WM 2014: Teile und herrsche im Großen


(C) duncan c, 2005, Bild: flickr (CC BY-NC 2.0)

Mit der Fußball-Weltmeisterschaft, die 2014 in Brasilien stattfindet und weltweit in zahlreichen Ländern über Medien z.B. ausgestrahlt wird, ist es nun wieder an der Zeit, im globalen Maßstab und in gut dosierten Einheiten die tierischen Triebe der Massen zu befriedigen. Es treten verschiedene Mannschaften aus allen möglichen Staaten an, welche jeweils von ihren "Fans" gefeiert werden - eine Möglichkeit die gut geeignet ist für: Divide et impera, teile und herrsche. Natürlich ist Fußball aber auch eine Methode sich selbst sportlich zu betätigen, überschüssige Energie loszuwerden oder sich an manchen Tagen einfach nur die Zeit zu vertreiben. Eine spezielle und sich übersteigernde Fokussierung auf den Fußball als Sportart sollte jedoch kritisch betrachtet werden, was auch für die "Fans" gilt. Fußballstadien sind für viele Fußball-Fanatiker unbewusst heute so etwas wie "moderne Kathedralen". Personen können hier Glück, Heil und transzendente Erfahrungen finden. Es werden Fußball-Stars auf dem "heiligen Rasen" von ihren Fans "angehimmelt" und Tore als "Erlösung" gefeiert. Für viele Fußballanhänger ist der Sport Lebenselixier, um nicht zu sagen Lebensinhalt. Vereinstrikots, Schals, Fahnen oder Mützen signalisieren Gruppenzugehörigkeit. Räumlichkeiten diverser Fußballfans mutieren häufig zu regelrechten Kulträumen, sogar Heimaltäre werden aufgestellt, die man einzelnen Spielern widmet, um nicht von Reliquienschreinen zu sprechen, die oft an Marienkulte erinnern.

Das Fußballstadion ist einer jener seltenen Orte in westlichen Gesellschaften geworden, wo kollektive Gefühle entfesselt oder wo eher tabuisierte Werte recht frei ausgedrückt werden können. Fußball dient für zahlreiche Fans als Druckablassventil, um aufgestaute Aggressionen, z.B. aus dem beruflichen und familiären Alltag, herauszulassen. Der 1989 verstorbene österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard meinte einst, zur Verleihung des Georg-Büchner-Preises 1970: "Dem Sport ist zu aller Zeit und vor allem von allen Regierungen aus gutem Grund immer die größte Bedeutung beigemessen worden: er unterhält und benebelt [...] verdummt die Massen; und vor allem die Diktatoren wissen, warum sie immer und in jedem Fall für den Sport sind", wie in der Publikation: "Die gesellschaftliche Bedeutung von Fußballbegeisterung. Vergemeinschaftung und Sozialkapital-Bildung auf dem Prüfstand" zitiert worden war. Der Eugenik-begeisterte Aldous L. Huxley träumte zu seiner Zeit nicht nur von einer neuen Art der "Superdroge" für die Massen, man hätte auch "andere Methoden" griffbereit, wie: Fernsehserien, Urlaubsreisen und einen fein ausdifferenzierten Fußballkult, der alte Stammeszugehörigkeit symbolisiert und das regelmäßige Ausleben alter Stammesrituale erlaubt.

In England, oft bezeichnet als Mutterland jener heute so beliebten "modernen Sportart", habe man Fußball frühzeitig, "noch vor den anderen", gespielt - selbst kirchliche Vereinsgründungen waren nichts Ungewöhnliches. Die Kirchen-Connection ist/war bei zahlreichen gegründeten Vereinen sichtbar. Mit Blick auf Deutschland z.B. bei Borussia Dortmund. Jener Verein wurde ursprünglich durch eine katholische Jugendgruppe ins Leben gerufen - der latinisierte Name (Borussia) stehe laut Wikipedia für das untergegangene deutsche Königreich "Preußen".

Der Autor W. Pieper meinte in seinem Buch "Der Ball gehört uns allen" (1993) "Tausende von religiösem Fanatismus beseelte Menschen strömen, gekleidet in den Farben ihrer Sekte, versehen mit Wimpeln und anderen Devotionalien ins Stadion, das einem Heiligtum gleichkommt. Auf dem heiligen Rasen jagen unter der Aufsicht des schwarz gekleideten Oberpriesters rivalisierende Ballpfaffen in Spezialkleidung hinter der Wahrheit in Form einer Kugel her. Mit dem Fuß wird der Gral hin und her gekickt, um ab und zu die sich ekstatisch aufführenden Glaubensanhänger auf den Rängen in lautstarke rituelle Gesänge ausbrechen zu lassen".

Zwar sei Fußball frei von konfessionellen Inhalten, doch einige sahen einen anschwellenden säkular-religiösen oder "neuheidnischen" Charakter. Der Ablauf eines Fußballspiels würde sich immer mehr einem Ritual bzw. einer Liturgie annähern - ein Begriff, der bisweilen auch für die Ordnung der religiösen Feiern und Vollzüge anderer Religionen genutzt wird. Es gibt z.B. gemeinsame Gesänge, einen Dialog zwischen Stadionsprecher und Fangemeinde, der gebetsähnlich ausfallen kann, sehr oft rituelles Geklatsche und das Schwenken von Fahnen oder auch ein, gerade bei den "Intensivfans", unerschütterlich wirkendes Glaubensbekenntnis. Es muss ein illusionäres Gefühl des Dazugehörens entstehen, ohne das der Fußball seine Anziehungskraft nicht erlangen könnte. Man fühlt den Kick, spürt den Flow und wird von den Massen emotional mitgerissen.

Wie angemerkt pilgern viele Fußballfans regelrecht zu den Spielen und bekleiden sich oft mit passenden Vereinskutten und beten sogar für den Sieg ihrer Mannschaft. Das Wort "Fan" leitet sich laut Duden vom lateinischen Wort "fanaticus" (für z.B. den Anhänger, Freak, Hooligan, als leidenschaftliches, verbissenes oder auch fanatisches Wesen) ab. Nach anderen Definitionen könnte man damit auch ein "religiös schwärmerisches, von der "Gottheit" (wie Fußball) ergriffenes" Individuum identifizieren. Fans sprechen oft von "unserem Sieg", ist das Fußballspiel entsprechend ausgegangen, obwohl ihre eigene sportliche; körperliche Leistungsfähigkeit gar nicht im Spiel war. Eine spirituell ähnliche Erfahrung und das daraus resultierende Glücksgefühl sind in Massenveranstaltungen aber eher nur von kurzer Dauer, sie lassen sich meist nicht in die allgemeine Alltagswelt integrieren, auch wenn diese selbst durch spezielle Rituale gekennzeichnet ist. Alltagsrituale sind wiederkehrende Handlungen, welche die Anzahl ständiger Entscheidungssituationen verringern. Sie stehen aber auch in der Gefahr, zu zwanghaften Handlungen zu werden.

Viele Fans können in der Masse für ihr dargebotenes Verhalten bei Fußballspielen, in anzunehmender; möglicher Selbstreflexion, häufig keine als rational klassifizierten Gründe benennen. Zwar bringen Beobachter z.B. die heute sehr populäre Sportart Fußball, je nach Ausprägung der jeweils von psychologischen Umständen geformten "Fanströmung", mit teils extrem religiös anmutenden Zuständen in Verbindung. Doch auch in der Kirche fällt der Glaube nicht einfach so vom Himmel. Um sich in die "besondere Gemeinschaft" einzubringen, muss diese einen Neuling psychologisch "überwältigen" können - die "religiöse Hingabe" wird vorgelebt. So verhält es sich häufig auch bei Fußballspielen.

Erst die eigene Teilnahme, wie ebenfalls als nicht so intensiv wahrgenommenes Ereignis (wie etwa vor Ort im Stadion) - z.B. über das Fernsehen, wird meist begleitet von diversen ausgelebten "Ritualen" - die in den eigenen vier Wänden ggf. "ungeschminkter" ausfallen, welche stetig den Glauben, möglichst an den Sieg, formen und verfestigen können. Gewinnt die Mannschaft von der man "Fan" ist, fühlt man sich besser, man selbst sei ein "Sieger". Die Motivation von Menschen, sich psychologisch gesehen im Rahmen des "Sieges" selbst aufzuwerten, wird durch diverse Studien als "groß" beschrieben. Was auch damit verbunden sei, wobei von intrinsischer und extrinsischer Religiosität unterscheiden werden sollte, dass jene sich entsprechend den Werten der eigenen Kultur positiv darstellen wollen und sich selbst vorteilhafte Eigenschaften zuschreiben.

Die Ausformung des speziellen Glaubens als, vielleicht nicht als solche wahrgenommene, und implizite Ersatzreligion setzt i.d.R. eine kollektive Teilnahme voraus. Es entsteht ein gegenseitiger Halt in der jeweiligen Glaubensgemeinschaft (e pluribus unum - aus vielen eines), wobei im Fußball der Verein oder das Vaterland, in einigen Fällen aber auch Einzelspieler, zu Ikonen stilisiert werden. Die Sportart Fußball kann, in jeweiliger Fan-Gruppierung, im Rahmen der "Gruppensolidarität" ein Bedürfnis nach Integration befriedigen, auch wenn davon meist gegnerische Vereine oder Fangruppierungen (Polarisierung) auszunehmen sind. Mit der Zunahme gesellschaftlicher Krisentendenzen wächst die suchthafte Bindung an derartige Ersatzbefriedigungen. Sowohl in der Religion als auch z.B. im Fußball definieren sich Glaubensgemeinschaften durch einen "überpersönlichen Bezug", ob dies nun Gott, ein Fußballverein oder, wie bei der Weltmeisterschaft, eine Nation ist.

Im größeren Spektrum können hier alle paar Jahre "nationale Gefühle" florieren, wenn Individuen im Rahmen der Europa- oder Weltmeisterschaft mit der jeweiligen "Nationalmannschaft" mitfiebern, auch wenn durch die Internationalisierung des Showgeschäfts speziell kommerzielle Interessen hintergelagert verfolgt werden. Die "Nationalhelden" einer auch nicht erfolgreichen Mannschaft werden gefeiert und von nicht wenigen als das "lebende Heilige" verehrt. Wo sie auftauchen gibt es einen Menschenauflauf, sie elektrisieren und polarisieren die Massen. Der übernatürliche Glaube an den Sieg der eigenen Mannschaft wird durch Fans oft begleitet mit Kuscheltieren oder anderen Objekten oder Handlungen, wobei dadurch eine fabulierte "Beeinflussung" des Spielverlaufs "magisch" eintreten würde; könnte. Einige Fußballspieler selbst küssen nach einem Tor ihre Halskette, den Rasen oder vollziehen ähnliche "Dinge", weil offenbar geglaubt wird, dass eine höhere Macht dies erreichbar gemacht hätte.

Rituale können dabei helfen ein "psychologisches Immunsystem" aufzubauen, das wie ein undurchlässiges Schild die jeweiligen Ansichten gegen "rationale Gegenargumente" schützt. Ausgelebte Rituale wurden von Psychologen in der Vergangenheit unter anderem derart beschrieben, dass man sich einen "Maibaum" vorstellen müsse, der wie "Gott" sei und um den herum sich Personen gruppieren. Anders wie meist z.B. im Rahmen des "Fußballs" als sich übersteigerndes Erlebnis haben die sich ursprünglich aus diversen Sekten heraus etablierten klassischen "Großreligionen" heute oft Personen in ihren Reihen, trotz einiger zuletzt hochkochender Skandale, welche "prosoziale Tendenzen" aufweisen, aber auch einen Hang haben zur Ordnungsliebe und Selbstkontrolle. In diversen Untersuchungen kam heraus, dass die Bedrohung der eigenen Kontrolle (auch von Gruppen) zu einer Verstärkung von religiösen Ansichten führen kann.

Der Glaube an einen kontrollierenden übernatürlichen Gott oder andere nebulöse Kräfte bringe Menschen dazu, sich besser zu fühlen (wie durch Selbstkontrolle und Selbstregulation). Wird persönliche Kontrolle reduziert, steigt das Vertrauen in eine externe Form von Kontrolle, wobei man jedoch u.a. die politische und auf Beziehungen beruhende Kontrolle unterscheiden sollte. Religiöser Glaube und religiöse Überzeugungen können negativ mit Aktivitäten im anterioren cingulären Cortex (Teil des menschlichen Gehirns, welcher ängstlichen Alarm bei Unsicherheit und Konflikten auslösen kann) korrelieren. Religiöser Glaube kann oft wie ein Anxiolytikum wirken, um somit übermäßige oder pathologische Ängste zu verringern.

Viele Fußballspieler selbst, die der eigenen und nicht ausgesprochenen, wie narzisstischen Ideologie "Geld und Erfolg" huldigen, im Rahmen der organisierten Show-Veranstaltungen für die Massen, bringen sich als eine Art "Ware" ins Rennen, um ein möglichst bezahlendes Publikum zu befriedigen oder als aufgebauter Star Millionen zu generieren, z.B. durch die Bewerbung von Produkten und Marken. Je mehr die medienwirksam aufgebauten Spieler in den Medien präsent sind, desto größer wird der Kult um diese. Im speziell kommerziell ausgerichteten Fußballsport gibt es heute auch keine größere Bindung mehr an eine Stadt, eine Region oder ein Land. Vielmehr stehen wohl vor allem ökonomische Interessen im Vordergrund - auch wenn die "Fans", kaum tragen die "Fußballer" das Trikot des zu beklatschenden Vereins, die zugekauften Personen aus allen möglichen Ländern als "unsere Männer" bezeichnen, die den Erfolg bringen werden. Zu beobachten waren in den vergangenen Jahren im nationalen Rahmen des Fußballs in einigen, auch europäischen Ländern aber auch rassistische Merkmale, welche z.B. gegen Afrikaner als Spieler „losgelassen“ wurden.

Laut Sigmund Freud identifizieren sich Menschen mit Führerfiguren, welche an ihre Stelle treten. Auch die sportlichen Idole werden oft als solche Figuren angesehen. Durch den Erfolg der Mannschaft oder einzelner "Fußballer"-Stars kann sich so ggf. auch der 150-Kilo-Mann, psychologisch betrachtet, mit seinen Helden "in eins setzen". Im Rahmen der Masse (der kollektiven Fußballbegeisterung) kann sich das Verhalten der Einzelnen oft verändern, wobei in anderen "normalen Situationen" sonst abgewehrte Triebregungen, wie libidinöser und aggressiver Art, unter Reduzierung der eigenen Selbstkontrolle Einfluss gewinnen können. Für einige fungiert u.a. die Sportart Fußball (wie z.B. auch weitere, um etwa kurz die Formel1 anzumerken) als Möglichkeit dafür, einen "speziellen Sachverstand" zu vermitteln. Jene Individuen, welche sonst eher nichts zu sagen haben, können sich über Fußball unterhalten, um möglicherweise auch mit sozialer Ohnmacht verbundene narzisstische Kränkungen zu kompensieren.

Das heutige Grundprinzip von Fußball ist, dass zwei gegnerische Mannschaften versuchen einen Ball in das jeweilige Tor zu befördern. Die "Fans" versuchen ihre Mannschaft - vor Ort - zu unterstützen, durch, wie eingangs angesprochen, z.B. ein entsprechendes Outfit, Gesänge; Geschrei oder auch Trompeten und Trommeln. Einige, ebenfalls vor den heimischen Bildschirmen, versuchen mit "Daumendrücken" oder diversen anderen Verrenkungen das Spiel auf „übernatürliche Art“ zu beeinflussen. Um der Stimmung den letzten Schliff zu geben, greifen viele Individuen im und außerhalb des Stadions bzw. auch auf kleineren Fußballplätzen (lokaler Rahmen) zu alkoholischen Getränken. Einige dieser aus der Haltung heraus, "lockerer zu werden" - möglicherweise für die da kommenden körperlichen wie verbalen Aktionen.

Sportliche Aktivitäten, führt man diese selbst aus, können heute in idealer Weise körperliches Wohlergehen mit Leistungsstreben verbinden, das individuelle Wohlbefinden verbessern, aber auch soziale Kontakte schaffen; fördern. Mit Blick auf das heutige "Produkt" Mediensport wurde jenes in den vergangenen Jahren immer weiter perfektioniert und noch besser auf die Bedürfnisse des jeweiligen Publikums zugeschnitten. Speziell der Leistungssport wurde auf Wettbewerb und Erfolg ausgerichtet. Massenmedien ermöglichen heutzutage ein in der Regel durchgängiges Fußballerlebnis für viele Menschen. Neben der Live-Übertragung in Radio, Fernsehen und Internet finden sich in allen gängigen Medien später Zusammenfassungen, Nachbesprechungen, Analysen und Kommentare.

Im Zuge des Sportbooms ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist Sport zu einem teils bedeutenden Wirtschaftsfaktor geworden, der weltweit zusammengenommen Milliardenbeträge umsetzt. Einige Sportarten (Fußball und weitere) im Fernsehgeschäft entwickelten sich bis in die heutigen Tage hinein von einem vergleichsweise billigen zu einem teuren Unterhaltungsangebot, das immer aufwendiger produziert werden muss. Das ganz große Geschäft liegt im Verkauf von Übertragungsrechten (v.a. von Olympische Spiele, Fußballweltmeisterschaften) und von Fanartikeln.

Als sich einst die populär gemachte Athletik mehr und mehr von der älteren Lebensweise der sog. "Diätetik" abtrennte, hin zu wettkampforientierter Bewegung, wurden im römischen Zeitalter zunehmend Wettkämpfe vollzogen, im System möglicherweise wirkend als "Überbau" zu Gunsten der Herrschenden (Ablenkung und Befriedung der Massen), die oft einen tödlichen Ausgang fanden. Dies begeisterte die Massen offenbar und so wurde das Konzept panem et circenses (Brot und Spiele) zum reinen Spektakel, in welchem möglichst Blut fließen musste. Der römische Satirendichter Juvenal des 1. und 2. Jahrhunderts gab mit Blick auf damalige Zustände bekannt: "Es muss darum gebetet werden, dass auch ein gesunder Geist in einem gesunden Körper sitzt" und spielte damit offenbar auf die zu seiner Zeit vorherrschende Psychopathie und Dekadenz an. Wer den Film "Die Tribute von Panem" gesehen hat, erhält einen kleinen Vorgeschmack, was in der Zukunft im Rahmen von - Divide et impera, teile und herrsche - abgehen könnte.

Wenn man "Sport" allgemein nicht für den Zweck des Überlebens oder der Überlebenssicherung treibt, dann gibt es einen Bezug zu kultischen Spielen (religiöse Rituale - Wettkämpfe zu Ehren der Götter). Im Verlauf der Zeit hatte man Bewegungsarten aus dem Kampf/der Jagd ritualisiert (wie unter anderem etwa das Speerwerfen, Bogenschießen, Laufen, Ringen oder den Faustkampf). Es entstanden aus Ritualen heraus aber auch selbst Bewegungsarten wie der Tanz. Bis man die Regeln für Fußballspiele ab dem 19. Jahrhundert festschrieb, war dieser ausgelebte "Sport" im Vergleich zu heute ein äußerst brutales Spiel, wo nicht nur die Spieler selbst anarchische Verhaltensweisen an den Tag legten. Oft fielen ganze Dörfer über sich her, ggf. wurden Schusswaffen oder Äxte genutzt, um die jeweiligen Gegner niederzumetzeln.

Es lassen sich aus dem Mittelalter, sowohl in Frankreich und Großbritannien als auch in Italien, dem heutigen Fußball ähnliche Spiele finden. Diese eigneten sich auch hervorragend dafür, um Dispute auszutragen - weshalb man sehr früh das Identifikationsprinzip nutzte, welches einem Spiel eigen ist. Wichtig für die Gemeinschaft ist; war vor allem der Sieg der eigenen Mannschaft, was man zugleich als einen Sieg der Gemeinschaft selbst ansah. Forschungen nach seien zwischen dem 7. und 9. Jahrhundert in England, der Normandie, Cornwall, Schottland, Wales und Irland verschiedene Ballspielarten entstanden - mit am populärsten wäre der sog. "Mob Football" gewesen. Solche "besonderen Spielarten" wurden zu bestimmten Festen zwischen ganzen Dörfern ausgetragen und waren heutigen Überlieferungen zufolge äußerst gewalttätig. Ziel sei z.B. gewesen, eine Art Ball auf den Marktplatz des jeweils anderen Dorfes zu bringen. Später wurde, wegen mit dem Spiel verbundener Gewalt, durch den englischen König Edward (Eduard) II. in 1314 (lt. anderen Quellen 1313) verfügt, jenes "Ballspiel" unter Androhung von Gefängnisstrafe zu verbieten.

Im weiteren Verlauf empfahl später der König James (Jakob) I. von England, Fußball könne man nach dem Kirchgang spielen. Im Jahr 1815 wurden am Eton College, in der englischen Grafschaft Berkshire, diverse Regeln für den "Sport" erarbeitet, welche nachfolgend auch von anderen Colleges und Universitäten mit benutzt wurden.

Berichte über ein Kloster aus dem heutigen Frankreich in der Normandie bezeugen, dass Mönche schon im 11. Jahrhundert zur Osterzeit eine Art Fußballspiel absolvierten - mit elf Spielern. Damaligen Auffassungen nach symbolisierte die Zahl: die "treuen Jesu-Jünger". Das ballähnliche Objekt sei die "Seele des Judas" gewesen, den man treten musste, um Strafe zu üben. Aber auch in anderen Gefilden auf der Welt, einst z.B. bei den Mayas und Azteken, gab es ein kultisches Ballspiel, das im weiteren Sinne mit einer rauen Art von "Fußball" verglichen werden könnte. Zum Beispiel bei den Azteken wurden regelmäßig ausgerechnet "die Sieger" aztekischer Ballspiele den Göttern geopfert. Andere Freaks und Sektenanhänger spielten "Fußball" mit den Köpfen (Schädel, ggf. mit Leder überzogen) von "ausgewählten" Individuen, welche zuvor für irgendwelche "Götter" geopfert wurden.

Olmeken als Träger der mittelamerikanischen La-Venta-Kultur, Zapoteken die zur Urbevölkerung Mexikos gehören, die Mixteken als ein altes mexikanisches Indianervolk, die Tolteken als ehemalige mesoamerikanische Kultur und viele andere Völker Mesoamerikas praktizierten Überlieferungen nach rituelle Ballspiele speziell zu Ehren für "ihre Götter und Herrscher", auch um, je nach Ausgang des Spiels, religiöse Entscheidungen treffen zu können. Circa um 2697 vor unserer Zeitrechnung (v. Chr.) wurde in China das sog. Cuju (Ts’u Kü) erwähnt, was: "Den Ball mit dem Fuß spielen" bedeutete. Dieses asiatische Ballspiel gilt heute bei vielen als Vorläufer des Fußballs. In europäischen Gefilden gab es Mannschaftssportarten, die Elemente des heutigen Fußballs aufwiesen. Vermutlich ebenfalls chinesischen Ursprungs ist das japanische Kemari, das in Japan während des Frühmittelalters (Heian-Zeit) gespielt wurde. Griechen und Römer spielten um etwa 600 vor unserer Zeitrechnung das sog. "Spairomachia", was eine militärische Übung und zugleich eine Demonstration von Mut und Männlichkeit gewesen sei. Das griechische Episkyros und das römische Harpastum waren offenbar ebenfalls sehr beliebt.

Das Jahr 1863 bezeichnet man heute als "Geburtsstunde" des "modernen Fußballs", als sich in der Freimaurer-Taverne in London (Lincolns Inn Fields) angeblich elf Vereine (durch ehemalige Eliteschüler) der Public Schools trafen und der erste nationale Fußball-Bund (Football Association) gegründet und die ersten 13 Regeln aufgestellt wurden. Man zielte allgemein darauf ab die Chancengleichheit zu verbessern, relativ gleiche Wettkampfbedingungen und Teilnahmechancen zu etablieren. Man begrenzte die Zahl der Spieler auf je elf und verbot später z.B. allen Feldspielern das Handspiel. Damit wurde erstmals das Fußballspiel vom damals weit verbreiteten Rugby Football abgegrenzt. Der 8. Dezember 1863 war der Tag, an dem sich Fußball und Rugby voneinander trennten. 1882 wurde das International Football Association Board (IFAB) gegründet. Es entstanden mehr und mehr Vereine, Verbände oder öffentliche Organisationen für Fußball und nachfolgend für weitere Sportarten, was eine anziehende bürokratische Verwaltung mit sich brachte. Ende des 19. Jahrhunderts begann sich das englische Sportmodell auf das übrige Europa auszubreiten.

The Football Association (FA) ist heute der führende Fußballverband in England sowie dem Kronbesitz Jersey, Guernsey und der Isle of Man. Die Leitung als Präsident der FA inne hat seit 2006 William, Duke of Cambridge, besser bekannt als Prinz William, der Enkel von Königin Elisabeth II. und Prinz Philip. Zu Beginn des letzten Jahrtausends, im Mai 1904, wurde der Fußballweltverband FIFA (Fédération Internationale de Football Association) in Paris in der Verwaltung der "Union Française de Sports Athlétiques" (Rue Saint Honoré 229) von Vertretern aus Frankreich, Belgien, Dänemark, Niederlande, Schweiz, Schweden und Spanien gegründet. Gründerväter waren u.a. der niederländische Bankier und Fußballfunktionär Carl A.W. Hirschmann und der französische Journalist und Funktionär Robert Guérin.

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