(C) Nigels Europe and beyond, 2010, Bild: flickr (CC BY-SA 2.0)

In Deutschland gibt es Medienberichten zufolge weiterhin Kritik speziell aus der Wirtschaft an der Rente ab 63, welche durch die Große Koalition ins Auge gefasst worden war. Die Rentenpläne seien "ungerecht aufgesetzt" worden, meinte z.B. der aktuelle Präsident des CDU-Wirtschaftsrats Kurt Lauk. Laut der Publikation "stern" hatten zuletzt mehrere Individuen des Wirtschaftsflügels der Union (CDU/CSU) gegen die Rente ab 63 mobil gemacht (hier). Unterdessen forderte auch der deutsche CDU-Politiker aus Stuttgart und derzeitige EU-Kommissar für Energie, Günther Oettinger, man solle über eine Rente ab 70 nachdenken - womit er sich also für eine längere Lebensarbeitszeit aussprach. Menschen in Deutschland solle man mittels "beruflicher Weiterbildung" fit machen (mehr). Nicht nur speziell am Punkt der Rente ab 63 gab es Kritik, sondern zudem mit Blick auf die Mütterrente, welche aus Beitragsmitteln finanziert werden soll. Auch diese werde die aktuell noch recht hohen Reserven der Rentenversicherung zum Ende der Legislaturperiode aufbrauchen (siehe).
Nach Schätzungen des deutschen Bundesarbeitsministeriums würden im Sommer laufenden Jahres offenbar bis zu 100.000 ältere Beschäftigte mit 63 abschlagsfrei in Rente gehen können. Im folgenden Bericht von "DerWesten" spricht man in diesem Zusammenhang auch: ein neues Milliardenloch in den Sozialkassen an (hier). Mit Blick auf große Unternehmen bzw. Konzerne wie Evonik, Thyssen-Krupp und RWE hieß es, dass dort nur recht wenig Beschäftigte im fraglichen Alter seien - anders sehe es jedoch im Mittelstand aus. Hier fürchte etwa jeder fünfte Betrieb angeblich um mehr als zehn Prozent der eigenen Belegschaft, schrieb man in "DerWesten". Laut Tagesspiegel sprach derweil der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer, davon: Die Rente ab 63 sei eine ungerechte Klientelpolitik (mehr). Der Chef des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), Klaus Zimmermann, sagte zur Thematik laut "Die Welt": "Mit der Rentenparty [...] gibt Deutschland in Europa seinen Anspruch auf Führung in rentenpolitischen Zukunftsfragen auf" (siehe).
Kurt Joachim Lauk, wie angeführt der Präsident des Wirtschaftsrates der CDU, sagte zudem, bezogen auf den initiierten Euro-Plus-Pakt zur Angleichung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung und die Begrenzung der Vorruhestandsregelung: "Aber wer 45 Jahre halbtags gearbeitet hat und zwischendurch arbeitslos war, kommt auch in den Genuss der Rente mit 63 [...] die Umsetzung des Koalitionsvertrags durch die Sozialdemokratie [sei] sozial ungerecht geworden" (mehr). Lauk ist u.a. auch Mitglied der, auf Betreiben von David Rockefeller gegründeten, Trilateralen Kommission (hier). Mit Blick nun auf das Institut der deutschen Wirtschaft Köln meinte der Direktor Michael Hüther laut FOCUS, dass er die Forderung des EU-Kommissars Oettinger unterstütze, wie angemerkt die Rente ab 70 zu forcieren. Marcel Fratzscher vom DIW sagte: "Durch die steigende Lebenserwartung und die demographische Wende ist die Frage der Rente mit 70 unausweichlich" (mehr).
Seitens der Koalitionspartei SPD machte kürzlich noch der Vize-Bundesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel deutlich: Die Entscheidungen sind gefallen. Er selbst ginge davon aus, dass die Union zu den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag stehen wird (siehe). In einer Studie der einflussreichen Bertelsmann Stiftung stellte man laut einem Bericht von "Spiegel" fest, dass die Rente ab 63 "höchst kritisch" sei. Diese gefährde auch die sog. "Generationengerechtigkeit". Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hielt zuletzt trotz des Widerstandes durch verschiedene Strukturen an der Rente mit 63 fest (mehr). Der Sozialverband Deutschland (SoVD) hätte einem Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung zufolge kürzlich noch dargestellt: Es gäbe eine Hatz gegen die Rente mit 63. Mach sprach allgemein von einer Scharfmacherei gegen die Rentner. Der SoVD-Präsident Adolf Bauer kritisierte Aktionen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (mehr).
Vor einiger Zeit meinte in Deutschland die Partei "DIE LINKE": Für viele Menschen bedeutet die Rente erst ab 67 Rentenkürzungen (siehe). Durch die Partei SPD meinte der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel damals, er wende sich von der Rente mit 67 ab und forderte stattdessen arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, damit die Menschen wirklich länger arbeiten könnten (mehr). In 2010 gab es Berichte, wonach die deutsche Wirtschaft: die Rente mit 70 einforderte. Michael Hüther (IW) meinte damals, die Rente ab diesem Alter müsse "perspektivisch kommen" (hier). Zuvor war erst die Rente mit 67 durchgesetzt worden. Der CSU-Chef Horst Seehofer hatte damals übrigens noch gemeint, dass sich die Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer über 50 spürbar verbessern müssten (siehe). In 2011 dann forderte der nun ehemalige deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) ein höheres Rentenalter allgemein in der EU, denn es könne nicht sein, dass nur die Deutschen bis 67 arbeiten müssten (mehr). Beim Hamburger WeltWirtschafts Institut schrieb man Anfang 2012 davon, dass damals die EU-Kommission ihr neues Weißbuch (Eine Agenda für adäquate, sichere und nachhaltige Renten) zum Thema Rente vorgestellt hatte. Viele dortiger Vorschläge seien offenbar in Deutschland im Rahmen verschiedener Rentenreformen seit 2001 bereits umgesetzt worden, wie es hieß (siehe).
In einer wirtschaftsnahen Ausarbeitung für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. von April 2014 schrieb man davon: Alterung kostet Wachstum und damit Wohlstand. Hier sprach man auch die "Rente mit 63" an und stellte fest, dass diese den im vergangenen Jahrzehnt eingeschlagenen rentenpolitischen Kurs in Deutschland infrage stellen würde. Das Rentenpaket ignoriere ganz allgemein die demografische Herausforderung. Die Studie unter dem Titel: "Die Zukunft der Altersvorsorge" war durch das Handelsblatt Research Institute (u.a. mit Bert Rürup) und Prognos, eines der ältesten Wirtschaftsforschungs- und Beratungsunternehmen Europas, erstellt worden. Nicht nur Banken hatten offiziell Kritik am Koalitionsvertrag geäußert, sondern ebenfalls das deutsche Handwerk (bzw. dortige Vertreter), wie im Dezember berichtet wurde (hier).
Weil Versicherte mit einer hohen Anzahl an Beitragsjahren später trotzdem auf Grundsicherung angewiesen sein könnten, ziele das durch die deutsche Regierung ausgearbeitete Konzept wohl auch auf diesen Punkt mit ab. In der benannten Studie (siehe) stellte man eine abschließende Beurteilung der angekündigten Lebensleistungsrente hinten an, da offenbar noch nicht klar gewesen sei, ob diese tatsächlich durch Steuermittel finanziert werden wird. Bezogen auf den Punkt, dass hinter dem ausgearbeiteten Regierungskonzept die Idee stünde, dass darauf abgezielt werde zu verhindern, dass Versicherte trotz einer hohen Anzahl von Beitragsjahren im Alter auf die Grundsicherung angewiesen sein könnten, wäre dies negativ zu beurteilen, mit Blick darauf, dass somit eine Verringerung von Anreizen für Geringverdiener etabliert werde. Anmerkung: Im Oktober 2013 hieß es übrigens auch: Grundsicherung im Alter - Anzahl der Empfänger gestiegen (hier).
Dies, siehe vorangeführte Punkt, sowohl bezogen auf die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung Deutschlands, als auch auf eine zusätzliche Vorsorge zu verzichten. Der Entwurf für das RV-Leistungsverbesserungsgesetz mache deutlich, dass für bestimmte Personengruppen die Rente erhöht werde, doch auf der anderen Seite müsse die Masse der Beitragszahler und die Mehrheit der Rentner direkt und indirekt für die Kosten dieser Leistungsausweitungen aufkommen. In der Ausarbeitung des Handelsblatt Research Institute und Prognos stellte man die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Rentenpolitik in den Vordergrund, die neben einer umlagefinanzierten Rentenversicherung (gesetzlich) auch die kapitalgedeckten Systeme nutzt und weiterentwickelt.
Aus heutiger Lage heraus könne man nur über eine mischfinanzierte Alterssicherung den Herausforderungen in einer "alternden Gesellschaft" begegnen. Demnach wäre es den Autoren der Studie zufolge auch wünschenswert, eine alle Säulen der Alterssicherung umfassende Renteninformation zu entwickeln und zu etablieren. Im Fazit schrieb man u.a. davon, dass die Möglichkeit der Ausschöpfung diverser Anlagemöglichkeiten im Ausland wie zudem die internationale Diversifizierung über Anlagen in Titel (bei "international tätigen Unternehmen") vereinfacht werden sollte. Nicht angesprochen hatte man in der Studie hingegen folgende Thematik: Arbeitnehmer - Stress, Burnout und Co. (hier) oder über was im Januar berichtet worden war: Depressionen bei Arbeitnehmern haben stark zugenommen (hier).
Zu der Möglichkeit der besseren Nutzung von Anlagen in international tätigen Unternehmen (Konzernen) meinten wiederum andere Strukturen in der Vergangenheit, dass nach Jahren von interessengeleiteten Kampagnen gegen die gesetzliche Rentenversicherung und wegen der desaströsen Krisen an den Finanzmärkten ernsthafte Zweifel an der privaten Zusatzversorgung aufgekommen seien. Anmerkung: In Großbritannien wollte nun übrigens auch BlackRock in dem Bereich mitmischen und forderte u.a. einen Zwang für das Pensionssystem (hier). Die sog. Mütterrente und Rente ab 63 in Deutschland könnte nach Darstellungen u.a. durch ULA (Deutscher Führungskräfteverband) zu einem deutlichen Anstieg der Ausgaben führen, ohne jedoch einen erkennbaren Beitrag zu einem weiteren wichtigen sozialpolitischen Ziel zu leisten - die Verringerung des Risikos der Altersarmut bei langjährig Beschäftigten. Zur Thematik berichtete man vor einigen Monaten: Weiterer Anstieg der Erwerbstätigkeit bei alten Menschen (mehr).
Mit Blick auf die sog. prekäre Arbeit sorgt diese schon heute nicht nur dafür, dass die Beschäftigten kaum davon leben können, sie führt später auch zwangsläufig in die Altersarmut (mehr). Betroffen sind insbesondere Frauen. Von der Rente ab 63 dürften nach aktueller Voraussicht vor allem Fachkräfte „profitieren“. Beklagt wurde u.a. durch Strukturen der Wirtschaft eine fehlende Flexibilität beim Übergang vom Erwerbsleben in die Rente. Die derzeitigen Planungen könnten der umlagefinanzierten Rentenversicherung unangemessen hohe Zukunftslasten aufbürden, hieß es. Der Effekt, dass bereits heute eine Ungleichbehandlung zwischen Versicherten mit ähnlichen Erwerbsbiographien besteht, wegen einer Verzerrung der Äquivalenz zwischen Beitragszahlungen und Rentenhöhe, würde durch die vorübergehende Absenkung der Altersgrenze auf 63 sowie durch die geplanten Lockerungen bei den Bezugsvoraussetzungen weiter vergrößert werden.
Laut eher negativ zu beurteilenden Tönen sollten in fast allen Staaten der OECD zuletzt die Altersgrenzen im Rentenrecht erhöht werden, was zudem teils an die Steigerung der Lebenserwartung gekoppelt werde. In 2012 wurde dazu berichtet: OECD fordert Anhebung des Renteneintrittsalters und die Erweiterung privater Vorsorge (hier). Mit dem Vorstoß der Großen Koalition werde nun laut Kritikern scheinbar ein Gegenkurs eingeschlagen. Im letzten Jahr hatte, nur so nebenbei angemerkt, die eingesetzte Enquete-Kommission (DE) übrigens bis 2060 die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 69 gefordert (siehe) gehabt. Nach diversen anderen Berechnungen würde sich das Verhältnis von Rentnern und Personen im erwerbsfähigen Alter auch über das Jahr 2030 hinaus noch weiter verschlechtern. Erst ab etwa Mitte der 2030er Jahre sei möglicherweise mit einer Abflachung des Anstiegs zu rechnen.
Ganz allgemein wurde durch verschiedene Strukturen offiziell außerhalb der aktuellen Politik dargestellt, dass eine vorgezogene und abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte ein schädliches personal- und arbeitsmarktpolitisches Signal an die Arbeitgeber aussenden könnte und zudem wären auch Anreize zur Befeuerung einer "Frühverrentungskultur" zu sehen. Der Zeitraum der Jahre zwischen 2020-2050 sei für die deutschen Sicherungssysteme von besonderer Bedeutung, denn die geburtenstarken Jahrgänge vom Beginn der 1950er- bis Ende der 1960er Jahre würden laut "Prognos" dann das Rentenalter erreicht haben oder erreichen.
Auf der anderen Seite würde aber die Zahl an Personen im erwerbsfähigen Alter weiter abnehmen. Somit geriete die Ausgaben- und Einnahmeseite des umlagefinanzierten Rentensystems unter Druck. Ganz allgemein stellte man bezogen auf eine effiziente Altersvorsorge fest, welche nur im Kollektiv funktionieren würde, dass heute die Altersvorsorge, über ein lebenslanges Alterseinkommen, das sog. "Langlebigkeitsrisiko" absichere. Die Möglichkeit der Nutzung einer Versorgung über den Rentenanspruch durch zuvor erfüllte Bedingungen ist bekanntlich mit dem Risiko für jede Person des Kollektivs selbst verknüpft, dass die nicht in Anspruch genommene Anwartschaft, wegen eines nicht vorhersehbaren frühen Todes, dem Kollektiv vererbt werden wird. Das "Vererben" von nicht selbst ausgenutzten Anwartschaften ist sozusagen als "Preis" für die Möglichkeit einer im Alter nutzbaren Sicherheit zu verstehen.
Die Regierung der Großen Koalition in Deutschland hatte im Rahmen ihrer neuen Rentenvorstöße nicht nur die fällige Beitragssenkung um 0,6 Prozent in diesem Jahr ausgesetzt (hier) gehabt. Außerdem stehe nach derzeitigem Stand wohl in 2019 ein Anstieg des Beitragssatzes auf 19,7 Prozent an. Im Jahr 2030 werde dann mit einem Satz von um die 22 Prozent gerechnet - laut anderen Quellen mit bis zu 22,7 Prozent (siehe). Wegen der ansteigenden Beitragssätze würde wohl auch der Anstieg der Leistungen (Stichwort Rentenformel) gedämpft werden können und das Rentenniveau wird bis 2030 allgemein um (mindestens) 0,7 Prozent sinken.
Der Zuschuss des Bundes zur deutschen Rentenversicherung ist Medienberichten zufolge auch an die Beiträge gekoppelt. Deshalb werde der Bund wahrscheinlich stärker zur Kasse gebeten und müsse bis Ende 2017 erst einmal rund 5,7 Milliarden Euro mehr an die Rentenversicherung zahlen (siehe). Bis Ende des Jahrzehnts würden die neu geplanten "Dinge" offenbar bis zu 60 Milliarden Euro verschlingen. Die durch die Umsetzung entstehenden Mehrbelastungen könnten nach Berechnungen des Arbeitsministeriums bis zum Jahr 2030 insgesamt um die 160 Milliarden Euro betragen (mehr).
Weiterführendes zum Thema:
Bundestag: Ausschussdrucksache 18(11)22
Wenn der Mindestlohn fürs Alter nicht reicht
Die Rente wird zum sozialen Sprengstoff (2012)
Entschließungsantrag (Drucksache 18/611)
Entwurf des RV-Leistungsverbesserungsgesetz
ULA-Stellungnahme: Entwurf der Bundesregierung
Die Zukunft der Altersvorsorge (April 2014)
Rentenpläne: Auf Kosten der Beitragszahler
Rentenbetrug 2014: Der Lebensleistungs-Schwindel
Büchertipp zum Thema:
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