Lieber wieder das DDR-Erziehungssystem?


Bundesarchiv Bild 183-S86364, 1949, Bild: Wikipedia (CC BY-SA 3.0 DE)

In den vergangenen Jahren wurden in "gewissen Kreisen", welche häufig auf den ersten Blick von linksorientierten Gesellschaftsströmungen als "kapitalistisch" bezeichnet werden könnten, tatsächlich Mutmaßungen sowie nachgeordnete Forderungen aufgestellt, das sozialistische DDR-Schul- bzw. auch Kindergartensystem sei wesentlich besser gewesen als das heutige, welches z.B. in BRD-Gefilden etabliert wurde. Bevor fanatische Politiker und andere kollektivistische Stimmensammler nun auf ganz böse Ideen kommen, kann ein grober Überblick auf "die guten alten Zeiten" sicherlich nicht schaden - wobei bei näherer Betrachtung ggf. auch von neueren Zeiten gesprochen werden kann.

Nicht unbedingt ausschweifend betont werden braucht an dieser Stelle hoffentlich, dass nach dem 2. Weltkrieg in der DDR-Konstruktion der Aufbau der Gesellschaft nach Sowjetvorbild vollzogen wurde, mit ein paar kosmetischen Abänderungen. Trotzdem wurden die sowjetischen Strukturen umfassend auf alle gesellschaftlichen Bereiche übertragen und die marxistisch-leninistische Weltanschauung hatte man in der DDR zur ideologischen Grundlage gemacht. Dementsprechend gestaltete sich auch die Erziehung der sozialistischen Mitbürgerinnen und Mitbürger im Osten - bzw. vom Blickwinkel der Sowjets aus im Westen.

Man wollte mit staatlich angeleierten Erziehungsunterfangen einen sozialistischen "neuen Menschen" formen - mittels eines kontinuierlichen gesamtgesellschaftlichen Prozesses, sowohl im Bereich der Schule, der Arbeitswelt als auch im Privaten. Man setzte eine "Einheit von Bildung und Erziehung" durch, wobei dem SED-Staat das Schulmonopol zugesichert wurde. Wegen der Vorgaben zur gezielten sozialistischen Erziehung spielten Vorschuleinrichtungen eine bedeutende Rolle. Margot Honecker, nun Witwe des ehemaligen DDR-Führers Erich Honecker, verteidigte vor einigen Jahren laut Berliner Zeitung online vom 15. Februar 2012 das DDR-Schulsystem nicht nur aus dem "erzieherischen Blickwinkel" her, sondern auch andere Irritationen, wie, dass in einigen Fällen im sozialistischen Schulunterricht z.B. Handgranatenzielwürfe einstudiert wurden. In Wehrlagern konnten ältere Schüler zudem mit Kleinkalibergewehren umher fummeln, natürlich nur zur möglichen Bezwingung der imperialistischen Gegner, auf welche man ständig vorbereitet hätte sein müssen.

Allgemeiner Anhang:

In DDR-"Fachpublikationen", welche man heute noch in Universitätsbibliotheken oder Antiquariaten finden kann, wie z.B. "Psychologische Grundlagen der Persönlichkeitsentwicklung im pädagogischen Prozess" der DDR-Akademie der Pädagogischen Wissenschaften, betonte man immer wieder den "wichtigen Faktor" einer angepassten gesellschaftlichen Entwicklung - es sollten vor allem Kinder/Jugendliche in entsprechende Unterfangen möglichst frühzeitig wie stetig mit einbezogen werden. Die DDR-Sektierer hoben häufig hervor, dass die anzuwendende pädagogische Psychologie im System breit angewendet werden soll, um mit diversen spezifischen Mitteln eine Steigerung der Effektivität in der Erziehung Heranwachsender zu erreichen. Angepasste Persönlichkeiten könne man außerdem durch "gesellschaftliche Bedingungen", die Individuen um sich herum vorfinden und ggf. durch "Maßnahmen" künstlich zuvor geschaffen wurden, allgemein weiter "abrunden".

Psychologisch prägende Einwirkungen wurden umgesetzt, weil die zu formenden Individuen "verantwortungsbewusst, selbstständig und schöpferisch zum Wohle der sozialistischen Gesellschaft" ihren Beitrag leisten müssten. Damit die nachwachsende Gesellschaft großflächig von klein auf manipuliert werden konnte, mussten zuvor natürlich und in ständiger Weise diverse Probleme bei der "psychischen Entwicklung" von Individuen festgestellt werden, die dem eigenen Ideologiesystem widersprachen und möglichst ausgemerzt werden sollten. Die sozialistische Gesellschaft, so stellte man auch dank anderer „Vorplanungen“ frühzeitig fest, könne insbesondere mittels einer kommunistischen Bildung und Erziehung erreicht werden. Psychische Komponenten, die durch Einwirkungen herausgebildet würden, könnten bei heranwachsenden Persönlichkeiten dazu beitragen, sich in der sozialistischen Gesellschaft auch insgesamt mehr zu "engagieren".

Die oben benannte wie ehemals ranghohe DDR-Figur Margot Honecker, passenderweise von 1963 bis 1989 Ministerin für Volksbildung im sozialistischen Staat der Arbeiter und Bauern, gab immer wieder die Parole aus, dass die "kommunistische Erziehung" darauf ausgerichtet werden muss, möglichst früh Kinder und Jugendliche in die Regimeplanungen mit einzubeziehen - um passende wie dem sozialistischen System hörige Individuen nachzuproduzieren. Anzutrainierende "geistige Merkmale" würden angeblich beitragen zu mehr "Selbstständigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Schöpfertum". Da Honecker die Massen an Frischfleisch wohl als Einzelperson nicht selbst "passend erziehen" konnte, musste über das etablierte System umfangreich eingewirkt werden, was nicht nur kollektivistische Kindergrippen mit einbezog, in deren Umgebung auch spezielle gruppenkonditionierende Dinge zu sehen waren, sondern die pädagogischen "Prozesse" sollten natürlich auch über das DDR-Schulsystem später in die Köpfe weiter "implementiert" und somit verfestigt werden.

Weil Mütter in der DDR, aber auch anderen sozialistischen Staaten, häufig wegen äußerer forcierter Rahmenbedingungen und damit einhergehender materieller wie psychologischer Zwänge einer Arbeit, zum Wohle des Sozialismus versteht sich, nachgehen mussten, braucht an dieser Stelle nicht großartig betont zu werden, dass deren Kinder in sozialistische DDR-Kinderhorte verbracht wurden, wo bereits die "vorgeformten" Erzieherinnen, welche aus ihrer Persönlichkeit heraus meist freiwillig in diesen Bereich "tendierten", also nicht im SED-Büro aktiv oder als Kloputzfrau beschäftigt werden wollten, sondern um kleine Kinder zu "erziehen", auf ihre noch ungeformten Zöglinge warteten.

Die in der DDR vollzogene "besondere Orientierung" der Bildungs- und Erziehungsarbeit, welche auf Parteitagen immer wieder bekräftigt wurde, verlangte von der "Psychologie" diejenigen psychischen Komponenten herauszustellen, die den sozialistischen Zielsetzungen entsprechen. Was für die Wirtschaft galt, nämlich generelle Planwirtschaft, sollte also auch für den "Geist" der DDR-Bürger zur Anwendung kommen. Individuen, die in solchen Strukturen aufgewachsen sind und von klein auf "vorgeformt" wurden, würden später nach DDR-Planvorstellungen Kritik am System meist nicht zulassen, da sie durch ihre antrainierten Muster im Kopf selbst Teil des Systems sind. Nicht umsonst wurde etwa auch betont, "durch entsprechende Gestaltung der geistigen und praktischen Tätigkeit der Schüler [...] solche psychischen Voraussetzungen zu entwickeln, die es den heranwachsenden Persönlichkeiten in zunehmendem Maße ermöglichen, selbständig und verantwortungsbewusst Aufgaben zu erfüllen, wie sie die sozialistische und kommunistische Gesellschaft an ihre Bürger stellt".

Der Sowjet-Psychologe Sergei L. Rubinstein, Autor z.B. des Buchs "Sein und Bewusstsein", galt unter anderem als Ideengeber zur Verankerung derartiger Ideologiewerte, wobei Individuen, welche von diesen "beseelt" würden, oft aber bewusst nicht wahrnehmen könnten, dass es tatsächlich eine Ideologie ist. Die stetig über das Erziehungssystem weiter zu verfestigenden Vorprägungen von Individuen würden später im Erwachsenenalter deren allgemeine Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten und Gewohnheiten, Einstellungen und Überzeugungen sowie Charaktereigenschaften beeinflussen. "Im Prozess der Persönlichkeitsentwicklung spielen die kollektiven Tätigkeiten sowie die sozialen Beziehungen zwischen den Individuen [...] eine große Rolle, wobei ihre Bedeutung im Sozialismus objektiv wachsen [würde], weil sich auf der Grundlage des gesellschaftlichen Eigentums an Produktionsmitteln, durch die Beseitigung des Widerspruchs zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung, grundlegend neue Beziehungen der Menschen als sozialistische Eigentümer entwickeln".

Auf Konferenzen, zum Beispiel der Pädagogen Sozialistischer Länder, sprach man unter anderem darüber, dass sich die künstlich erdachten kollektiven Beziehungen stets weiterentwickeln würden, was den Fortschritt der Gesellschaft bedeute. Je mehr sich die psychologisch vorgeformten Individuen im Kollektiv einbringen, um dieses "mitzugestalten", desto mehr würde sich angeblich auch deren "individuelle Persönlichkeit" weiterentwickeln können. Komischerweise stellten DDR-Fachfiguren, welche "wichtige Arbeit" für das zu formende Kollektiv geleistet hätten, aber auch dar: "Ein Hauptanliegen der pädagogischen Arbeit in der sozialistischen Schule sowie der Erziehungsarbeit in der sozialistischen Kinder- und Jugendorganisation besteht in der Herausbildung eines festen Klassenstandpunktes bei den Heranwachsenden, im Sinne der Weltanschauung und Moral der Arbeiterklasse".

Die frühzeitig anzusetzende "psychologische Entwicklung" von "sozialistischen Persönlichkeiten" erfordere aber nicht nur eine spezielle Gestaltung ihrer Tätigkeiten selbst, sondern, damit dies gelingen könne, die "psychischen Komponenten", welche, wenn diese den Individuen erst einmal antrainiert worden sind, nach und nach deren Handeln mitbestimmen werden. Solche "Vorgeformten" würden im Sinne des Kollektivs aktiv und verantwortungsbewusst leben, aber auch, zur Gestaltung und Weiterentwicklung der sozialistischen und kommunistischen Gesellschaft, die "grundlegenden Anschauungen und Normen der Arbeiterklasse" in ihren Handlungen generell mitberücksichtigen. Nicht überraschen sollte an dieser Stelle deshalb, dass in staatlichen Diensten aktive Psycho-Figuren aus der DDR davon schrieben und sprachen, man wolle die kollektiven Persönlichkeiten "zielgerichtet und möglichst systematisch" entwickeln.

Für die sich nach und nach herausentwickelnde sozialistische Persönlichkeit sei ein hohes Maß des bewusst-gesellschaftlichen Engagements: „charakteristisch“. Dies könne angeblich auch damit begründet werden, weil sich jene Individuen in ihrer Gesamtheit, als arbeitende Klassen und Schichten, die von der "Ausbeutung" befreit seien (zumindest im Rahmen der eigenen Vorstellungskraft, durch zuvor antrainierte Überzeugungen), ja als Teil des Kollektivs verstehen. Sie wären demnach Miteigentümer vergesellschafteter Produktion, woraus sich die "Möglichkeit" ergäbe, selbst zu bestimmen, die Entwicklung der Produktivkräfte auf das nächste planwirtschaftliche Ziel auszurichten. Die in der sozialistischen Gesellschaft gegebenen Möglichkeiten könnten aber nur dann verwirklicht werden, wenn die aktive, bewusste und disziplinierte Mitwirkung aller Gesellschaftsmitglieder erreicht wird.

Für „geformte Persönlichkeiten“ einer sozialistischen Gesellschaft werde es immer mehr "charakteristisch", "dass sie im Geiste des sozialistischen Patriotismus und Internationalismus [...] denken und handeln und ihre Tätigkeit als Beitrag zur Stärkung der Macht des Sozialismus als Ganzes verstehen". Margot Honecker als flammende DDR-Fronterzieherin beweihräucherte auch die "kommunistische Prinzipienfestigkeit" immer wieder. Unversöhnlichkeit müsse geübt werden, gegenüber "Verletzungen der gesellschaftlichen Pflichten" oder gegen solche Strukturen, welche die sozialistische Weltanschauung oder zum Beispiel den "Kollektivgeist" bekämpfen. Unter anderem dies, wie aber auch angebliche Moral, Bescheidenheit und Wahrheitsliebe, seien wichtig in der pädagogisch-gelenkten Entwicklung sozialistischer Persönlichkeiten. In der bejubelten Hochphase der DDR-Gesellschaftsexperimente war man sogar, nur so nebenbei angemerkt, in gewissen Kreisen fest davon überzeugt, dass sich das sozialistische Erziehungssystems als Modell, im Rahmen der ewig flammenden "Revolution", über den gesamten Globus ausbreiten könnte.

In Schriften zu Teilfunktionen und Komponenten der psychischen Regulation, worin u.a. die Spieltätigkeit, Lerntätigkeit, gesellschaftlich-politische Tätigkeit, Arbeitstätigkeit oder auch die allg. Aspekte der entwicklungsfördernden Gestaltung behandelt werden, wurde dargestellt: "Es wird ganz besonderes Gewicht auf die Entwicklung von politisch-weltanschaulichen Überzeugungen, im Sinne der politischen und weltanschaulichen Anschauungen der Arbeiterklasse, des Marxismus-Leninismus in seiner Gesamtheit, gelegt. Die Entwicklung aller anderen Einstellungen der Persönlichkeit wird auf diese Überzeugungen bezogen [...] Die Entwicklung von Kenntnissen und geistigen Fähigkeiten, von Gewohnheiten und Gefühlseigenschaften wird so gelenkt, dass sie zur Entwicklung und Festigung des sozialistischen Klassenstandpunktes beiträgt und die Kinder und Jugendlichen zu aktivem, klassenbewussten Handeln befähigt. In diesem Sinne sprechen wir berechtigt von der Ideologiezentriertheit der Bildung und Erziehung, die zu einer Überzeugungsakzentuiertheit der gesamten Eigenschaftsstruktur der sozialistischen Persönlichkeit führt".

Das Bürgertum galt bekanntlich schon seit Ewigkeiten bei solchen Freaks wie Sowjet-Psychologen als wahrer Gegner und unter Stalin wurden entsprechende Freigeister gerne auch mal physisch im Rudel gejagt. In DDR-Gefilden zwar nicht so offen, aber dennoch griff man zudem Strukturen aus dem Ausland an, manche "bürgerlichen" Soziologen, Pädagogen und Psychologen lägen generell falsch und nur die Sozialisten und Kommunisten selbst könnten ihre Anliegen beschreiben. Im Rahmen der roten Gehirnfickerei erblickten dann zum Beispiel Sätze wie folgender das Tageslicht: "Im Gegenteil, gerade die sozialistische und kommunistische Gesellschaft schaffen erst die Möglichkeit, dass sich [...] eine Vielfalt individuell charakteristischer sozialistischer bzw. kommunistischer Persönlichkeiten herausbildet". Das passt exakt damit zusammen, dass man durch Erziehungsmaßnahmen und Co. zuvor noch möglichst "passende Persönlichkeiten" vorformen wollte, die oft selbst nicht wissen dürfen, welch Schicksal sie erlitten haben.

Dass man nun nicht alle Individuen gleichsamt wie einheitlich manipulieren konnte – wobei, wenn die Möglichkeit vorhanden gewesen wäre, man diese sicherlich voll ausgekostet hätte, musste man sich aber auch eingestehen, was einigen DDR-Figuren zufolge jedoch kein größeres Problem gewesen sei. "Natürlich kann es nicht darum gehen, die für die Arbeiterklasse als Ganzes, für die sozialistischen Staatsbürger in ihrer Gesamtheit charakteristischen Züge [...] bei jedem einzelnen Bürger" in gleicher Weise auszubilden, was allein zum Beispiel schon wegen der biologischen "Trägerfunktionen" nicht möglich ist. Die sozialistische Gesellschaft als solche böte zwar "sehr günstige Möglichkeiten" für die Entfaltung individueller Fähigkeiten und Charaktereigenschaften. Doch sollten sie auf einem "festen Fundament von psychischen Qualitäten" ausgebildet werden, was Voraussetzung dafür sei, eine "aktive Mitgestaltung der sozialistischen Gesellschaft" erreichbar zu machen.

In der "sozialistischen Gesellschaft" sei ein großer Vorteil gewesen, dass angeblich der Generationenkonflikt gelöst wurde, anders wie also in der "bürgerlichen Gesellschaft". Die "sozialistische Jugend" wüchse heran, zusammen mit der Erwachsenengeneration, mit der sie gemeinsame wie "perspektivreiche Ziele" verfolge. Die kommunistische Frontfigur Lenin meinte mit Blick auf die Jugend aber auch, dass sich diese "zwangsläufig auf anderen Wegen dem Sozialismus" annähern werde - also nicht in "der Form, in der Situation, wie ihre Väter" es mussten. Wohl auch deshalb hatte die SED-Sekte aus der DDR Programme und strikte Maßnahmen etabliert, für den "gesamtgesellschaftlichen Erziehungsprozess". Diese müssten im Kindes- und Jugendalter natürlich an die Zielstellungen des sozialistischen und kommunistischen Menschenbildes ausgerichtet sein, was eine "planmäßige und koordinierte Bildungs- und Erziehungsarbeit im Elternhaus, in der Schule und in der sozialistischen Jugend- und Kinderorganisation" erforderlich mache.

Das sog. "kapitalistische Bildungssystem" verteufelte man ständig. Es würde den Kindern und Jugendlichen der Werktätigen nicht die "gleichen" Lernmöglichkeiten bieten, wie das eigene - da jene Bildungsstrukturen, im "verrotteten Kapitalismus", zudem durchsetzt seien von "korrumpierten Schichten". Weiterhin hätten die "sozialistischen Länder" angeblich beobachten können, dass ständig die Zahl der Analphabeten zugenommen hat. Ganz anders sähe es jedoch in den "sozialistischen Gesellschaften" aus. In "bewusster Gestaltung" der gesellschaftlichen Verhältnisse würde es die günstigsten Bedingungen geben für wissenschaftlich fundiertes und solides Wissen. Das Können aller Kinder des Volkes und überhaupt aller Menschen der Gesellschaft bringe den Sozialismus voran. "Inhalt und Stellung des Lernens verändern sich im Sozialismus auch insofern, als die für die Vergangenheit typische Trennung von Lernen und Arbeit in unterschiedlichen Lebensperioden allmählich überwunden und ihre Einheit auch im individuellen Lebensweg hergestellt" würde.

Im Sozialismus werde die Arbeit "zu einem wesentlichen Mittel und Inhalt des Lernens" - das Lernen würde zu einem ständigen Begleiter der Arbeit. Und noch nie hätte die planmäßige "Erwachsenenqualifizierung, die Weiterbildung in beruflicher, politisch-ideologischer, kulturell-ästhetischer" Hinsicht bei den Werktätigen "eine solche Rolle wie in unserer sozialistischen Gegenwart" gespielt. Die sogenannte "sozialistische Demokratie" wäre das "wirksamere Mittel", um das generelle Entwicklungstempo der Gesellschaft zu beschleunigen. Angeblich würde ausgerechnet die "Planwirtschaft weitgehende Möglichkeiten" eröffnen, um "Initiativen, Talente, Selbstständigkeit und die Fähigkeiten aller Angehörigen der Gesellschaft hervortreten zu lassen". Dies könne jedoch alles nur erreicht werden, wenn laut "Wissenschaftlicher Kommunismus" von 1973 umfänglich eine "sozialistische Demokratie" etabliert wird.

Wie die "Formung" der Jugend in der DDR verlief, konnte etwa aus dem Dritten Paragraphen des Jugendgesetzes vom 28. Januar 1974 entnommen werden: "Die Jugend hat die Aufgabe, aktiv an der Gestaltung der sozialistischen Demokratie mitzuwirken und ihre Fähigkeit zur Teilnahme am politischen und gesellschaftlichen Leben zu erhöhen. Die Staats- und Wirtschaftsfunktionäre und die Lehrer und Erzieher befähigen die jungen Menschen, ihre staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten wahrzunehmen. Sie beziehen sie - entsprechend den Prinzipien der sozialistischen Demokratie - in ihre Arbeit ein". Margot Honecker unterstrich in ihren Worten im Mai 1973 auf der Zentralen Direktorenkonferenz: "An den Schulen werden die vielen praktischen Möglichkeiten, die Verantwortung des Kollektivs und des Einzelnen zu fördern, immer besser genutzt. Es geht dabei nicht um formale Aspekte der Mitbestimmung oder Mitverwaltung durch die Schüler, also nicht um Demokratiespielerei; es geht um Erziehung zur Demokratie durch die Schaffung echter Erziehungssituationen im Interesse der Vorbereitung der Schüler auf ihre Rechte und Pflichten als sozialistische Staatsbürger".

Ein selbstauferlegter Arbeitszwang, welcher möglichst früh schon den Kindern, der Jugend eingeimpft werden sollte, im honorig sozialistischen System, gehörte also zum "guten Ton" - um das Kollektiv als solches "voranzubringen". "Die große Rolle, die die Arbeit für die Weiterentwicklung der sozialistischen und kommunistischen Gesellschaft als Ganzes sowie für die physische und psychische Entwicklung eines jeden Mitglieds dieser Gesellschaft spielt", erfordere eine "systematische Entwicklung kommunistischer Einstellung zur Arbeit sowie eines hohen Könnens". Wichtig sei wie angemerkt, dass die Arbeit bereits den Heranwachsenden in der Schulzeit zu einem echten Lebensbedürfnis werden müsse, zur "Entwicklung der Arbeitsmoral". Lenin gab schon frühzeitig zu verstehen, bezogen auf die da konstruierten sozialistischen Scheinwelten, dass "die kommunistische Arbeit im engeren und genauen Sinne des Wortes" eine unbezahlte Tätigkeit zum Nutzen der Gesellschaft sein müsse – in den Sowjetgulags wusste man ein Lied darüber zu singen.

Mittels einer "koordinierten" und auch in der DDR an den sozialistischen Bildungs- und Erziehungszielen orientierten Zusammenarbeit von Familie, Schule, Jugend- und Kinderorganisation, Betrieb und Öffentlichkeit würde in der eigenen Arbeitstätigkeit der Schüler allmählich eine "stabil kommunistische Einstellung" zur Arbeit heranreifen, was ebenfalls gekennzeichnet sei durch Charaktereigenschaften wie Ausdauer, Einsatzbereitschaft, Zuverlässigkeit, Genauigkeit, Pflichtbewusstsein und mehr. Bei den FDJ-Schülerbrigaden und anderen Strukturen sollten junge Menschen ebenfalls für die sozialistische Gesellschaft "bedeutungsvolle" Aufgaben übernehmen sowie am Kampf der Werktätigen teilnehmen, um die Planerfüllung mitzugestalten, aber auch um an der sozialistischen Lebensweise direkt teilnehmen zu können. Damit die Entwicklung "allseitiger sozialistischer Persönlichkeiten" gewährleistet werden könne, sollten auszuführende Tätigkeiten der Kinder und Jugendlichen natürlich bewusst nach den "Zielen und Inhalten kommunistischer Bildung und Erziehung" gestaltet und geführt werden.

Kinder und Jugendliche sollten sich also die "wissenschaftlichen Erkenntnisse" des Marxismus-Leninismus so aneignen, mit entsprechender "Unterstützung", dass sie zu ihren eigenen, für sie subjektiv bedeutsamen Wertmaßstäben werden, die ihr Denken und Handeln "durchdringen" und auf neue Situationen und Erscheinungen adäquat angewandt werden könnten. Bei Sowjet-Psychologen sprach man im Rahmen der "Formung von Persönlichkeiten" auch oft von der sog. "Gerichtetheit", die alle für die Persönlichkeit grundlegenden Bedürfnisse, Interessen, Strebungen oder auch Überzeugungen umfasse und von der in entscheidendem Maße die Richtung und "Qualität" der Tätigkeit und der ganzen Persönlichkeit abhingen. Nicht überraschen sollte, dass die Entwicklung der Gerichtetheit der Persönlichkeit von Individuen als "zentrales Anliegen" der kommunistischen Erziehung angesehen wurde.

Zur Entwicklung von psychologischen Einstellungen, insbesondere von ideologischen Überzeugungen sprach man in DDR-Kreisen auch die Nutzbarmachung der "Massenmedien" an. Deren Arbeit, wie auch jene der Literatur oder halt speziell der vorprägende Unterricht und die Erziehung seien von "großer Bedeutung" gewesen. Vorbilder in DDR-Massenmedien sollten bspw. in "breiter Vielfalt", aus allen Interessensbereichen der Jugendlichen, "wirksam" genutzt werden. Wegen der "Massenwirksamkeit" auch auf Jugendliche, die leicht zu beeindrucken sind, würden aufgebaute Stars im sozialistischen System ggf. als Vorbilder mit dazu beitragen können, wie durch unbewussten Transport gewisser Aspekte die die Ideologie untergelagert stützen, dass ebenso eine "große erzieherische Potenz" hervortreten würde, in diesem Fall speziell zur Entwicklung sozialistischer Persönlichkeiten. Eine Identifikation mit bestimmten Eigenschaften könne aber auch ohne gleichzeitige Identifikation mit konkreten Persönlichkeiten erfolgen. Kinder wie Jugendliche, aber sicherlich auch Erwachsene, könnten sich dann häufig darum selbst bemühen, nach bestimmten, wie wohl auch vorbestimmten, Idealen, Wertnormen bzw. Erfordernissen zu handeln.

  
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