Erdogan: Gegnern werden die Arme gebrochen


(C) Jeremy Vandel, 2009, Bild: flickr (CC BY 2.0)

Recep Tayyip Erdogan, der türkische Ministerpräsident, hatte nun seinen potenziellen Gegnern laut Publikation Hürriyet Daily News (vormals Turkish Daily News) versprochen, ihnen die Arme zu brechen, sollten diese nicht damit aufhören, die Regierung der Türkei zu verleumden. Die Zeitung berief sich auf eine Erklärung Erdogans, welche er demnach auf einer Kundgebung von Anhängern seiner Partei Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP) abgab. Erdogan hatte in der Vergangenheit bspw. auch mit dem russischen Präsidenten Putin "fleißig" verhandelt, unter anderem im Zusammenhang mit der Leitung South Stream - des russischen Gasmonopolisten Gazprom und des italienischen Energieversorgers ENI. Die South-Stream-Leitung gilt als Konkurrenz für das Nabucco-Projekt, mit dem Gas von Zentralasien unter Umgehung Russlands nach Europa gebracht werden soll.

Der türkische Regierungschef habe laut Hürriyet Daily News jene Individuen als potenzielle Spione und Verräter bezeichnet, welche die Verhaftung und Festnahme der türkischen Beamten und der Söhne von Ministern initiiert hatten. Laut Erdogans zitierten Äußerungen stelle die Operation von Spezialdiensten zur Bekämpfung der Korruption angeblich eine internationale Verschwörung dar.

Wie die deutschsprachige Publikation "FOCUS" vor wenigen Tagen berichtete, habe die türkische Regierung auch mit der Ausweisung ausländischer Botschafter gedroht. Demnach wären verschiedene dieser Individuen in "Provokationen verwickelt", um den türkischen Staat zu untergraben. In türkischen Medien sprach man gar von einer "Zersetzungsoperation". Erdogan nannte zwar laut Focus keine Namen von Diplomaten, es handele sich den Beobachtungen zufolge aber eindeutig um eine Schmutzkampagne gegen die türkische Führung.

Spekulationen zufolge würde sich die türkische Drohung wohl auch gegen den US-Botschafter Francis Ricciardone aus dem US-amerikanischen Boston, Massachusetts richten. Dieser hätte angeblich vor EU-Vertretern verlautbart, dass die US-Regierung die staatliche türkische Bank Halkbank Ankara dazu drängen würde, ihre Geschäfte mit dem Iran zu stoppen. Durch die türkische Publikation Yeni Safak (dt. "Neue Morgendämmerung") hatte man auch ein Foto des US-Botschafters veröffentlicht, flankiert mit der Überschrift: "Verlasse die Türkei".

Weitere türkische Medien, welche insgesamt als staatsnah bezeichnet werden können, bezichtigten US-Strukturen in der Türkei sich für Ermittlungen gegen die staatliche Halkbank einzusetzen. Der Geschäftsführer der Bank, Ministersöhne (u.a. Wirtschaftsminister Zafer Caglayan bzw. Innenminister Muammer Güler) und zahlreiche weitere Personen wurden in der Türkei kürzlich festgenommen, neben dem Polizeichef von Istanbul und ranghohen Polizeibeamten. Unterdessen hielt Erdogan laut Springer-Publikation "Die Welt" an seiner Behauptung fest, dass die in der Türkei forcierten Spannungen Teil einer "internationalen Verschwörung" sind.

Seit letzter Woche seien mittlerweile über 70 Tatverdächtige in Gewahrsam genommen worden. Darunter wären viele Personen, die Verbindungen zum innersten Kreis um Erdogan hätten. Gegen weitere Minister lägen auch Anträge der Staatsanwälte auf Aufhebung der Immunität vor. Der angeführte US-Botschafter Ricciardone habe laut türkischen Medien gegenüber westlichen Diplomaten gesagt: "Nun werdet ihr den Zusammenbruch eines Imperiums erleben" - womit wohl die Türkei gemeint gewesen war. Zu den Massenfestnahmen in Führungszirkeln des Landes kommentierte Erdogan unter anderem auch, man werde "dreckige Operationen" gegen die Regierung nicht zulassen.

Zahlreiche Personen im Staatsdienst wurden u.a. wegen der Überschreitung ihrer Befugnisse festgenommen, darunter wohl auch ein Beamter der bei der Razzia federführenden Finanzdirektion. Verschiedenen Personen wird in dem Fallkomplex aktive Bestechung, Betrug und Geldwäsche vorgeworfen. Die Opposition forderte unterdessen Erdogan zum Rücktritt auf. Die Halkbank, deren Chef Süleyman Aslan unter dem Verdacht der Bestechung festgenommen worden war, wies "Spiegel" zufolge mittlerweile Vorwürfe wegen ihrer Iran-Geschäfte zurück. In Aslans Haus hatte man im Rahmen der Razzia-Maßnahmen in Schuhkartons versteckt rund 4,5 Millionen US-Dollar in bar gefunden.

Allgemeiner Anhang:

Als Hintergrund der türkischen Irritationen wird Medienberichten zufolge offenbar auch ein Streit des Regierungschefs Erdogan mit dem in den USA lebenden islamistischen Prediger Fetullah Gülen gesehen. Angeblich gelte im Justiz- und Polizeiapparat der Türkei die sogenannte Gülen-Bewegung als besonders einflussreich. Der Gülen-Bewegung werden hunderttausende Mitglieder zugerechnet und sie verfügt Beobachtern zufolge über hunderte von Unterorganisationen und Kongressen in etwa 50 Ländern. In der Vergangenheit gab es gegen die Bewegung Vorwürfe, wonach diese eine systematische Unterwanderung der türkischen Polizei und Justiz anstrebe, um einen "Staat im Staat" (Tiefer Staat) errichten zu wollen.

In jüngster Zeit wurde in der Türkei auch durch ein Gerichtsverfahren besonders die Untergrundorganisation Ergenekon bekannt (mehr), die im Verfahren beschuldigt wird, ein zentraler Bestandteil des tiefen Staats zu sein. Zu Mitgliedern zählten demnach unter anderem Ex-Militärs, Rechtsanwälte, Geschäftsleute, Politiker und Journalisten. In anderen Ländern konnte man in der Vergangenheit ähnliches beobachten, wie u.a. in Italien durch die vormalige P2 (Propaganda Due). Dies war ursprünglich eine italienische Freimaurerloge - man strikte ein konspiratives Netzwerk aus Führungspersonen der Polizei, des Militärs, der Wirtschaft, der Politik, der Mafia und von Geheimdiensten.

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In diesem Zusammenhang wurde bspw. auch in Berichterstattungen zur Thematik die bekanntgewordene Stay-behind-Organisation der NATO/CIA und Co. mit angeführt. Welche bspw. in verschiedenen europäischen Ländern mehrheitlich rechte Untergrundzellen aufzog, welche im Rahmen zur Formung gesellschaftlicher Spannungen Anschläge vollzogen - wie etwa auch der Autor Daniele Ganser in seiner Publikation "Nato-Geheimarmeen in Europa: Inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung" darstellt.

  
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