EU USA TTIP

Wegen des Transatlantischen Freihandelsabkommens wuchsen zuletzt kritische Töne, insbesondere auch an der Intransparenz der Verhandlungen, weiter an. Aktuelles Ziel sei, einen schnellen Verhandlungsabschluss zu erreichen, wohl bis 2015 (anderen Quellen zufolge bis Herbst 2014).
Kritiker meinen, es könne nicht sein, dass etwa ein EU-Kommissar mit einem Verhandlungsvertreter der USA Geheimgespräche absolviert und später das Parlament nur "ja" oder "nein" sagen darf. Die Verhandlungsleitlinien für ein Freihandelsabkommen der EU mit den USA gelten dabei als "EU restricted", in Deutschland bspw. dürfen nur oberste Bundes- und Landesbehörden auf entsprechende Informationen zugreifen.
Zwischen den USA und der EU wurden Medienberichten zufolge, seit Beginn der Verhandlungen, etwa 600 Konsultationen geführt, speziell mit Vertretern aus der Industrie - von EADS über Morgan Stanley bis hin zu Monsanto. Auf der anderen Seite gab es mit Vertretern der Zivilgesellschaft nur eine geringe Anzahl (weniger als zehn) an bisher vollzogenen Treffen. Kritiker befürchteten in den vergangenen Monaten u.a. eine Aufweichung bisher geltender Standards in verschiedenen Bereichen, denn speziell auch beim Verbraucherschutz gibt es zwischen den USA und Europa große Unterschiede.
Weitere kritisierte Punkte waren bspw. auch der Einsatz von Gentechnik allgemein, das Klonen oder die Kennzeichnung von genmanipulierten Produkten. Sollten sich die USA in den Verhandlungen mit ihren Anliegen durchsetzen, könnte es letztlich für gentechnikfreie Produkte in Europa eng werden. Würden auch Verbote für den Anbau genmanipulierter Pflanzen fallen, würde dies zu gravierenden Auswirkungen, auch auf die europäische Landwirtschaft selbst, führen.
Es könnte besonders für viele kleinere/mittlere Bauern mit Abschluss des Abkommens zu Problemen kommen. Zudem sieht man einen weiter ansteigenden Verdrängungswettbewerb, zulasten hochwertiger europäischer Lebensmittel. Es droht neben Arbeitsplatzverlusten in ländlichen Gebieten auch insgesamt eine Ausweitung niedrig entlohnter Beschäftigung. Offiziell für die Masse verkauft werden die geheimen Verhandlungen derart, es werde ja später "mehr Jobs, mehr Wirtschaftswachstum und billigere Waren" geben.
Tatsächlich scheint es nicht um Jobs und Wohlstand zu gehen, wie die EU-Propaganda den Bürgern weismachen möchte, sondern um Gentechnik oder auch das umstrittene Fracking-Verfahren bei der Gasförderung. Konzerne könnten künftig aber auch den Marktzugang für Produkte einklagen. Dies möglicherweise auch dann, wenn soziale oder Umwelt-Standards nicht eingehalten werden. Es sei Medienberichten zufolge ggf. auch machbar, künftige, erwartete, entgangene Gewinne einzuklagen.
Laut einem Bericht von "derStandard" könnten Konzerne auch Staaten verklagen (die Steuerzahler des betreffenden Landes müssten wohl für Schadenersatzzahlungen aufkommen) - dies nicht einmal bei ordentlichen Gerichten - sondern bei einzurichtenden Schiedsstellen (in geheimen Verfahren). Schon im Sommer laufenden Jahres hatte das TV-Magazin "Monitor" berichtet, als die Verhandlungen aufgenommen wurden, dass mittels internationaler Verträge wohl speziell Großkonzerne ihre Interessen gegenüber Staaten durchsetzen könnten - also entgegen dem als demokratisch verstandenen Rechtssystem.
Bemängelt wurde bezgl. des Freihandelsabkommens TTIP auch, dass es praktisch unumkehrbar sei. Ist es einmal beschlossen worden, sind die Verträge für gewählte Politiker nicht mehr zu ändern. Denn bei jeder Änderung müssen alle Vertragspartner zustimmen. Bisher durchgesickerten Informationen zufolge ist das TTIP wohl auch kein Freihandelsabkommen im klassischen Sinne - also speziell die Abschaffung von Zöllen und Handelsschranken - denn diese gibt es zwischen Europa und den USA kaum noch.
Vielmehr ziele die ganze Sache insbesondere auch auf nicht-tarifäre Handelshemmnisse ab, worunter alles Mögliche gestellt werden kann, wie der Verbraucherschutz, die Kennzeichnungspflicht (Lebensmittel), der Datenschutz, Gesundheitswesen, Energieversorgung, Patente und Urheberrechte, Emissionswerte oder auch die Arbeitsmöglichkeiten von Immigranten, die öffentliche Auftragsvergabe oder auch die Arbeitnehmerrechte.
Wie die online Publikation NetzPolitik.org erst Ende November laufenden Jahres berichtete, wurde die PR-Strategie der EU-Kommission zum geplanten Transatlantischen Handelsabkommen TTIP (TAFTA) „geleakt“. Darin heißt es, man solle der breiten Bevölkerung die geheim geführten Verhandlungen derart verkaufen, dass dies insgesamt mehr "Jobs" bringen wird. Man dürfe TTIP nur positiv kommunizieren und das am besten von Anfang an.
Durch das Centre for Economic Policy Research (CEPR) kam man einer Untersuchung zufolge zu dem Ergebnis, dass später im Schnitt ein zusätzliches jährliches Wachstum von etwa "0,03 Prozent" für die EU und die USA zu sehen sei. Angesichts der zahlreichen negativen Dinge, die mit der Etablierung des Abkommens einschlagen könnten, scheint dieses recht gering wirkende "Wachstumsplus" wohl vertretbar zu sein, wenn das Abkommen nicht umgesetzt wird.
Laut den optimistischsten Studien des deutschen ifo-Instituts und der elitären Bertelsmann-Stiftung könnte mit Blick auf Deutschland und die EU jährlich ein Wachstum von - immer noch mageren - 0,34 Prozent erreicht werden, in den USA selbst läge es bei 0,96 Prozent. Nach Angaben des ifo-Instituts würden in den nachfolgenden 15 Jahren, sollte das Abkommen durchgebracht werden, dann in der EU nur allerhöchstens 400.000 neue Arbeitsplätze entstehen (bei derzeit rund 500 Millionen Menschen) - und dies zusätzlich unter der Voraussetzung, dass das Handelsabkommen genauso weitreichend ausfallen wird, wie ein EU-Beitritt der USA.
