EU Atomstrom: Russland stößt nach Ungarn vor


(C) Barna Rovacs, 2010, Bild: Wikipedia (CC BY-SA 2.5)

Da sich durch die forcierte Energiewende in Deutschland sogenannte "Marktlücken" auftun, sehen Russland und andere ehemals zum Ostblock gehörende Länder entsprechende Vorteile. In ungarischen Medien hieß es zur Thematik jüngst, Russland baut und finanziert das EU-Mitglied Ungarn weiter bei der Atomkraft. Die als Nachfolger des entsprechenden Sowjetministeriums heute weiterhin unter russisch-staatlicher Kontrolle stehende Rosatom, also die Föderale Agentur für Atomenergie Russlands, sei nun wie bereits vorangekündigt "exklusiver" Partner geworden, für den Ausbau des AKW Paks, das einzige Kernkraftwerk in Ungarn. Durch den Deal werde sich Ungarn mit bis zu 10 Prozent des eigenen BIP (Bruttoinlandsprodukt) bei Moskau "verschulden". Kritische Stimmen kamen derweil von der Opposition des Landes auf, wonach die Regierung um Orban "Ungarn an Russland" verkauft hätte.

Das benannte AKW von Paks in Ungarn wurde übrigens von den Sowjets erbaut. Mit dem ausgehandelten Deal werde man nun die Errichtung von zwei extra Blöcken (jeweils etwa 1200 MW) umsetzen können. Ans Netz gehen die neuen Blöcke voraussichtlich nicht vor 2023. Das Management für die Brennstoffe, Wartungsaufgaben bzw. entsprechende Überholungen auch für die Laufzeitverlängerung der vier bestehenden Blöcke von Paks bis in 2037 fällt ebenfalls in die Zuständigkeit von Rosatom (Föderale Agentur für Atomenergie Russlands). Der Ausbau des AKW in Ungarn werde mittels eines Kredits forciert, heißt es - wobei die Kreml-Regierung als Kreditgeber fungiere. Der Boss von Rosatom, Sergei Wladilenowitsch Kirijenko, als ehemaliges angesehenes Mitglied der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, gab Medienberichten zufolge an, aktuell sehe man den Kreditrahmen zwischen 10-12 Milliarden US-Dollar. Spekuliert wird, ob anstatt von Ungarn zu zahlende Zinsen wohl eher Gewinnbeteiligungen fällig werden.

Offenbar muss mit der Kreditaufnahme über den Kreml auch eine Steuererhöhung in Ungarn umgesetzt werden, um die Kosten tragen zu können - insbesondere deshalb, da die ungarische Staatskasse bereits "vollausgeschöpft" ist und ausgeplant wurde. Möglicherweise könnte versucht werden, an EU-Geldmittel zu gelangen, um kompensatorische Effekte für die Finanzierung zu erreichen. Seitens Russlands wolle man bezgl. Paks, so heißt es in offiziellen Darstellungen, die Lieferung als auch den Abtransport des radioaktiven Brennmaterials vollziehen. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, der seine Karriere beim Kommunistischen Jugendbund startete, schwadronierte vor einigen Wochen noch davon, man werde in wenigen Jahren Energie so günstig wie in den USA machen können. Ins Ausland wolle man den Atomstrom aber wohl deutlich teurer und mit entsprechendem Gewinn weiterverkaufen.

Ähnlich hatte man sich vor geraumer Zeit noch laut einem Bericht von Tagesspiegel geäußert, hier mit Blick auf Russland und Deutschland. Die sogenannte "Energiewende" in der Bundesrepublik sei eine wahrlich gut sprudelnde Einnahmequelle für den russischen Haushalt (mehr). Im Zusammenhang auch mit dem russischen staatlich kontrollierten Monopolisten Gazprom gab es indes kürzlich Berichte mit dem Titel: Gas-Oligarch aus Ukraine in Österreich festgenommen (mehr). Im Rahmen der Irritationen um die Ukraine und die Krim berichteten Medien, dass Gazprom wohl die Ukraine nicht nur in der Vergangenheit mit der Versorgungssicherheit drohte, was entsprechend auch Auswirkungen auf andere westliche Staaten in Europa hätte, sondern auch bei den aktuellen Spannungen gab es Konfliktstoff, wie im Artikel "Gazprom nimmt Ukraine in die Mangel" berichtet worden war (mehr).

In Deutschland wurde die frühzeitige Verflechtung und somit Formung der Abhängigkeiten von Russland nicht nur in Belangen Gas gemacht, sondern auch fielen in jüngerer Vergangenheit Berichte auf, wonach russischer bzw. osteuropäischer Atom-Strom mit der "Energiewende" im Zusammenhang stehen würde. Einen passenden Bericht findet man unter dem Titel: Ukraine-Konflikt wirft Pläne über Russengas und Ost-Atomkraft für Deutschland durcheinander (mehr). Es würde sich u.a. auch um ein geheimes Projekt handeln, welches den Namen: "Interconnection Kaliningrad Region Power System – German Power System" (Inter RAO UES) trägt. Dortige Blöcke [würden] später zusammen auf ca. 2400 Megawatt Leistung kommen. Zu dieser Thematik seien auch Informationen aus einem Bericht des DGSE hervorgegangen, ein Geheimdienst aus Frankreich (mehr).

Die Errichtung von Stromtrassen bzw. sog. Stromautobahnen geschehe in Deutschland unter dem Vorwand, dass tatsächlich später vor allem osteuropäischer/russischer Atomstrom eingespeist werden soll. Anfang des Jahres sorgte ein Bericht des öffentlich-rechtlichen Magazins Frontal21 für Wirbel, wonach die EU offenbar speziell einen Atom-Kurs fahren wolle. Hier wurden auch die sog. Klimaziele für 2030 mit angemerkt. In Medien Österreichs hieß es derweil, dass der Bau von neuen Atomreaktoren aus Russland "boomen" würde. Seitens Rosatom stellte man in diesem Zusammenhang fest, es bewege sich alles in einem "sowjetischen Rhythmus". Auch außerhalb des europäischen Festlands, hier in Großbritannien, gab es in jüngerer Vergangenheit Berichte, wonach man dort wohl auch speziell auf Atomkraft setzen möchte. Dazu könnte ggf. der folgende Artikel in Augenschein genommen werden: Milliarden Subventionen für AKW Hinkley Point (mehr).

Unter anderem in Polen, wie oben dargestellt in Ungarn (Reaktoren) oder auch Litauen werden neue Atomkraftwerke geplant. Auf der anderen Seite waren in Frankreich, Finnland und der Slowakei welche im Bau befindlich. Im vergangenen Jahr hatte die Süddeutsche-Zeitung einen Bericht gebracht, wonach die EU-Kommission den Bau und den Betrieb von Atomkraftwerken in Europa erleichtern wolle. Dies wiederum würde offenbar auch russischen Interessen entgegenkommen können. Zudem war von möglichen staatlichen "Finanzspritzen" die Rede (mehr). In Deutschland faselten derweil Figuren aus der Politik für die Öffentlichkeit irgendetwas von der Senkung von CO2-Emissionen. Im Juli 2013 hieß es in russischen Berichten: Russland baut Kernkraftwerke in Europa, neben Tschechien und Finnland hätte auch Großbritannien Rosatom-Kernkraftwerke ins Visier genommen (mehr).

Vyacheslaw Krupenkow als Hauptgeschäftsführer der Gazprom Germania GmbH meinte mit Blick auf die deutsche Versorgung mit russischem Rohstoff laut dem Magazin Cicero: "Als einer der wichtigsten Erdgaslieferanten unterstützt Gazprom die Energiewende mit besten Kräften" (mehr). Der Russland-freundliche Boss von E.ON, Johannes Teyssen, meinte wegen der sogenannten Krim-Krise (Ukraine), er sehe nicht, dass Russland Gas oder Öl als "strategische Waffe" einsetzen könnte. Der ehemalige Boss der Deutschen Bank, Josef Ackermann, meinte vor einigen Jahren noch, irgendwann könnte zwischen Moskau und Wladiwostok der Euro gelten. Laut einem Bericht von Spiegel (online) hieß es vor einigen Jahren, der unter staatlicher Kontrolle stehende Konzern Gazprom hätte die Gasversorgung Europas von dem damaligen Ausgang der Präsidentenwahl in der Ukraine abhängig gemacht (mehr unter).

Bereits unter den Sowjets gab es Irritationen bezgl. massig Atomstrom. Im Sommer 1979 berichtete Spiegel unter dem Titel "Fällt nicht so auf", dass Moskau den Ausbau der Kernenergie "beschleunige". Der ehemalige SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt meinte laut einem Augenzeugen dazu, dass die Sowjets den Westteil ihres Reichs mit einem Netz von Atommeilern überziehen würden und er sei ganz "begeistert" gewesen. Einige Jahre zuvor hätten (damals noch) Bonn und Moskau das geplante Atomkraftwerk bei Königsberg (Hauptstadt Preußens/Ostpreußens bis 1945, das heutige Kaliningrad) scheitern lassen (mehr). Zumindest damals hatte man wohl auch bei den Sowjets für den Atomstromtransport nicht das notwendige Knowhow für große Stromnetze über Land gehabt, wie Spiegel zuvor noch unter dem Titel: "OSTHANDEL: Streit um Strom" berichtete.

  
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