wollte man offen die Weltrevolution herbeizaubern und vor allem die Massen für sich gewinnen. Was letztlich aber einschlagen sollte, wird z.B. in der mehrstündigen Film-Dokumentation mit dem Titel: "Die Sowjet-Mafia - Die spektakulärsten Korruptionsskandale in der Sowjetunion" behandelt. In dem hier vorgestellten Buch "Biographisches Handbuch zur Geschichte der Kommunistischen Internationale" wurde der Zugang zu biographischen Daten des Komintern-Personals, von prominenten Entscheidungsträgern bis hin zu bislang anonymen Mitarbeitern von Hilfsorganisationen, erschlossen und damit die Voraussetzung geschaffen, ein wissenschaftlich soziologisches Profil wesentlicher Teile dieser Weltorganisation zu erarbeiten. Die Publikation beinhaltet als Extrabeilage eine umfangreiche Datensammlung auf CD-ROM zu etwa 15.000 Personen. Weiter unten sind Kurzinformationen und eine Bezugsquelle genannt.

Anbei finden sich zunächst aus den Komintern-Protokollen des III. Weltkongresses von 1921 diverse Textstellen. Wer Interesse an den gesamten unkommentierten Aufzeichnungen zu diesem Kongress hat, kann diese z.B. für Zwecke der historischen Forschung unter folgender Quelle einsehen bzw. herunterladen. Hinweis: Der gesamte Text ist wesentlich umfangreicherer Natur als heutige Durchschnittsmeldungen bei Facebook - für durch das eigenständige Lesen selbstverursachte psychologische Reizüberflutungen wird jegliche Haftung abgelehnt. Gelesen werden sollten die Reden derart, dass man nicht nach einer halben Stunde selbst mit roten Fahnen durch die Gegend rennt und Gebäude anzündet, entsprechend sollte die sehr oft vorzufindende "revolutionäre Note" der textlichen Zusammenstellung ohne ideologische Hirn-Abfärbung aufgenommen werden.

In Italien hätten die Kommunisten ihre selbständige Partei gegründet gehabt, aktuell gäbe es dort aber Irritationen, weil man nicht komplett auf Komintern-Linie sei, wie man berichtete. Aus der [zur damaligen Zeit] gegenwärtigen Sozialistischen Partei würden allmählich die "gesunden proletarischen Elemente ausscheiden und sich offen der Kommunistischen Internationale anschließen". Mit Blick über den Atlantik hieß es zur generellen Planung: In Amerika ist die Einigung aller kommunistischen Gruppierungen nur mehr eine Frage der allernächsten Zukunft. Nach der eingefädelten Weltwirtschaftskrise wollte man zum III. Weltkongress natürlich die Gunst der Stunde am Schopfe packen, um die Massen auf "die richtige Seite" zu ziehen. Misstrauisch beäugte man natürlich "nach Beendigung des imperialistischen Krieges" die generell als "Kapitalisten" bezeichneten Strukturen in Westeuropa. Es sei fraglich, so die Anhänger der kommunistischen Ideologie zum III. Weltkongress in 1921, wo auch "Fragen der Frauenbewegung und der Jugendbewegung" behandelt wurden, ob Europa auf der Grundlage einer friedlichen Einstellung des erneuerten "kapitalistischen Systems" in die Phase einer tatkräftigen gemeinsamen organisatorischen Entwicklung trete.

Zwar war der Kommunistenzirkus fast genauso aufgebaut wie andere Sekten, doch bezeichnete man die Konkurrenz nur als solche. Der damals aufgezogene Kongress müsse "eine scharfe taktische Linie für die kommunistischen Parteien schaffen". Sowohl "vom Sektierertum als auch von dem Haschen nach vorübergehenden Erfolgen" müsse man Abstand nehmen. Und dazu hätte man auch alle Zeit der Welt, man trete dem Ziel der Umwandlung entgegen, Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt. Mit einzubinden seien auch die Gewerkschaften, welche damals schon "Millionen von Proletariern vereinigt" gehabt hätten. Innerhalb der Gewerkschaften könne man dem Protokoll des Kongresses zufolge die durchdringende Taktik nutzen, "kommunistische Zellen innerhalb der Gewerkschaften zu bilden". In Frankreich, England oder unter anderem auch Deutschland habe man damit bereits "ernstzunehmende Erfolge" erzielen können. Kritisieren tat man die "Zellenbildung" und Verflechtung mit der politischen Ausrichtung in unterschiedlichen Bereichen aber dennoch.

Hier könne man noch wesentlich mehr tun, um so die regelmäßig funktionierenden "kommunistischen Zellen von bestimmter Form in Fabriken und Werken, in Gruben und bei Eisenbahnen, in Dörfern und Betrieben, in Gewerkschaften und Genossenschaften" herauszubilden. Die Grundlinie für diese Aktionen sei: "Ein strenges System der Unterordnung dieser Zellen unter die Parteizentralen". In Westeuropa fehle es außerdem noch an einer ernstzunehmenden "illegalen Organisation", welche entsprechend "die legale ergänzen könnte". Natürlich nahm man nicht nur Westeuropa und die USA ins Visier, sondern blickte ähnlich wie nebulöse Eurasier heutzutage nach Osten. Schon damals stand fest, dass man an die "Ostfrage nicht nur theoretisch herangehen" müsse. Ohne eine zu entflammende Revolution in Asien "gibt es keinen Sieg der proletarischen Weltrevolution". Eine Krise in Europa und den asiatischen Gefilden würde demnach große Dinge ermöglichen. "Dieser Gedanke muss zum geistigen Besitztum der kommunistischen Proletarier werden".

Aufgeregt hatte man sich ständig darüber, dass man angeblich von sämtlichen Seiten her infiltriert wurde. Auf dem veranstalteten Kongress wolle man aber die einigende Kraft finden, "um alle Strömungen, die die eiserne kommunistische Einigkeit von innen aus zu untergraben versuchen, eiserne Schranken entgegenzusetzen". Dazu sollten die Parteien von "allen opportunistischen Elementen" gesäubert werden, wodurch sie dann "gestählt" würden. Mit dem Voranschreiten des Kommunismus und der ideologischen "Stählung" in jedem Lande, wie es auch schon auf dem II. Kongress gewünscht worden sei, könne eine Struktur der "einheitlichen, brüderlichen, kommunistischen Weltpartei" entstehen. Zu den "Ländern", bzw. mit der Internationale verbandelte Gruppierungen dieser, zählten auf dem III. Kongress auch welche aus dem nahen und fernen Osten, welche man in 1921 besonders beklatschte. Und man war sich nach dem Ersten und vor dem Zweiten Weltkrieg ganz sicher: "Die Anwesenheit der zahlreichen Delegationen der Länder des nahen und fernen Ostens auf unserem Kongresse ist ein Beweis, [dass] unsere Organisation nicht nur eine europäische, nicht nur eine internationale Vereinigung der Arbeiter Europas, sondern der ganzen Welt ist".

Durch den immer wieder auf "die Welt" gelegten Begriff der Revolution erschien es zumindest theoretisch jener Kreise zufolge so zu sein, dass die "Anwesenheit dieser Delegationen ... ein Beweis [sei], dass uns nicht nur eine europäische, sondern eine Weltrevolution im wahren Sinne des Wortes bevorsteht". Wie ernst es führenden Kommunisten mit der Weltrevolution war, zeigte sich, um an dieser Stelle nur ein Beispiel aus einer langen Liste anzuführen, noch Jahrzehnte später. So hieß es dem Mauerfallstar Gorbatschow zufolge im Jahr 1987, anlässlich des 70. Jahrestages der Oktober-Revolution: "Im Oktober 1917 brachen wir aus der alten Welt aus, lehnten wir sie endgültig ab. Wir gehen einer neuen Welt entgegen, der Welt des Kommunismus. Von diesem Weg werden wir nie abweichen", wie im Buch "Oktober und Umgestaltung: Die Revolution geht weiter" zitiert wird. Wichtig seien halt "Krisen", denn aus der ggf. geschaffenen Krise heraus würde man dann zur Einigkeit gelangen, ohne Krise seien die Massen nicht zu mobilisieren und würden keine Veränderung akzeptieren.

Als Zielvorgabe auf dem III. Weltkongress von 1921 meinte man mit Blick auf die herausgebildeten Parteien in Europa und Amerika, dass diese "ihre besondere Aufmerksamkeit" den Vertretern des nahen und fernen Ostens widmen müssten. Man könne für das große Werk einen "Bruderbund bilden", um der Welt so zu zeigen, dass "wir nicht nur die vorgeschrittenen Proletarier Europas und Amerikas [wären] ... [sondern] auch die zahlreichen Völker des nahen und fernen Ostens zu vereinigen imstande sind". Einen nach Protokoll stürmischen, langanhaltenden Beifall genoss entsprechend der Aufruf: "Es lebe die Weltrevolution, es lebe die Kommunistische Internationale!". Die Herrscherclique des Zaren, mit diesem an der Spitze, hätte man bereits gestürzt und von Moskau aus, dem Ort des Kongresses, würde man die "Keime der neuen kommunistischen Gesellschaft hervorsprießen" lassen können, welche sich in der ganzen Welt verbreiten soll. Auf Gottes oder zumindest richterlichen Beistand im roten Fegefeuer der Zukunft könnten die "Kapitalisten" bzw. die "Bourgeoisie" aber wohl nicht hoffen. Weder "oben, noch unten" hätte man einen Richter, der einzige sei als ein solch "oberster Richter" "der Weltkongress der Kommunistischen Internationale".

Das vorgestellte "Biographische Handbuch zur Geschichte der Kommunistischen Internationale" aus dem Jahr 2007 als deutsch-russisches Forschungsprojekt, welches wie angemerkt eine für jede künftige quellengestützte Komintern-Forschung unverzichtbare Datensammlung (dies auf der CD-ROM) in deutscher Sprache zur Verfügung stellt, aus dem Oldenbourg Akademieverlag mit über 486 Seiten, kann unter der ISBN: 978-3050041582 oder direkt über das Internet unter der folgenden Quelle bezogen werden:

Hier: Biographisches Handbuch Komintern (2007)

 

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Utopie und Mythos der Weltrevolution: Zur Geschichte der Komintern 1920-1940 - Autor: Theo Pirker, Verlag: DTV (erschienen in 1964), ASIN: B001UUSTAW

 

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