Gülen Bewegung: Deutsche Regierung weiß von nix


(C) Fatih Kocaman, 2005, Bild: flickr (CC BY-NC 2.0)

Zur Fethullah-Gülen Bewegung lägen der deutschen Bundesregierung offiziellen Angaben zufolge, zu innenpolitischen "Auseinandersetzungen" in der Türkei, keine ("eigenen") Erkenntnisse vor, welche über die Berichte speziell aus türkischen Medien hinausgingen, heißt es in einer jüngst getätigten Antwortgabe (18/829). Organisationen, welche der Gülen-Bewegung nahestehen, könne man nur selten eindeutig zuordnen, wegen dem Netzwerkcharakter. Insgesamt, trotz "unbeschadeter einzelner" Positionen, lägen der Bundesregierung laut Antwortgabe keine eigenen Erkenntnisse vor, dass die Bewegung in ihrer "Gesamtschau" mögliche Bestrebungen haben könnte, gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung vorzugehen, wobei man die öffentliche Einschätzung des Landes Baden-Württemberg teilen würde. Demnach sei offiziell kein Anlass dafür geboten, eine Beobachtung jener Strukturen (in und um Gülen) durch die deutschen Verfassungsschutzbehörden zu unternehmen. Eine gestellte Frage, welche Landesämter für den Verfassungsschutz möglicherweise ausreichende Anhaltspunkte haben könnten, um eine Beobachtung der Gülen-Bewegung zu unternehmen, beantwortete die deutsche Bundesregierung folgendermaßen: "Die Bundesregierung äußert sich nicht zu Angelegenheiten der Länder".

Bisher hätte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan auch noch keine direkten Maßnahmen gegen die Gülen-Bewegung von der Bundesregierung erbeten, heißt es auf eine entsprechend gestellte Frage hin. Bezogen auf die Fragestellung, inwiefern die Bewegung um Gülen, wegen dem Vorwurf der Bildung eines "Parallelstaates" in der Türkei und eines gegen die türkische Regierung gerichteten "Justizputsches", vom türkischen Botschafter gegenüber der deutschen Bundesregierung thematisiert worden sein könnte, gab man seitens dieser zu verstehen: "Gespräche mit diplomatischen Vertretern anderer Staaten und deren Gegenstand sind vertraulich und werden von der Bundesregierung nicht öffentlich gemacht". Im weiteren Verlauf geht man u.a. auf die Thematik der Öffentlichkeitsarbeit der deutschen Bundesregierung auch im Ausland ein, wobei die sog. World Media Group AG genannt wird, und es heißt, dass eine Nähe zu dieser zur Gülen-Bewegung "bekannt" sei. Weitere Informationen und Antworten zu dieser gestellten Anfrage (18/829) können Sie ggf. unter der folgenden Quelle nachlesen (mehr).

In der Drucksache (17/7319) vom Oktober 2011 hieß es bereits: "Der Bundesregierung liegen zur Fethullah-Gülen Bewegung keine verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse vor", auch keine über mögliche Verbindungen der Bewegung zu politischen Parteien in Deutschland. Inwieweit möglicherweise Organisationen, Projekte oder auch Veranstaltungen der Gülen-Bewegung beziehungsweise der ihr nahestehenden Vereinigungen mit Bundeshaushaltsmitteln gefördert worden sein könnten, hieß es damals auch, dass im Rahmen der entsprechenden Integrationsförderung nicht ausgeschlossen werden kann, dass einzelne Träger mit gefördert werden, die eine Nähe zum Gülen-Netzwerk haben könnten. Unter anderem die Akademie für interkulturellen Dialog e.V. steht – nach den Angaben eines Sprechers – der Gülen-Bewegung nahe, wie man in der Publikation: "Interreligiöse und interkulturelle Dialoge" (Universität Bremen 2011 - ISBN: 978-3-88722-722-7) anführte. Auf EU-Ebene (6650/14 PE-QE 69) hatte man offenbar kürzlich noch die: Rolle der Gülen-Bewegung auf dem Balkan unter die Lupe genommen, wie aus dem Dokument (7690/14) des Rates der Europäischen Union als Bemerkung hervorging.

In der deutschsprachigen Publikation "Spiegel" (32/2012) wurde Gülen zitiert: "Mit der Geduld einer Spinne legen wir unser Netz, bis sich Menschen darin verfangen". Das mittlerweile global agierende Netzwerk würde damaligem Stand zufolge bereits in 140 Ländern aktiv sein, man hatte unter anderem Schulen gegründet, eine Bank, Medienhäuser, Kliniken, eine Versicherung oder auch eine Universität. Laut "Spiegel" (6/2014) betreiben Anhänger des Predigers Fethullah Gülen in Deutschland Hunderte Nachhilfezentren und Schulen. Angeblich hätten Eltern und Lehrer Klagen in Erwägung gezogen, wegen: Gehirnwäsche und Gewalt in den Einrichtungen. Ein wohl älteres Zitat des Gurus wird angeführt: "Wer dem Islam abschwöre, verdiene den Tod, sagte er einmal" (so geschrieben in dem Bericht des Autors von Spiegel auf Seite 41 der Ausgabe 6/2014). In "Informationen zur politischen Bildung" (bpb - 313 B6897F) heißt es auf Seite 39 unter anderem zu der Bewegung: "Seit einiger Zeit macht sich zudem in Anti-AKP-Kreisen [in der Türkei] die These vom Entstehen eines neuen tiefen Staates breit [...] von Anhängern des islamistischen Predigers Fetullah Gülen aufgebaut werde und die muslimisch-konservative Umgestaltung der türkischen Gesellschaft zum Ziel habe".

Laut US-Medien hieß es, dass die Person: Sibel Edmonds geäußert habe, die Bewegung um Gülen sei angeblich mit Milliarden an Dollars mit durch die CIA aufgebaut worden. In der Vergangenheit hatte sich Gülen selbst offenbar auch im Vatikan blicken lassen. Unter anderem laut einer KNA-Meldung in der "Deutschen Tagespost", 12. Februar 1998, hieß es zur Thematik, dass der ehemalige Papst Johannes Paul II. im Rahmen privater "Audienzen" und gewisse im Logensinne "fortschrittliche" Muslimführer auch schon eifrig die Köpfe zusammengesteckt hätten, um die jeweils nächsten "Fortschritte" miteinander abzustimmen. Zuletzt (laut damaligem Stand) wieder im Februar des Jahres 1998, als die Presse meldete: Papst Johannes Paul II. hat den türkischen Muslimführer Fethullah Gülen in Audienz empfangen. Einzelheiten über die Begegnung mit Gülen, der sich angeblich stark für den interreligiösen Dialog engagierte, wurden damals im Vatikan offenbar aber nicht bekannt. Das Treffen, dem ein Gespräch mit Vertretern des ("Päpstlichen Rates") für den interreligiösen Dialog vorausging, sei aber "herzlich gewesen". In der nahen Vergangenheit gab es Berichte unter Einbezug der Schlagwörter: CIA, Drogen, Geldwäsche und Vatikan (mehr).

Der deutsche Autor Peter Scholl-Latour schrieb zur Thematik in seinem Buch: "Allahs Schatten über Atatürk - Die Türkei in der Zerreißprobe" unter anderem: "Ich hatte in Istanbul erfahren, dass eine der einflussreichsten Figuren des islamischen Sekten- und Tarikat-Wesens, der Hocaefendi oder Meister Fethullah Gülen, Herr über eine zahlreiche Gefolgschaft und ein beachtliches Wirtschaftsimperium, im Februar 1998 Papst Johannes Paul II. aufgesucht und ihm vorgeschlagen [hätte], ganz im Sinne der abrahamitischen Ökumene eine Universität für interreligiösen Dialog […] zu gründen". Unter dem Titel: "Ergenekon und Pressefreiheit" berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung (23. April 2011 - Nr. 95/16): Auffällig einseitig ist die Berichterstattung der dem Einfluss der Gülen-Gruppe zugeschriebenen Medien zum Beispiel im Fall "Ergenekon". Als jene Struktur wurde ein amorphes Netzwerk bezeichnet, dessen Mitglieder angeblich planten, [den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan] zu stürzen. Ergenekon ist die Bezeichnung für eine mutmaßliche nationalistische Untergrundorganisation in der Türkei, zu dessen Netzwerk offenbar auch Ex-Militärs, Rechtsanwälte, Geschäftsleute, Politiker und Journalisten gehörten. Erdogan selbst machte wohl auch in diesem Zusammenhang vor wenigen Monaten noch deutlich: Gegnern werden die Arme gebrochen (mehr).

In der Ausarbeitung "Die Türkei als Regionalmacht" des (J: 2010 - A: Aslan, Cemal; Universität Duisburg-Essen, Fakultät für Gesellschaftswissenschaften) berichtete man: "Mitte der 1990er Jahre [hätte] Mahmut Bali Aykan auf [eine der] Optionen hingewiesen, die sich aber auf das Fundament der türkischen Sicherheitsdoktrin, nämlich die Stabilisierung eines regionalstrategischen Gleichgewichts unter den neuen Bedingungen des internationalen Systems" beziehen würde. Dies sei demnach die "Kooperation mit Israel" in der Region, was auch der kemalistischen Elite dienen würde. Dies aus dem Grund: "da sie die westliche Orientierung und die Bedeutung des Säkularismus in einer Zeit betont, in der das Land eine schwere Identitätskrise" durchlaufen würde. In der gesehenen Krise würden, wenn auch langsam und eher vorsichtig, die Grundlagen der kemalistischen Ideologie in Frage gestellt, weil der politische Islamismus, Nationalismus und Neo-Osmanismus an Handlungsspielraum gewonnen hätten. (siehe ggf. auch: Bülent Aras und Ömer Çaha, "Fethullah Gülen and his liberal Turk-Islam Movement", in: Middle East Review of International Affairs; MERIA 2000, S.40).

In der jährlichen Liste der 100 einflussreichsten Personen auf der Welt nannte das US-amerikanische Magazin "TIME" im April vergangenen Jahres den aus der Türkei stammenden islamischen Gelehrten Fethullah Gülen. Im November vergangenen Jahres (2013) hätte Erdogan Medienberichten zufolge die Schließung von Tausenden als wichtige Rekrutierungsstätte der Gülen-Bewegung dienenden Nachhilfeinstituten im ganzen Land angekündigt. Seit Dezember wurden offenbar durch die türkische Regierung rund 6000 Polizeiangehörige und zahlreiche Juristinnen und Juristen, die im Verdacht der Zugehörigkeit zur Gülen-Bewegung standen, von ihren Aufgaben entbunden, versetzt oder in den Ruhestand geschickt, wie Spiegel (unter dem Titel: Mächtiges Gülen-Netzwerk: Der Pate) und "Die Welt" (unter dem Titel: Erdogan wirft der Justiz einen Putschversuch vor) berichteten. In der Ausarbeitung "Überdehnt sich die Bewegung von Fethullah Gülen" hieß es durch den Autor Günter Seufe etwa, dass die Gülen-Bewegung beschuldigt worden sei, u.a. die türkische Justiz und Polizei unterwandert und ihren Einfluss zur massenhaften Inhaftierung politischer Gegner genutzt zu haben.

Die Person Stephen Kinzer, also nicht in diesem Fall der Autor der Publikation: "CIA-Putsch in Guatemala", sondern ehemaliger Türkei-Korrespondent der "The New York Times", bezeichnete Gülen in der Vergangenheit als "faszinierendsten religiösen Führer". Ja, er sei der "wichtigste Anwalt" für die "Modernisierung der muslimischen Welt" geworden und wahrhaftig ein "schattenhafter Puppenspieler". Schätzungen zufolge gehören der Anhängerschaft um Gülen mehrere Millionen Menschen weltweit, in der Türkei 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung und ein milliardenschweres und weltweit agierendes Netzwerk aus Wirtschaftsunternehmen an. In 1999 hatte der TV-Sender (aus der Türkei) ATV eine offenbar heimlich angefertigte Rede des Gülen präsentiert, in der jene Person die Anhänger dazu aufrief, den türkischen Staatsapparat zu unterwandern.

In der Vergangenheit hätte man offenbar auch "gute Kontakte" zu den Grauen Wölfen gehabt, also nicht die bekannten U-Boote der Nazis aus dem Zweiten Weltkrieg, sondern eine heutige rechtsextreme türkische Partei der Nationalistischen Bewegung (siehe auch). Im Oktober des Jahres 2011 rief offenbar Fethullah Gülen das türkische Militär in einer über das Internet verbreiteten circa 45-minütigen Ansprache zur militärischen Vernichtung von als "Terroristen" bezeichneten Vertretern der politischen Bewegung der Kurdinnen und Kurden auf (Video). In russischen Gefilden hätte der Geheimdienst FSB (welcher hervorgegangen war aus den Sowjetstrukturen des KGB), Medienberichten zufolge, die Gülen-Schulen bezichtigt, als Tarnorganisationen des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA zu fungieren.

  
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