Russland West: Gefechtsbereitschaft wird geprüft


(C) TUBS; 2011, Bild: Wikipedia (CC BY-SA 3.0)

Wie schon in der Vergangenheit hatte man von russischer Seite her nun einen sog. Übungsalarm für das Militär in West- und Zentral-Russland ausgelöst. Diverse Medien fabulierten, dies könnte ein Signal an die Ukraine sein. Der seit November 2012 im Amt befindliche Verteidigungsminister Sergei K. Schoigu sagte der Nachrichtenagentur Interfax, man wolle die Gefechtsbereitschaft der Truppen prüfen, wobei ebenfalls Luftlandekräfte einbezogen wären. Mit dem ausgelösten Übungsalarm ziele man insbesondere darauf ab, die Bereitschaft in Krisensituationen und anderen militärischen Bedrohungen zu überprüfen.

Mit Blick auf ukrainische Gefilde meinte der russische Außenminister Sergei W. Lawrow kürzlich, dort sei im Westen des Landes eine "neofaschistische" Stimmung zu beobachten. Es gehe in der Thematik auch darum, dass die Sprache der russischen Minderheiten in der Ukraine verboten werden sollte. Ethnische Russen finden sich auf der anderen Seite im Osten des Landes, als auch auf der Halbinsel Krim, eine autonome Region im nördlichen Schwarzen Meer. Die Krim war nach 1944 für gut 10 Jahre zunächst eine einfache Provinz innerhalb der Russischen Sozialistischen und Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) - also die damals älteste, größte und zugleich bevölkerungsreichste Unionsrepublik der Sowjetunion (Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken).

Auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim, wo in der Vergangenheit auch gerne der ehemalige Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), Michail Sergejewitsch Gorbatschow, Urlaub machte, ist bekanntlich auch die russische Schwarzmeer-Flotte stationiert, welche Teil der Seestreitkräfte Russlands ist und sowohl im Schwarzen Meer und im Mittelmeer operiert. Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte sowie der ukrainischen Marine ist die zur Ukraine gehörende Hafenstadt Sewastopol, die größte Stadt auf der ukrainischen Halbinsel Krim.

Unter dem Putin-Vorgänger Dmitri A. Medwedew, von 2008 bis 2012 Präsident Russlands, hatte sich der nun abgesägte ukrainische Präsident Wiktor F. Janukowytsch zu einem umfassenden Abkommen bereiterklärt, welches eine Verlängerung der Stationierung der Schwarzmeerflotte um weitere 25 Jahre, nach Ablauf des bisherigen Vertrages im Jahr 2017, vorsah. Durch die Vereinbarung könne Russlands Schwarzmeerflotte bis zum Jahr 2042 auf der Krim stationiert bleiben. Im Gegenzug zu dieser Vereinbarung wurde festgelegt, dass der Ukraine ein Preisrabatt beim russischen Gas-Bezug zugestanden wird.

Der Batkiwschtschyna-Abgeordnete Sergej Sobolew (zug. zur Partei in der Ukraine: Allukrainische Vereinigung "Vaterland" der Julija Tymoschenko) hätte bezgl. der Krim-Thematik kürzlich noch deutlich gemacht: "Der Gasrabatt [...] würde nicht die von Janukowitsch unterzeichneten Charkower Abkommen kompensieren [...] geht es nicht um einen Rabatt, sondern faktisch um Mittel, die für die Stationierung der russischen Schwarzmeerflotte nach 2017 bezahlt werden [...] Bis 2017 sind die Pachtbedingungen gültig, nach 2017 entsprechen sie nicht mehr der ukrainischen Verfassung".

Wegen dieser Planungen titelten russische Medien: Neue ukrainische Regierung will russische Schwarzmeerflotte vertreiben. Daneben hieß es: Dass man in Sewastopol (Krim) Befehle aus Kiew ablehnen würde, die berüchtigte Spezialeinheit Berkut aufzulösen. Im Vorfeld forderte der neue Innenminister der Ukraine, Arsen B. Awakow, die Auflösung der Berkut. Der Übergangsinnenminister erklärte auch auf seiner Facebook-Seite, die berüchtigte Berkut sei mit sofortiger Wirkung "aufgelöst" worden.

Laut Medienberichten sei diese bei den Protesten im Rahmen des sog. „Euromaidan“ (Bezeichnung für die Proteste in der Ukraine seit dem 21. November 2013) in Kiew Anfang 2014 für gewaltsame Einsätze gegen Demonstranten und für Todesopfer verantwortlich gemacht worden. Rückblickend wurde(n) die Berkut Spezialeinheit(en) Ende der 1980er Jahre in der gesamten Sowjetunion aufgestellt, also auch in der Ukraine und nachfolgend teils den jeweiligen Sicherheitsbehörden der Nachfolgestaaten unterstellt.

In der Krim-Stadt Sewastopol seien zuletzt wohl auch Kontrollposten aufgestellt worden, da Vertreter der neuen Kiewer Führung nur mit Zustimmung der Stadtleitung einreisen dürften. Wegen der offenbar pro-russischen Stimmung auf der Krim hätte der Chef der ukrainischen Partei Swoboda (rechtspopulistische und nationalistische Partei), Oleg Tjagnibok, kürzlich noch ein Treffen mit US-Vizeaußenminister William Burns vollzogen.

Im Rahmen des Treffens sei durch Tjagnibok mitgeteilt worden, dass es "Besorgniserregende Signale auf der Krim" geben würde. Man forderte die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der territorialen Integrität (der Ukraine) ein. Eine Spaltung des Landes dürfe nicht zugelassen werden. Die pro-russischen Proteste auf der Krim verursachten mediale Gerüchte, dass angeblich bewaffnete Sondereinheiten aus der Westukraine auf dem Weg wären, um die Proteste niederzuschlagen und die Kontrolle zu übernehmen. In einem solchen Fall solle laut diversen Forderungen Russland eingreifen.

Andere Personen meinten, dass die pro-russische Stimmung verdeckt durch den Kreml gefördert werden könnte. Eine angeblich durch Moskau geplante Ausstellung von Pässen für Personen in der Ukraine, also für ethnische Russen, sorgte kürzlich noch für heftige Kritik in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. In Simferopol, also die Hauptstadt der autonomen Republik Krim, hätten Protestler laut Medienberichten unterdessen bereits die russische Fahne über dem Gebäude des Obersten Rates der Autonomie gehisst.

Ältere Militär-Übungen

Im Mai vergangenen Jahres (2013) hatte man nach dem zuvor gestarteten Überraschungsmanöver am Schwarzen Meer die Bereitschaft der russischen Armee, eine Bedrohung aus dem Westen abzuwehren, geprobt - wozu auch die Truppen der Luft- und Weltraumverteidigung und die Fernflieger aber auch die Luftwaffen- und Luftabwehreinheiten des rus. Militärbezirks West mit einbezogen wurden.

Im Februar 2013 startete man nach über 20 Jahren (nach der Selbstauflösung der Sowjets) einen Übungsalarm. Ende März 2013 wurde durch den russischen Präsidenten Putin das großangelegte Manöver am Schwarzen Meer angeordnet. Laut damaligen Angaben waren über 7000 Soldaten, 250 Panzerfahrzeuge, mehr als 50 Artilleriegeschütze, bis zu 20 Kampfjets und Hubschrauber sowie 30 Schiffe an jenen Unterfangen beteiligt.

Russische Medien hoben zu diesem Manöver hervor, dass im Vorfeld alleine die Ukraine im Bilde war, jedoch nicht die Nato-Länder, Georgien und andere Schwarzmeer-Anrainer. Die russische Schwarzmeerflotte (von der Krim) richtete schon zur damaligen Zeit Kommandostellen ein und wurde in höchste Kampfbereitschaft versetzt.

Der Militär-Experte Eduard Rodjukow wurde zur Thematik angeführt, wonach die Übungen auf "gemeinsame Bedrohungen" abzielten, welche im Zusammenhang stehen mit Gebietsansprüchen, der Präsenz von NATO-Strukturen im Schwarzen Meer, Handlungen von separatistischen und religiösen Gruppierungen sowie einer möglichen Destabilisierung der Situation in der Region.

Bei der Übung in West-Russland in 2013 verkündete man: Truppen wehren "massiven Raketenangriff" ab. In dem entsprechenden Szenario wurde ein "bedingter Feind" mit Jagdflugzeugen und ballistischen Raketen bekämpft. Putin gab zu den Übungen zu verstehen, man wolle insbesondere diverse Schwächen aufdecken, damit so die Struktur und die Kampffähigkeit insgesamt verbessert werden kann.

Durch die ukrainische Partei Swoboda (rechtspopulistische und nationalistische Partei) meinte man zu den Übungen damals, dass diese internationale Vereinbarungen verletzten würden, darunter die sogenannten Abkommen von Charkow. Oppositionsvertreter verlangten damals die Überprüfung, ob denn nicht die russische Schwarzmeerflotte gegen das Aufenthaltsabkommen verstößt.

In Übungsunterfangen im Juli hieß es: Großübung in Ost-Russland - Mehr als 10.000 weitere Soldaten per Luft verlegt, wobei nachfolgend festgestellt worden sei: Putin stolz auf Russlands Armee. An den Übungen nahmen laut damaligen Berichten um die 160.000 Soldaten, 130 u.a. Kampf-Flugzeuge, zahlreiche Hubschrauber und anderes militärisches Gerät teil. Im Einsatz waren demnach 70 Schiffe sowie etwa eintausend Panzer.

Später gab es im Oktober 2013 eine erneute Alarmübung in Russland, man bringe die Atomraketen auf den Prüfstand, hieß es. Danach wurden weitere Flugabwehr-Langstreckenraketensysteme S-300 gen Westen verlegt - wobei angemerkt werden kann, dass schon im Juni 2013 getitelt wurde, dass der russische Generalstab in Karelien sowie in den Gebieten Leningrad und Murmansk Fliegerbasen in West-Russland eingebunden hätte, um so die Kampfbereitschaft der Streitkräfte zu überprüfen.

Älteres aus dem Archiv:

Februar 2014

Spannungen: Russen rüsten Ägypten

Russland will Abrüstungsvertrag kicken

Dezember 2013

Kanada erhebt Anspruch auf Nordpol/Arktis

Russland rüstet in Arktis-Gebieten weiter auf

Russen rüsten an Westgrenze mit Raketen

Aggressionen werden mit Kernwaffen erwidert

November 2013

Raketenschirm: Putin löst NATO Arbeitsgruppe auf

Russland sieht sein strategisches Potenzial gefährdet

Große NATO-Übungen unter Steadfast Jazz laufen

September 2013

Russland u. NATO – Wachsamer Himmel 2013

Berichte: Putin will Eurasische Union forcieren

August 2013

Militär-Manöver Friedensmission 2013

RUS: Exporte der Rüstungsindustrie gestiegen

Russland will mit Future Soldiers aufrüsten

Russland will mit Typ S-500 Raketen aufrüsten

Juli 2013

Putin: Bau starker Präzisionswaffen hat Priorität

Biowaffen: Deutsche proben den Ernstfall

US/RUS: Militärübungen in Deutschland

Juni 2013

Etwa 100 neue Flugplätze und Stützpunkte geplant

April 2013

ICBM Jars-M soll noch 2013 in Dienst gestellt werden

Nach Übung Kritik an Schwedens Luftwaffe

Atomare Abrüstung nicht günstig für Russland

Russland will neue Systeme gegen Waffen im Weltraum bauen

März 2013

Flotte bekommt 24 U-Boote und andere Spielzeuge

Schwarzes Meer: Kampfbereitschaft soll getestet werden

Februar 2013

Armee soll neues Niveau für künftige Szenarien erreichen

Januar 2013

2013 über 50 Militärübungen an westlicher Grenze

Finden Sie passende Bücher:
» Zum Thema Russland und Putin

  
Bücherindex Bild Link

Weitere Inhalte