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Als vor fast 90 Jahren im Dezember 1925 das Kartell IG Farben, durch die größten deutschen Chemiefirmen, unter anderem Hoechst, Bayer, BASF und Agfa, aus dem Boden gestampft wurde, welche sich zur Interessengemeinschaft Farben zusammenschlossen, wusste die Welt noch nicht, dass jenes Unterfangen gleichzeitig den Boden des Zweiten Weltkrieges bilden sollte.
Das Handelsblatt titelte in einem "Special": "Der Konzern, der Hitler den Weltkrieg ermöglichte". Heute übrig geblieben sind als eigenständig geltende Konzerne Bayer, BASF oder Wacker. Der Megakonzern IG Farben liebte damals erst einmal den Liberalismus und freien Handel, doch später stellte er sich im losgetretenen Krieg in die Dienste des Staates und der Armee. Es ist heute kein Geheimnis, dass man in beiden Fällen prächtig verdiente. Nach dem Krieg wurde der Konzern von den Alliierten zerschlagen.
Da auch in diesem Jahr verschiedene Gedenk-Veranstaltungen, rund um die Nazi-Verbrechen oder das Kartell I.G.-Farben, stattfanden, wie etwa nach Bisingen der letzte Überlebende des KZ (Bisingen) extra aus Haifa, Israel nach Deutschland kam, um dem Verein "KZ-Gedenkstättenverein Bisingen" beizuwohnen, ist das Beispiel der IG Farben auch heute noch von höchster Relevanz, da es deutlich aufzeigt, welch dramatische Folgewirkungen es haben kann, wenn sich einflussreiche Unternehmen/Konzerne und die Politik zu nahe kommen.
Selbst heute noch gibt es verschiedene Nachwirkungen aus dem verbrecherischen Werk. So berichtete die Publikation "Zeit" kürzlich, dass die schnell tödliche Chemiewaffe Sarin eine deutsche Erfindung war. Der Giftstoff war rückblickend in 1938 in Wuppertal-Elberfeld entwickelt worden, später gelangte die tödliche Formel auch nach Russland. Nach der Entflechtung der I.G. Farbenindustrie AG, der Zerschlagung der produktiven Anteile in die Einzelkonzerne BAYER, BASF und HOECHST (heute Teil von SANOFI-AVENTIS), durch die Alliierte Hohe Kommission, stellte sich nachfolgend immer wieder heraus, dass keine schnelle Liquidation umgesetzt werden konnte.
Es wurden Vermögenswerte ins Ausland verschoben. Unter anderem waren dubiose Scheinverkäufe, Firmenübernahmen, umfängliche Steuerhinterziehung oder auch nebulöse Kapitalvermehrung in der mehr als 50 Jahre andauernden "Abwicklung" (Kritiker sprachen von einer beispiellosen Verschleppungstaktik) an der Tagesordnung. Gewinnmitnahmen erfolgten bspw. auch nachdem Immobilien auf dem Gebiet der Neuen Bundesländer (ehemalige DDR) rückübertragen wurden.
Illegale Menschenversuche haben in der chemischen Industrie eine recht lange und entsprechend unheilvolle Tradition. In der Nazi-Zeit führten Forscher der IG Farben in den KZ‘s grausame Experimente an Gefangenen durch. Nach dem Krieg setzten nicht wenige von ihnen ihre illegale Arbeit in Diensten der CIA weiter fort, wie unter anderem auch die Autoren Egmont R. Koch und Michael Wech in dem Buch "Deckname Artischocke" enthüllten.
Nach dem für Deutschland verlorenen Zweiten Weltkrieg setzten hochrangige US-amerikanische Stellen eine Liste mit rund 1000 Forschern der Bereiche Wehrtechnik, Drogen, biologische und chemische Waffen auf, mit denen eine "Zusammenarbeit" angestrebt wurde. Das größte Kontingent der "interessanten" Individuen stellte dabei die IG Farben. Während der IG-Farben-Herrschaft gab es bereits enge Verbindungen in die USA. Interessanterweise war rückblickend etwa ein gewisser John Foster Dulles nicht nur Mitbegründer des elitären Council on Foreign Relations (CFR – Gründung: 1921), Außenminister unter US-Präsident Dwight David Eisenhower, sondern auch der U.S.-General-Repräsentant der I.G. Farben gewesen - sowie Mitglied der Rockefeller Foundation.
Das sogenannte American Committee on "United Europe" (von anderen auch als Projekt der "Vereinigten Staaten von Europa" bezeichnet) förderte und finanzierte rückblickend in Europa auch über den US-amerikanischen Skull-and-Bones OSS-Nachfolger CIA (Central Intelligence Agency) sowie unter Zuhilfenahme der berüchtigten Ford Foundation und des Rockefeller Institutes "neue Medien", Kongresse wie "Freiheit der Kultur" und die „Europäische Bewegung“. Der Geheimdienst CIA ist entsprechend nach dem WK2 traditionell in Europa "aktiv". Lange galt das CIA-Quartier im Frankfurter IG-Farben-Haus (seit 2009 in Poelzig-Bau umbenannt) als ein verschlafener Außenposten, was sich nach dem 11. September 2001 jedoch schlagartig ändern sollte. Heute beherbergt das Gebäude einen Teil der Johann Wolfgang Goethe-Universität (Frankfurt am Main).
Der Bruder von John Foster Dulles, ein gewisser Allen Welsh Dulles, Anwalt der Chase Manhattan, von United Fruit, Ford und während des Zweiten Weltkrieges eng verbunden mit der I.G. Farben war CIA-Gründungsdirektor und er war bekannt für die enge Verzahnung des US-Geheimdienstes mit der Wall Street und US-Konzernen. Dulles soll gleichermaßen involviert gewesen sein in der sog. Stay-behind-Organisation (mehrheitlich als rechtslastig geltende Untergrundzellen) - Beispiele sind die als Gladio bekanntgewordene, intern als „stay behind“ genannte, „Organisation“ der NATO.
