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Schon vor einigen Jahren hatte man in der Süddeutschen-Zeitung Putins Plädoyer für eine "Wirtschaftsgemeinschaft von Lissabon bis Wladiwostok" abgedruckt. Rückblickend meinte der sowjetische Überläufer Anatoli M. Golizyn Mitte der 1980er Jahre in westlichen Medien über die Langfristpläne der roten Aristokraten, welche u.a. erstmal ein wenig auf freien Markt und Potemkin-"Kapitalismus" machen wollten, um sich so beim Westen einzuschleimen und gleichzeitig wichtige Schalthebel durch dortig vorherrschende mehr "Freiheiten" auch mittels Investitionen zu übernehmen - es sei die Erschaffung eines einzigen Europas "vom Atlantik bis zum Ural" geplant gewesen.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow meinte im Oktober beim Königlichen Egmont-Institut für internationale Beziehungen in Brüssel (Belgien), er hoffe für Russland, dass es zur Schaffung eines ("einheitlichen") ("humanitären") Wirtschaftsraums mit der Europäischen Union kommt. Laut dem russischen Präsidenten Putin könne man sich vorstellen, dass die eurasische Integration später mehr und mehr in einem Zusammenschluss zwischen Eurasischer Union (EAU) und Europäischer Union (EU) führen können wird. Bis 2015 plane man die EAU auf die Beine zu stellen, als Vorläufer-Struktur gilt die Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft (EAWG). Lawrow meinte beim Königlichen Egmont-Institut: "Dieses Ziel ist in der von Präsident Putin gebilligten Konzeption zur Außenpolitik Russlands verankert, in der die Aufgabe der Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsraumes vom Atlantik bis zum Pazifik gestellt worden ist".
Länder der geformten Zollunion wären Putins zitierten Worten in Ria Nowosti zufolge auch für die Zusammenarbeit mit anderen Ländern und Bündnissen (wie EU) offen. Man strebe eine "umfassende Kooperation" an. Im November lobte Putin noch die Idee zur Formung eines Parlaments der Eurasischen Union. Man gehe laut Putin davon aus, "dass die europäische und die eurasische Integration einander ergänzen könnte". Die durch Russland forcierte Idee der Eurasischen Union solle später erst einmal aus den Staaten Russland, Weißrussland und Kasachstan bestehen, man wolle sie umsetzen nach Vorbild der Europäischen Union (EU). Tadschikistan und Kirgistan könnten nach der Gründung als Mitglieder folgen.
Zudem versucht der russische Präsident Putin, die Ukraine für eine Mitgliedschaft zu gewinnen. In der vergangenen Woche meinte der ukrainische Präsident Janukowitsch, die Ukraine könnte Beobachter bei der Eurasischen Union und der Zollunion und gleichzeitig assoziiertes Mitglied der Europäischen Union sein. Laut der deutschen Konrad-Adenauer-Stiftung, im Dokument: "Die Eurasische Union – eine eurasische EU?", hieß es im April 2013, dass die Ukraine vor grundlegenden politischen Entscheidung stehen würde, nämlich die Annäherung in Richtung Europäische Union (EU) oder eine Integration in die von Putin für das Jahr 2015 geplante Eurasische Union.
EU-Kommissionspräsident Barrosso sprach angeblich von einer "Entweder-oder-Entscheidung". In dem Dokument der Stiftung sprach man auch die bereits damals durch den ukrainischen Präsidenten Janukowitsch ins Spiel gebrachte "3+1-Lösung" an. Die Lösung würde vorsehen, dass die Ukraine in diesem Fall das Assoziierungsabkommen mit der EU eingeht, welches zuletzt nur "ausgesetzt" worden war, und gleichzeitig ein entsprechendes Abkommen mit der Zollunion gesucht wird, also mit einem Sonderstatus zu den drei derzeitigen Mitgliedstaaten.
Durch die EU-Kommission sah man ein solches Unterfangen wohl aber offiziell eher ungern, wegen einer wahrgenommenen Zwitterstellung durch die EU. Janukowitsch sprach Mitte Dezember 2013 davon, dass man mit der vollzogenen Aussetzung der Vorbereitungen für die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union nicht auf die europäische Integration verzichtet, sondern nur eine Pause eingelegt habe. Man wolle das Abkommen mit der EU unterzeichnen, sobald die Ukraine in wirtschaftlicher Hinsicht darauf vorbereitet ist, so der ukrainische Präsident laut Zitierungen der ehemaligen KGB-Mühle Ria Nowosti.
Unterdessen gab der Präsident Kasachstans (Hauptstadt: Astana) Nursultan Nasarbajew zu verstehen, dass die Gründung der Eurasischen Wirtschaftsunion kein Versuch sei, das "Projekt" Sowjetunion zu reanimieren. Es werde keinen Rückfall in die Vergangenheit geben. Aus der kurz angemerkten Hauptstadt Astana wolle man laut dem Chefplaner, Wladimir Laptew, eine Art Berlin in eurasischer Version erbauen. Bizarre Bauwerke wie Pyramiden wurden bereits hochgezogen (Bilder).
Allgemeiner Anhang:
Der oben kurz angeführte Anatoli M. Golizyn erzählte Mitte der 1980er Jahre zu den Langfristplänen der roten Aristokraten über die Erschaffung eines einzigen Europas vom Atlantik bis zum Ural, einschließlich eines wiedervereinigten und neutralen Deutschlands. Golizyn gilt bei vielen als einer der wichtigsten Überläufer, bzw. eher dessen Informationen gelten als wichtig, die rausposaunt wurden. Er war 1961 übergelaufen und konnte zahlreiche Spione, darunter Kim Philby und Anthony Blunt, Donald Duart Maclean, Guy Burgess von den sog. "Cambridge Five", John Vassall sowie Alexander Kopazky (eigentlich: Franz Koischwitz von dem BND-Vorläufer Organisation Gehlen) enttarnen.
Laut der Person T.H. Tetens, Autor der Werke: "The New Germany and the Old Nazis", "Germany Plots with the Kremlin" oder auch "Know your enemy" - Mitglied der amerikanischen Kriegsverbrecherkommission, seien im Juni 1945 durch Alliierte-Strukturen bei der Übergangsregierung um Großadmiral Dönitz diverse Dokumente sichergestellt worden, welche in der Zusammenfassung dargestellt werden als: "Generalplan 1945". Zu sehen sind die Initialen des Dönitz und des Generalfeldmarschalls Keitel.
In einem der Dokumente (Deutsche Freiheitsbewegung) schrieb man, man wolle nicht mehr in ein "kapitalistisches System" zurückfallen. Während einer Periode des Wideraufbaus wolle man Deutschland zurück zur alten Stärke bringen. In dem Dokument "Überwindung der Katastrophe" soll es heißen, als Anhang zum Generalplan 1945 (Berlin, 5.4.1945), als einzige Lösung werde zu diesem Zeitpunkt ein "Sonderfriede" mit dem Osten angesehen. Damalige Bedingung war demnach auch, dass Deutschland mit der sich im Endeffekt selbstaufgelösten Sowjetunion zusammengehen sollte, und sie bilden dann die "Sozialistische Union".
Laut damaligen Plänen (Sozialistische Union) sei vorgesehen gewesen: "Anknüpfend an die Verselbstständigung der sechszehn sowjetischen Teilrepubliken im Jahr 1943 bilden auch die europäischen Völker national abgegrenzte, selbstgeführte Staatskörper, die verbunden werden durch eine Wehr- und Wirtschaftsunion. Die Gestaltung im Inneren bleibt in jeder Hinsicht den einzelnen Völkern freigestellt". Somit könne ein "Kontinentalblock von Ozean zu Ozean entstehen", einer "von weltbeherrschender Größe". In den damals vorgezeichneten "Zukunftsperspektiven" hieß es unter anderem, dass die beiden Großvölker der Deutschen und Russen außerordentliche Möglichkeiten der Entwicklung haben würden, ohne dass sich ihre Interessen überschneiden werden.
Nachfolgend könne damaliger Auffassung zufolge ein Bündnis entstehen, demnach der "jungen sozialistischen Kräfte", "gegen die alten verrotteten Beharrungsmächte des Westens". Spekuliert wird, ob in den Untergrund abgetauchte Nazi-Netzwerke (siehe ggf. bspw. "Madrid Circular") die Amerikaner davon überzeugt haben könnten, ein ökonomisch starkes und wiederbewaffnetes Deutschland als Bollwerk (abweichend also vom Morgenthau-Plan) gegen den Kommunismus hochzuziehen, während man insgeheim aber weiter daran werkelte, die Bildung einer sozialistischen paneuropäischen Union inkl. Russlands umzusetzen.
Gorbatschow verlautbarte am 10. April 1990 beim Konsomol-Kongress, dass der gegenwärtige Zeitabschnitt vielleicht die wichtigste "Wasserscheide" der Weltrevolution, "ja der Weltgeschichte" sei, denn diese Zeit verspreche ungeahnte Möglichkeiten. Im gleichen Jahr schwadronierte auf westlicher Seite der US-Präsident George H. W. Bush von einer "Neuen Weltordnung". Bei der Verleihung des Franz Josef Strauß-Preises meinte Michail Sergejewitsch Gorbatschow in 2011 unter anderem, man sollte ein System aufbauen, welches "globale Entscheidungen in unserer globalen Welt möglich macht. Wir brauchen dafür neue Mechanismen, neue Modelle [...] Sie haben eine Initiative für die Schaffung des Eurolands ergriffen, und falls die Besteuerungsmechanismen tatsächlich zu greifen beginnen, wird dieses System genau das sein, was Europa und die ganze Welt" brauchen wird.
Der von vielen benannte "Gorbi" fabulierte weiter: "Ich habe den Eindruck, dass wir uns gewiss noch nicht aus der alten Krise herausgearbeitet haben, indes zeichnen sich Merkmale einer neuen Krise am Horizont ab. Lenin tröstete zu seiner Zeit seine Kampfgefährten mit den Worten: Ja, es stimme, dass man ein Chaos habe, aber aus dem Chaos entstehen neue Lebensformen". Nachfolgend drohte der ehemalige Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei (KPdSU) der (sich selbstaufgelösten) Sowjetunion Gorbatschow noch mal eben mit Krieg, sollte keine Ordnung aus dem Chaos entstehen - wobei Medienberichten zufolge das Publikum lachte und klatschte.
Als "Gorbi" im Juni 1992 seine Nobelpreisrede in Oslo nachholte, meinte er: "Unsere Vision eines europäischen Raumes vom Atlantik bis zum Ural ist nicht die eines geschlossenen Systems [...] geht es über die nominellen geografischen Grenzen hinaus". Bei einem Besuch "Gorbis" im März 2000 (London) bezeichnete er die EU als "neuen europäischen Sowjet". Im November 2010 berichtete die deutsche Publikation "Spiegel" zum damaligen russischen Präsidenten Medwedew unter anderem auch: "Diplomaten berichteten, Medwedew mache sich für ein System vom Atlantik bis zum Ural stark, das mehr als nur eine Vernetzung nationaler Einheiten von Abwehrraketen sei".
In der 1990 verlesenen Dankesrede (für den Friedensnobelpreis) des "Gorbis" hieß es: "Immanuel Kant prophezeite, dass die Menschheit eines Tages mit einem Dilemma konfrontiert sein wird: Entweder vereint in einer wahren Union der Nationen oder in einem Vernichtungskrieg unterzugehen, der mit der Auslöschung der menschlichen Rasse endet. Jetzt, wo wir uns vom zweiten ins dritte Jahrtausend bewegen, hat die Stunde der Wahrheit geschlagen [...] Es ist meine Hoffnung, dass ein solches Europa von den Nationen und Regierungen in anderen Teilen der Welt als ein Beispiel für universelle Sicherheit und echte Kooperation verstanden und akzeptiert wird [...] Der Nobelpreis von 1990 bestätigt, dass die Perestroika [Anmerkung: für "Umgestaltung, Umstrukturierung"...] nicht mehr länger uns gehört, der Bevölkerung der Sowjetunion [...] das Eigentum der gesamten Menschheit und ein untrennbarer Teil ihres Schicksals und einer sicheren, friedlichen Zukunft".
Weiterführendes zur Thematik nachschlagen:
"Die vereinigten Staaten von Europa" (ISBN: 978-3898798204)
"The New Germany and the Old Nazis" (ASIN: B0000CLB0O)
"Germany Plots with the Kremlin" (ASIN: B0007DF9WE)
"Know your enemy" (ASIN: B0006D8Q5C)
"Das Schwarzbuch des KGB" (ISBN: 978-3548362663)
"Mein Manifest für die Erde"; Gorbatschow (ISBN: 978-3593372150)
"Sowjets siegen durch Spione" (ASIN: B0000BJU93)
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