(C) Brian Turner, 2009, Bild: flickr (CC BY 2.0)

Eine Person "verheiratet" sich mit einem wohlhabenden alten Geschäftsmann jüdischer Abstammung, um letztlich Luxusautos und teure Liegenschaften abzugrasen. Der andere hält fachlich wahrgenommene Vorträge, um den Ausbau des Hauses voranzutreiben oder einen auf Weinbauer in der Toskana zu machen. Auch in der Bundesrepublik Deutschland fanden sich in den vergangenen Jahren teils äußerst bizarre Fälle, in denen Individuen auch im Staatsdienst offenbar dem Motto folgten: Sky is the Limit. In einer aktuellen Anfrage (18/832) wolle man nun seitens der Anfragensteller von der deutschen Bundesregierung diverse Antworten erhalten, welche sich um die Thematik drehen: Unabhängigkeit der Justiz der Bundesrepublik Deutschland. Einleitend führt man dazu an, dass die Unabhängigkeit der Justiz in Deutschland aufgrund des Artikels 97 des deutschen Grundgesetzes Verfassungsrang genieße und sie ist im Hinblick auf das Vertrauen in den Rechtsstaat der Bundesrepublik Deutschland von erheblicher Bedeutung.
Interessenverquickungen von Richter(innen) und Staatsanwaltschaften führen zu Zweifeln an der Unabhängigkeit der Justiz. Der Paragraph 25 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) formuliert: "Der Richter ist unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen". In Paragraph 39 DRiG wird von einer; einem Richter(in) erwartet, das sie; er sich innerhalb und außerhalb ihres; seines Amtes so verhält, dass das Vertrauen in ihre; seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird; werden könnte. Für die Rechtsverhältnisse von Richterinnen; Richtern im deutschen Bundesdienst gelten nach Paragraph 46 des Deutschen Richtergesetzes bis zu einer besonderen Regelung die Vorschriften für Bundesbeamte. Das Bundesbeamtengesetz (BBG) enthält in den Paragrafen 97 ff. umfassende Regelungen zu Nebentätigkeiten. Der Paragraph 99 Absatz 2 des Bundesbeamtengesetzes regelt im Detail, unter welchen Voraussetzungen eine Nebentätigkeit zu versagen ist.
Nach Paragraph 99 Absatz 2 Nummer 4 des Bundesbeamtengesetzes ist eine Nebentätigkeit zu versagen, die die Unparteilichkeit und Unbefangenheit der Beamtinnen; Beamten beeinflussen kann. Allerdings legt der Paragraph 100 Absatz 1 Nummer 2 des Bundesbeamtengesetzes u.a. auch fest, dass eine Vortragstätigkeit keine genehmigungspflichtige Nebenbeschäftigung ist. Dennoch können insbesondere bezahlte Vortragstätigkeiten den Eindruck erwecken, dass die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit von Richterinnen und Richtern nicht gegeben ist, soweit es eine Überschneidung mit von Richterinnen und Richtern zu entscheidenden Streitfällen gibt. Der Paragraph 141 des deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes (oder kurz: GVG) legt heute fest, das bei jedem Gericht eine Staatsanwaltschaft bestehen soll.
Die Beamten der Staatsanwaltschaft haben nach Paragraph 146 des deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes den dienstlichen Anweisungen ihrer Vorgesetzten nachzukommen. Der Paragraph 147 des Gerichtsverfassungsgesetzes legt im Einzelnen fest, wem die Aufsicht und Leitung für die jeweiligen Staatsanwaltschaften zusteht, u.a. liegt nach Nummer Eins die Aufsicht und Leitung hinsichtlich des Generalstaatsanwaltes und der Bundesanwälte beim Bundesminister der Justiz. Das Magazin DER SPIEGEL Nr. 9/2014 hatte sich mit dem Thema Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften beschäftigt und verschiedene Reformvorschläge zitiert, da es erhebliche Kritik an der Weisungsgebundenheit von Staatsanwaltschaften in der Bundesrepublik Deutschland gibt.
Der Paragraph 153a Absatz 1 Nummer 2 der deutschen Strafprozessordnung (StPO) eröffnet die Option der Verfahrenseinstellung soweit der Beschuldigte "einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse" zahlt. In Nummer 93.4. der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren wird explizit darauf verwiesen, dass neben spezialpräventiven Erwägungen insbesondere Einrichtungen der Opferhilfe, Kinder- und Jugendhilfe, Straffälligen- und Bewährungshilfe, Gesundheits- und Suchthilfe sowie Einrichtungen zur Förderung von Sanktionsalternativen und Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen in angemessenem Umfang zu berücksichtigen sind. Medienberichten zufolge (siehe ggf. Report Mainz vom 4. März 2014 oder auch das Magazin FOCUS: 04/03/2014: Richter lässt Bußgelder an Reitverein der Tochter zahlen) soll es dennoch zu sogenannter "Vetternwirtschaft" gekommen sein. Dies führe zu Misstrauen gegenüber der Unabhängigkeit der Justiz in der Bundesrepublik Deutschland.
Die Praxis der Verteilung der nach Paragraph 153a Absatz 1 Nummer 2 der deutschen Strafprozessordnung zu verteilenden Bußgelder ist soweit ersichtlich in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. In den Paragrafen 474 ff. Strafprozessordnung werden die Akteneinsichtsrechte und die Voraussetzungen der Erteilung von Auskünften geregelt. Es findet sich allerdings keine Regelung zu Fragen der aktiven Öffentlichkeitsarbeit von Staatsanwaltschaften, obwohl das Bekanntwerden eines Ermittlungsverfahrens mit Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsrechte der Beschuldigten verbunden ist. Die Nummer 4a der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren legt fest, dass die Staatsanwaltschaft alles zu vermeiden hat, was zu einer nicht durch den Zweck des Ermittlungsverfahrens bedingten Bloßstellung des Beschuldigten führen kann, enthält aber keine weiteren Vorschriften hinsichtlich erlaubter aktiver Öffentlichkeitsarbeit. Weitere Regelungen zur Öffentlichkeitsarbeit enthält die RiStBV nicht.
