INET: Russischer Gigant will Markt aufmischen


(C) Steve Johnson, 2007, Bild: flickr (CC BY 2.0)

Das insbesondere in Russland derzeit bekannte Yandex wolle einer Meldung von Bloomberg zufolge nun den russischen Mobilfunk-Markt aufmischen und stelle Googles Monopol infrage. Es sollen demnach Smartphones mit den russischen "Services" bestückt werden, man kooperiere mit dem chinesischen Unternehmen Huawei Technologies und der Firma ZAO Explay. Somit wird man vorerst auf zwei Android-Geräten "verfügbar" sein. Integriert werden soll auf diesen u.a. der eigene Browser (mit Landkarte), eine Internet-Suchmaschine (Yandex), Cloud-Speicherung (externe Aufbewahrung von Daten) oder auch der Zugang zu einem Shop mit rund 100.000 Applikationen (Apps).

In Russland selbst übertreffe man Google (mit 27 Prozent), welches wie Facebook mit dem Namen In-Q-Tel in Verbindung stehen soll, in Belangen "Suchmaschine" deutlich und habe dort einen Marktanteil von über 62 Prozent. Da auch in russischen Gefilden immer mehr Individuen auf mobile Endgeräte wie Smartphones umsatteln, wolle man hier frühzeitig aktiv werden und jene von den eigenen Diensten überzeugen. Mit Blick auf Deutschland hieß es kürzlich erst, man wolle seitens Yandex auch hier expandieren. Laut Heise wäre die Eröffnung einer Niederlassung in Berlin geplant gewesen. Das russische Unternehmen mit Hauptsitz in Moskau, dessen Wurzeln bis in die ausgehende Sowjet-Ära zurückreichen, hatte zuletzt auch Zugang zu Facebook-Inhalten bekommen.

Mit der Facebook-Partnerschaft sei offiz. Angaben zufolge der direkte Zugang zu öffentlichen Inhalten machbar, von Nutzern in den Ländern Russland, Ukraine, Weißrussland, andere GUS-Staaten und der Türkei. Yandex war 2011 in New York an die Börse gegangen und hatte so 1,3 Milliarden Euro eingenommen. Ende Januar wurde bekannt, dass man in die Logistik-Servicefirma MultiShip investiert hat. Im vergangenen Jahr gab es noch laut diversen Medienberichten Spekulationen, wonach der ehemalige CIA-/ (Booz Allen Hamilton) bzw. NSA-Mitarbeiter Edward J. Snowden, der bekanntlich in das BRICS-Land Russland geflohen war, "künftig für eine große russische Website" arbeiten würde.

Jene damals nicht näher dargestellte Website (Firma) solle Snowden, laut seinem in Berichten angeführten Anwalt Anatoli Kutscherena, mit "unterstützen und entwickeln". Aus angeblichen Sicherheitsgründen wollte er (Anwalt) gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax aber nicht preisgeben, um welchen Arbeitgeber es sich handeln wird. Zuvor noch hatte der Boss (Pawel Durow) des russischen sozialen Netzwerks Vkontakte der Person Snowden, im August vergangenen Jahres, öffentlichkeitswirksam einen Job in dem Unternehmen angeboten. Die russischen Unternehmen Mail.RU oder auch Yandex meinten, man hätte Snowden nicht angeheuert.

Aber zurück zu Yandex. Schon in 2012 kündigte man an, dass der Deutschland-Start vorbereitet wird. Gegenüber der Publikation FOCUS gab zur damaligen Zeit der Mitgründer und Technikchef Ilja Walentinowitsch Segalowitsch zu verstehen: "Wir sprechen mit deutschen Netzbetreibern und Medienunternehmen über Partnerschaften". Segalowitsch war im Juli vergangenen Jahres in London (UK) verstorben - dieser war zusammen mit Arkadi J. Wolosch und Jelena Kolmanowskaja Gründer von Yandex (heute: viertgrößte Suchmaschine der Welt). Das Unternehmen hatte sich nach seiner Gründung binnen "weniger Jahre" zu einem milliardenschweren Konzern entwickelt.

Yandex war (über die Firma CompTek) im November 1997 online gegangen - somit etwa ein Jahr früher als Google in den USA, welches von dem in Moskau geborenen Sergei Michailowitsch Brin und Lawrence E. Page mit gegründet wurde. Heute betreibt Yandex unter anderem auch eine eigene "Schule für Datenanalyse", zusammen mit dem Moskauer Institut für Physik und Technologie gibt es ein entsprechendes "Masterprogramm". In russischen Gefilden besitzt man eigenen Darstellungen zufolge den größten Server-Park. Vor einigen Jahren wurde bekannt, dass man seitens Yandex laut Heise-Online vertrauliche Kundendaten des vom Unternehmen betriebenen Bezahldienstleisters an den russischen Inlandsgeheimdienst FSB (welcher nach der Selbstauflösung der Sowjets aus dem KGB hervorgegangen war) weitergegeben hatte.

In einem Online-Artikel der Heinrich-Böll-Stiftung ("Internet in Russland nach Dymowskij") schrieb man vor geraumer Zeit, dass eine Sperrminorität der Aktien der populärsten russischen Suchmaschine Yandex an die in Staatsbesitz befindliche Sberbank ging. Im Vorfeld bezeichnete man Yandex staatlicherseits als "strategisches Unternehmen". In dem Artikel hob man ebenfalls den schon seit langer Zeit praktizierten Zugriff des russischen Geheimdienstes auf praktisch alle Rechenzentren (RU) hervor. Provider sind seit den 1990er Jahren verpflichtet, "technischen Zugang" zu gewähren.

In 2011 berichtete die britische BBC, dass Yandex wohl auch vertrauliche Daten des regierungskritischen Bloggers Alexei Navalny und seiner Unterstützer an den russischen Inlandsgeheimdienst weitergegeben hätte. Mit Blick zurück auf die ausländischen Märkte, die Yandex erobern wolle, um angeblich Google Konkurrenz zu machen, meinte der Yandex-Mitgründer Segalowitsch in einem Interview (Anfang 2013) mit "Zeit online": "Wir lieben und bewundern Deutschland [...] haben auch Respekt vor diesem großen Markt [...] Wir können nicht einfach losziehen, wir müssen das geschickt angehen".

Relativ wenig Beachtung fanden, im medialen Dauerfeuer der forcierten NSA-Enthüllungen, im vergangenen Jahr Berichte, wonach russische Geheimdienststrukturen nun die komplette Kontrolle über russische Internetnutzer erhalten sollten. Die russische Zeitung "Kommersant" verkündete stolz, das aus Sowjet-Strukturen hervorgegangene Ministerium für Telekommunikation hätte das umfängliche Vorgehen in Belangen der Überwachungsmaßnahmen bereits mit dem KGB-Nachfolger FSB "abgestimmt". Die Publikation "Tagesspiegel" berichtete, die Datensammelwut werde sich nicht nur auf rein russische Dienste beschränken, sondern auch die Populären Anbieter wie Yandex oder VKontakte mit einbeziehen.

Laut der österreichischen "DiePresse" kennen die russischen Geheimdienststrukturen bei der Informationsbeschaffung kaum Grenzen. In dem Bericht führte man neben der Internetthematik auch an, dass der russische Bush-Klon und KGB-Mann, bzw. aktuell erneuter Präsident, Putin vor einigen Jahren angeblich noch die Abteilung der Gegenspionage des FSB damit angewiesen hätte, Aktivitäten gegen deutsche Einrichtungen deutlich herunterzufahren. Jene Zurückhaltung gelte laut jüngsten Entwicklungen aber nicht mehr. Ein Diplomat wurde angeführt, dass dies alles in der Vergangenheit sowieso nur eine Art Taktik war: Die Russen hätten sich nie zurückgehalten (mehr).

Zwar verfügen US-Strukturen nach neueren Forschungen über eine dreistellige Anzahl an Geheimdiensten, trotzdem würden die Informationen an zentraler Stelle zusammenlaufen – wie zum Beispiel zur NSA (National Security Agency), deren (NSA) Existenz wurde zu Beginn über Jahre komplett geleugnet. In Russland erhob man in der Vergangenheit den Geheimdienst fast zur Staatsform. In Sowjet-Gefilden taugte wie heute in Russland die Verfassung meist nicht direkt dazu irgendwelche Rechte den Massen zukommen zu lassen, sondern vielmehr um ahnungslose und leichtgläubige ausländische Bürger über die schockierende Realität hinwegzutäuschen. Deutlich machen könnte dies auch, dass zuletzt die Pressefreiheit in Russland weiterhin auf Sowjetniveau lag (mehr).

Das oben angeführte SORM bezeichnet man als "System operativer Suchmethoden". Jenes Überwachungssystem reicht wie andere Altlasten weit in die Sowjet-Ära zurück. In den 1990er Jahren hatte man bereits ein Gesetz durchgewunken, zur umfänglichen Überwachung sämtlicher Kommunikationen. Gruselig wird es natürlich dann, wenn nebulöse Strukturen zusammenarbeiten. Der Autor der Publikation "Weltoktober" berichtete zum Beispiel: Der Bundesnachrichtendienst (BND; in Deutschland) bestätigte mittlerweile sogar, dass die Zusammenarbeit zwischen russischem Geheimdienst und der Mafia mit ausdrücklicher Unterstützung durch die Regierung (RU) stattfinden würde.

Mit Verweis auf den investigativen deutschen Autor; Journalisten Jürgen Roth hieß es zur Thematik ebenfalls vor wenigen Jahren noch: Dass zahlreiche in der Sowjetunion inhaftierte Kriminelle vom KGB zu Beginn der 1980er Jahre das Angebot zur Kollaboration bekommen hätten, womit die Grundlage für das urplötzliche Auftauchen der sogenannten Russenmafia geschaffen worden sei. Es hieß: "Tatsache ist, dass der KGB Anfang der [1980er Jahre] viele hochkarätige Kriminelle rekrutiert hatte, die später als Mafiabosse, zum Beispiel in Moskau und Litauen, Berühmtheit erlangten. Einige von ihnen haben sogar Banken und Ölfirmen in den [1990er] Jahren übernommen. Das Startgeld kam vom KGB".

Parallel zur Rekrutierung derartiger Individuen wurden zur damaligen Zeit auch meist junge KGB- und GRU-Agenten speziell für die Konservierung der sowjetischen Wirtschaft unter der Kontrolle der Geheimdienste vorbereitet. "Angehende Agenten seien damals buchstäblich von ihren Vorgesetzten gefragt worden, ob sie Lust hätten Milliardär zu werden". Und nachfolgend sollten nicht wenige dieser Personen zu den berüchtigten Oligarchen werden, die Jelzins Russland mitprägten. In anderen Belangen hieß es in einem russischen Gesetz, um an dieser Stelle auf die Thematik „Überwachung“ zurückzukommen: Die "Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und des wissenschaftlich-technischen Fortschritts des Landes durch Beschaffung von wirtschaftlichen und wissenschaftlich-technischen Informationen durch die Organe der Auslandsaufklärung" muss unternommen werden (mehr).

  
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