Phosphor: Baustein des Lebens wird knapper


(C) CIMMYT, 2010, Bild: flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Angelehnt an "Peak Oil" (das zeitliche Maximum der weltweiten Förderrate von Rohöl) spricht man mittlerweile auch bei anderen wichtigen und nicht erneuerbaren Rohstoffen von einer solchen "Spitze", wobei es in dem folgenden Fall um "Phosphor" geht, einem wichtigen Baustein für das Leben (Die lebensnotwendige Tagesdosis beim Menschen beträgt ca. 0,6 bis 0,7 Gramm). Phosphor (hier) hat elementare Aufgaben für jedes Leben, denn es ist Energieträger für den Energiestoffwechsel aller Zellen, ein Baustein der RNS/DNS und Bestandteil von Enzymen. Es ist ein Hauptnährstoff und beeinflusst u.a. die Synthese von Kohlenhydraten (a.g. Saccharide), Eiweißen und Fetten. Phosphor kommt in der Natur ausschließlich in gebundener, vor allem in Form von Phosphaten, vor. Spiegel und weitere Medien berichteten vor einiger Zeit, dass es laut dortigen Darstellungen "dramatische" Rückgänge gäbe und somit in Zukunft eine zu sehende Knappheit bei Phosphat-Mineraldüngern einschlagen könnte - verbunden mit Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion. In der Landwirtschaft ist das Phosphor für heutige Maßstäbe nicht ersetzbar, damit möglichst hohe Ernteerträge erzielt werden können, um die zahlreichen Menschen- bzw. Tier-Mäuler kostengünstig "stopfen" zu können. Zuletzt mehr werdende Pessimisten sahen ähnlich wie z.B. bei den Seltenen Erden eine "geostrategische Zeitbombe" (Stichwort: Verteilungskriege) heraufziehen.

Insbesondere Ost-Asien verzeichnete im Verlauf der vergangenen Jahre eine ungebremst wachsende Nachfrage nach Phosphor. Angemerkt werden kann an dieser Stelle aus heutiger Sicht her, dass der Anstieg der Phosphatpreise in einem gewissen Umfang zum Anstieg von Lebensmittelpreisen führen kann. Der Anstieg des Ölpreises spielt aber eine wesentlich höhere Rolle. Der Anteil von Phosphor in der Erd-Hülle wurde diversen Schätzungen nach auf etwa 0.08 bis 0.10 Prozent geschätzt und abgebaut wird es hauptsächlich aus Apatit oder Phosphorit. Wie kurz angerissen, wäre die Landwirtschaft im heutigen Ausmaß ohne den Abbau von Phosphor nicht realisierbar, denn circa 80-90 Prozent werden weltweit als Düngemittel verwendet - der Rest wird genutzt u.a. für Tierfutter, Reinigungsmittel oder Chemikalien. Laut Williams (hier) würde die Neuformation von Phosphorgestein für den passenden Abbau etwa 10-hoch-6 (1.000.000) Jahre dauern und sei somit praktisch irreversibel. Kali wie auch Phosphate sind Rohstoffe mit einer geringen Flexibilität, besitzen aber eine recht hohe Reservelebensdauer. Wazer (hier) hatte dem Phosphor eine nicht unwesentliche Rolle zugestanden, zur Möglichkeit der "Kontrolle über das Bevölkerungswachstum" auf der Welt.

In einer Mitteilung (576/13) der EU-Kommission hieß es im vergangenen Jahr: "Weltweit sind verhältnismäßig große Phosphorvorkommen vorhanden, und es sind umfangreiche Reserven verfügbar". Künstlich in rauen und notwendigen Mengen erzeugt werden kann Phosphor aber nicht. Das meiste geht "verloren", auch wenn auf der Erde so gesehen "nichts verloren gehen kann" - bloß ist das "Verbrauchte" halt überall verteilt und kann nicht direkt per Bagger tonnenweise von Stelle XY abgetragen werden. Neben den hohen Mengen die in Böden versickern und nach einiger Zeit ausgewaschen werden, fließen andere hohe Mengen über die Kanalisation bis in die Meere. Heute gibt es bereits verschiedene sehr teure und nicht ergiebige Ansätze, um den Rohstoff z.B. aus Klärschlamm oder Tier- und Knochenmehl zurückzugewinnen. In Schweden hatte man sich bis 2015 das nationale Zwischenziel gesetzt, mindestens 60 Prozent der in Abwässern enthaltenen Phosphorverbindungen für die Verwendung auf landwirtschaftlichen Flächen zurückzugewinnen. Mittlerweile gibt es auch schon eine europäische Plattform (phosphorusplatform.org), um möglichst einen Markt für wiederverwertbares Phosphor zu etablieren.

In der Bundesrepublik Deutschland hatte man die Deutsche Phosphor-Plattform DPP gegründet. Sie verfolgt den Aufbau und die Pflege einer Informations- und Monitoring-Datenbank oder auch eine Optimierung und Steuerung der Phosphornutzung im Sinne des Vorsorgeprinzips. Mit anderen ähnlichen Projekten wolle man sicherstellen, den Phosphorkreislauf möglichst auf lange Sicht hin zu schließen, um entsprechend vorbereitet zu sein, wenn die physischen Beschränkungen der Ressource an Bedeutung gewinnen. Heute konzentriert man sich bekanntlich hauptsächlich auf die Herstellung von Düngemitteln aus Phosphatgestein, auch wenn weiterhin Dung in europäischen Gefilden für das Phosphorangebot eine wichtige Rolle spielt. Das massig genutzte Phosphatgestein wird in keinen Ländern der EU abgebaut (außer in Finnland geringe Mengen). Jeweilige Strukturen in europäischen Ländern sind entsprechend auf andere angewiesen. Laut einer Antwort der deutschen Bundesregierung auf die Mitteilung der EU-Kommission, bezgl. der "Konsultativen Mitteilung zur nachhaltigen Verwendung von Phosphor", merkte man an: "Die bekannten Phosphorvorkommen der Welt sind auf wenige Länder konzentriert [...] Marokko, China, Algerien, Syrien, Jordanien, Südafrika, die USA, die Russische Föderation sowie Peru und Saudi-Arabien" (hier).

Angemerkt werden könnte an dieser Stelle, dass seit dem Beginn der industriellen Düngemittelproduktion vor einigen Jahrzehnten, trotz diverser Irritationen (geopolitische Ereignisse) zwischendurch, die stetig weiter ansteigende Nachfrage speziell durch den zunehmenden Abbau von Phosphatgestein gedeckt werden konnte. Laut dem IFDC (International Fertilizer Development Center) mit Sitz in den USA gibt es zusammengenommen mehr als zwei Drittel der aktuellen Reserven an Phosphatgestein in der Westsahara, Marokko, China und auf dem Gebiet der Vereinigten Staaten von Amerika. Im Verlauf der kommenden Jahre werde die weltweite Nachfrage nach Düngemitteln weiter zunehmen, wie man im vergangenen Jahr (2013) seitens der FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) darstellte. Im kommenden Jahr (2015) läge die zu sehende weltweit verwendete Phosphatmenge als Düngernährstoff bei rund 44 Millionen Tonnen und bis zum Jahr 2030 würde der Anstieg stetig auf bis zu 53 Millionen Tonnen zunehmen können.

Die Förderung von Rohphosphaten belief sich jährlich auf rund 100 Millionen Tonnen, wie man in 2009 im Bericht des schweizerischen Bundesrates unter dem Titel: "Nahrungsmittelkrise, Rohstoff- und Ressourcenknappheit" darstellte (hier). Wegen der weiter anziehenden Tierhaltung in einigen Ländern sehe man offenbar auch eine Steigerung der Nachfrage von Phosphor zur Verwendung in Futtermitteln und durch das Wachstum der Weltbevölkerung einen insgesamt steigenden Bedarf an Nahrungsmitteln für die Menschen. Um kurz an dieser Stelle auf eines der "geopolitischen Ereignisse" einzugehen, so war in 2007/2008 in einem zeitlichen Rahmen von etwa 14 Monaten ein Preisanstieg für Phosphatgestein, welches bergbaulich gewonnen werden muss, von über 700 Prozent zu sehen. Im Jahr 2008 hatte die "Volksrepublik" China den Ausfuhrzoll von 110-120 Prozent auf Phosphatgestein durchgedrückt. Später musste man jedoch, wegen gewisser "Nachdrücke", eine Senkung vollziehen. Bei Betrachtung der Verteilung der weltweiten Phosphatreserven (2007) besaß China mit einem prozentualen Anteil von rund 37 Prozent zur damaligen Zeit die größten weltweiten Reserven, dicht gefolgt von Marokko mit einem Anteil von 32 Prozent - siehe (unter).

Die heute bekannten Vorkommen an der Erdoberfläche sind i.d.R. noch in guter Qualität und ausreichenden Mengen vorhanden und reichen, um die Möglichkeit künstlicher Verknappungen an dieser Stelle wegzulassen, für einige Jahrzehnte zur Versorgung aus, wobei andere Quellen von bis zu 150 Jahren sprechen. Es bestehen daneben größere Vorkommen, welche aber von minderer Qualität und mit Schwermetallen wie Cadmium und Uran belastet sind. In einem Bericht der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) - siehe ggf. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (hier) von 2012 schrieb man davon: "[...] ergibt sich momentan eine statische Reichweite von rund 350 Jahren [...] Verglichen mit der auf das Jahr 2005 bezogenen statischen Reichweite (115 Jahre) ist dies ein gewaltiger Anstieg, der auf die Neubewertung der Rohstoffvorkommen in Marokko und der Westsahara zurückzuführen ist" (mehr). Zuletzt nahm man auch Vorkommen in passenden Meeressedimenten (ex) ins Visier. In einem Arbeitspapier (Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa) aus dem EU-Parlament hieß es in 2011 im Zusammenhang mit Phosphor: "Seit den 1990er Jahren behalten die USA und China diese Ressource für sich [...die] großen Lagerstätten liegen in Nordafrika, das sich derzeit im Aufruhr befindet". Man stellte dar, dass die "EU" in 2020 "völlig unabhängig von Phosphor-Importen sein" könnte (hier). In einer deutschen Bundestags-Drucksache (17/2272) von 2010 hieß es unter anderem:

"Während Stickstoff über das Haber-Bosch-Verfahren in praktisch unbegrenzten Mengen aus der Luft gewonnen werden kann, ist Phosphor eine endliche Ressource [...] gehen davon aus, dass der globale Abbau von Phosphor, in der Regel als Phosphat, bereits 1989 sein Fördermaximum überschritten" hätte (siehe ab Seite 68). Seitens der deutschen Bundesregierung stellte man später dar, man ziele im Rahmen der Rückgewinnung des wichtigen Rohstoffs darauf ab, dass eine landwirtschaftliche und landbauliche Verwertung unbedenklicher Klärschlämme genutzt werden sollte, die Forschung und Entwicklung zur Rückgewinnung von Phosphor aus relevanten Stoffströmen ins Blickfeld genommen werden muss und Möglichkeiten der Beimischung für zurückgewonnenen Phosphor zu herkömmlichen Phosphat-Düngern sollte zusammen mit der chemischen Industrie entwickelt werden, wie man in der Drucksache (17/8965) von Anfang März 2012 ab Seite 30 (hier) zu verstehen gab. In einer nachfolgenden Antwortgabe (Drucksache 17/11486) von November 2012 hieß es mit Blick auf Technologien zur Rückgewinnung: "Ein durchschlagender Markterfolg für diese Technologien ist bisher allerdings ausgeblieben. Das liegt insbesondere daran, dass die Kosten dieser Technologien im Vergleich zu den Rohphosphatpreisen bisher zumeist noch zu hoch sind". Laut dortigen Darstellungen importiere man in Deutschland übrigens jährlich etwa 530.000 Tonnen Phosphor, wovon circa 139.000 Tonnen für die Düngemittelindustrie genutzt würden (siehe).

In einem Bericht von "Agrar Info" (Juli/August 2013) stellte man u.a. mit Blick auf die Meere dar: "Die größten Phosphorsenken befinden sich im Meer [...] Während sich in den terrestrischen Böden 40-50 Megatonnen Phosphor befinden, sind es in den Ozeanen 93.000 Megatonnen Phosphor" (hier). Unter dem Titel: "Riesen-Potenzial im Klärschlamm" stellte man in der Publikation "Die Phosphat-Fischer" dar: "In kommunalen Abwässern und Klärschlämmen liegt daher das größte Potenzial zur Phosphat-Rückgewinnung [...] bundesweit rund 40.000 Tonnen pro Jahr" (mehr). In die Schweiz importierte man übrigens (mit Stand 2009) jährlich rund 16.500 Tonnen Phosphor, hauptsächlich für den Einsatz als Mineraldünger und in Tierfutter und Lebensmitteln. In der Abfallwirtschaft (CH) wurden damals rund 13.500 Tonnen Phosphor umgesetzt. Der größte Teil, demnach rund 65 Prozent oder insgesamt 10.800 Tonnen, fielen in Form von Klärschlamm sowie Tier- und Knochenmehl als Abfall an - siehe auch die Bestandsaufnahme: "Rückgewinnung von Phosphor aus der Abwasserreinigung" (hier). Unter dem Titel: "Vulnerabilität ausgewählter österreichischer Importprodukte" (Stand Juli/2013) stellte man mit Blick auf Österreich dar, dass dortige Hauptimporte aus Syrien her stammen würden und problematisch sei, dass ein Großteil der weltweiten Lagerstätten in wenigen Jahrzehnten erschöpft sein wird. Dies obwohl der Phosphorbedarf in der Landwirtschaft, vor allem bei Schwellenländern bzw. China, in Zukunft weiter steigen würde (mehr).

Im Rahmen eines vollzogenen Forschungsprojektes in Deutschland, unter dem Titel: "Entwicklung eines neuen Verfahrens zur Adsorption von Phosphor an körnigem Eisenhydroxid und Regeneration des Adsorptionsmittels bei gleichzeitiger Phosphorrückgewinnung" (PDF) stellte man vor geraumer Zeit dar, dass eine effiziente, kostengünstige und leicht nachrüstbare Lösung für die weitergehende Phosphorelimination im Rahmen der Abwasserbehandlung mittels Kleinkläranlagen und; oder Bioreaktoren entwickelt worden sei. In Versuchen hätte man zeigen können, dass die Rückgewinnung sowohl von Phosphor und dessen Nutzbarmachung für die Herstellung von Düngemitteln, als auch des Filtermediums (granuliertes Eisenhydroxid) möglich wären (siehe). Eine Abwassertrennung stellt jedoch eher ein langfristig umsetzbares Zukunftskonzept dar, wenn umgreifende Investitionen in die kommunalen Entwässerungssysteme erforderlich werden [...] Bis dahin bietet sich primär die Rückgewinnung aus Klärschlamm [...als Option an...] Auf Lobbyinteressen der Düngemittelhersteller, die ihre laufenden Anlagen auslasten und keine Marktanteile preisgeben möchten, sei in diesem Zusammenhang hingewiesen" (mehr).

Externe Links zum Thema (Phosphor):

Die zehn wichtigsten Rohstoffe

Peak Phosphor: Eine Herausforderung für die chemische Technik

Energietransport zwischen den Zellen

Phosphor-Rückgewinnung ist gestrichen

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Experten warnen vor Verbot der Klärschlammverwertung

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Phosphatdünger reicht nicht für ewig

Klärschlamm: Drohende Phosphor-Knappheit

Unbekannte Grundlage des Wohlstands

Uni Rostock: 2035 wird Phosphor knapp

Wikipedia: Der Phosphorkreislauf

Arte Bericht: Ohne Phosphor geht nichts

Urin als Rohstoff? Forschungsprojekt gestartet

WTO: China muss seine Rohstoffe mit der Welt teilen

Ktipp: Zu viel Uran im Dünger

Spiegel Bericht: Asche zu Asche

Zukunft der Ernten: Die Welt wird nicht mehr satt

PM Magazin: Die Zeitbombe Phosphor

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Investment-Guru: Welt steht vor Hungerkatastrophe

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