EU will Datenschutz Grundverordnung


(C) jonsson, 2008, Bild: flickr (CC BY 2.0)

Wenn Regierungen oder noch schlimmer nebulös zusammengekittete supranationale Konstrukte wie die EU eine wohlwollend klingende Datenschutz-Grundverordnung durchboxen wollen, ist damit in politischer Sprache meist genau das Gegenteil gemeint. Die Theorie lautet, dass diverse einflussreiche Kreise sich für den Rest der Menschen ausdenken sollen, was Datenschutz als solchen definiert und was nicht. Seitens der deutschen Bundesregierung hatte sich zum Thema der Datenschutz-Grundverordnung (EU) nun auch der erneute Bundesinnenminister de Maizière (CDU) zu Wort gemeldet.

In einem werbenden Beitrag in der FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) heißt es: "Wir Europäer müssen gemeinsam wissen, was wir wollen und ein europäisches Datenschutzrecht schaffen, das internettauglich ist". Heute würde man dem Minister zufolge "ganz neu darüber" diskutieren, ob die Daten beim sich deutlich seriöser anhörenden "demokratischen Staat" besser aufgehoben sein könnten als bei weltweit vernetzten Privatfirmen. Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière forderte deshalb, dass nun eine "grundlegende Reform" des Datenschutzrechts vollzogen werden muss, am besten auf europäischer - vielleicht auch auf internationaler - Ebene.

Heute sei es noch so, dass das Internet von den meisten als "grenzenlos frei wahrgenommen" wird, was natürlich Gefahren berge und entsprechende Strukturen hätten nun eine passende Lösung. Im weiteren Verlauf des FAZ-Beitrags schwadroniert der Minister noch davon, dass die Daten heute so etwas wie eine "Währung des 21. Jahrhunderts" sind und durch das sog. "Netzverhalten" der Menschen hätte man nun so etwas wie eine "Freihandelszone ungekannten Ausmaßes geschaffen". Freilich muss zum besseren Verständnis der Äußerungen des de Maizières an dieser Stelle noch angefügt werden, dass er selbst nicht mal dazu in der Lage ist einen Taschenrechner in PHP zu programmieren.

Die Europäer sollten nun dem Minister zufolge "gemeinsam wissen", was man will, und dazu ein "europäisches Datenschutzrecht schaffen". Dieses müsse internettauglich sein - er definiert jedoch nicht, was damit genau gemeint sein könnte, im schlimmsten Fall genau das, was ihnen jetzt durch den Kopf geht. Nachdem es bei Herrn de Maizière ominöse Irritationen in seiner Zeit als Bundesverteidigungsminister gab, will er nun offenbar als Innenminister das ganz große Rad drehen, um ein ultradynamisches Wesen wie das Internet planwirtschaftlich mit statisch-wirkenden zusammengedichteten Gesetzesstrukturen zu zersetzen.

Das Internet sei heute zwar noch ein Raum, in dem Individuen ihre Meinungsfreiheit und andere verordnete Grundrechte nutzen könnten, doch da sich in den virtuellen Welten "Erfindungsgeist und Unternehmertum" treffen, sehe der Minister hier Chance und Risiko für den Einzelnen, für die Wirtschaft, für die Politik, ja für alle Lebensbereiche zugleich. Um nun passend einzuwirken müsse man "neue Formen der globalen kommunikativen Verantwortung finden". Im weiteren Verlauf heißt es, dass der Staat einen selbstdefinierten Schutzauftrag hat, aber er könne nicht alles richten, "schon gar nicht national" (? = wahrscheinlich international gemeint). Ergo: Wie auch in anderen Bereichen wie globaler Klimawandel, Terror und Co. müsse es nun auch für das Internet am besten eine globale Kontrollinstanz/Gesetze als Lösung geben.

Die luxemburgische EU-Kommissarin für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft Viviane Reding hatte im Januar 2012 für die EU-Kommission eine solch neue Datenschutz-Grundverordnung vorgestellt. Damals hieß es, dass dadurch die "Regeln" für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch Unternehmen EU-weit vereinheitlicht und die Datenschutzrichtlinie von 1995 ersetzt werden soll. Wie das Internet bis heute hin auch ohne diesen sinnlosen EU-Firlefanz überlebt hat und kreativ gediehen ist, kann Ihnen wohl nur die EU-Kommission als supranationaler Götter-Rat erklären. Damals hieß es bizarrerweise aber auch, dass mit dieser EU-Verordnung ein einheitlicher verbindlicher europäischer Mindeststandard etabliert werden soll, um angeblich "zusätzlich strengere nationale Gesetze zu ermöglichen". Es seien "wirksame Kontrollen und spürbare Strafen bei Verstößen" notwendig.

Die EU-Kommissarin Reding, die sich in der Vergangenheit immer wieder über Hobby-Blogger aufregte, welche online über die EU lästerten, sprach Anfang Dezember 2013 noch von einem "enttäuschenden Tag für den Datenschutz", nachdem es noch keine Einigung auf eine durchzusetzende EU-Datenschutzreform im EU-Rat gab. Die nicht vom EU-Bürger gewählte und als Kommissarin eingesetzte Reding hätte eigenen Worten zufolge beobachten können, dass der Rat nur "Rückschritte" gemacht hat und nun offenbar "verfrüht in einen tiefen Winterschlaf gefallen" sei. Anhand dieser Sprüche kann man ungefähr auch schon die innere Logik bzw. Unlogik allgemein der EU-Datenschutz-Grundverordnung ableiten. Reding hoffe, dass die unter Druck gesetzte griechische Regierung Anfang 2014 das Ruder herumreißen kann, da diese den Ratsvorsitz übernimmt.

Im Zusammenhang kann ggf. erwähnt werden, dass der CCC (Chaos Computer Club) im vergangenen Jahr in Deutschland einen offenen Brief an Innenminister Friedrich geschickt hatte. Darin wird u.a. kritisiert, dass Deutschland sich in der EU dafür einsetzte, das heutige Datenschutzniveau weiter abzusenken. Diverse Bürgerrechtsorganisationen berichteten, man habe angeblich ebenfalls aus EU-Verhandlungskreisen erfahren, dass sich deutsche Regierungsvertreter bei der geplanten EU-Datenschutzgrundverordnung für eine Verringerung des Datenschutzes einsetzten. Dies scheint also genau das Gegenteil davon zu sein, was der Minister de Maizière (CDU) jüngst noch der FAZ, siehe oben, zu verstehen gab. In diesem Zusammenhang könnte Sie ggf. das Buch "Die Vereinigten Staaten von Europa" interessieren, speziell das Kapitel: "Politik als Wettbewerb der Psychopathen".

  
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