Koalitionsvertrag

Nachdem bereits verschiedene andere Strukturen in Deutschland an dem ausgehandelten Koalitionsvertrag der Parteien CDU/CSU und SPD Kritik äußerten, schließt sich nun auch das deutsche Handwerk mit an. Massiv fällt die Kritik insbesondere auch an entsprechenden Vereinbarungen zur geplanten Renten- und Arbeitsmarktpolitik aus.
Der seit Januar 2010 als Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH - "die 54 Handwerkskammern, 37 Zentralfachverbände des Handwerks") fungierende Holger Schwannecke gab der Publikation "Rheinische Post" zu verstehen: "Der Mittelstand, das Handwerk und unsere Beschäftigten zahlen die Zeche dafür, dass Union und SPD Wahlgeschenke verteilen können".
Wenn in Deutschland dabei die Rentenkasse kommende Mehrbelastungen in zweistelliger Milliardenhöhe verkraften muss, sei dies Schwannecke zufolge "negativ für Wachstum und Beschäftigung". Dies aus dem Grund, da die derzeitigen und künftigen Beitragszahler belastet würden. Die geplante Rentenpolitik der Großen Koalition könne speziell auch im deutschen Handwerk Arbeitsplätze kosten, heißt es.
Weitere kritische Töne gab es bezgl. des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde. Dazu gab Schwannecke gegenüber der Rheinischen Post zu verstehen, dass ein solch flächendeckender Mindestlohn, sollte er tatsächlich so eingeführt werden, "im Handwerk [nicht zu verwechseln mit Heimwerker] Arbeitsplätze kosten" kann. Da man eine Reihe von Tarifverträgen geschlossen hat, welche auch noch nach dem Jahr 2016 gelten würden und voraussichtlich noch für manche Gruppen Löhne (speziell auch in Ostdeutschland) von unter 8,50 Euro vorsehen.
Auch die Wirtschaftsorganisation OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), welche als Nachfolgeorganisation der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit und des Marshallplans zum Wiederaufbau Europas gegründet worden war, hatte laut "Spiegel" kürzlich Kritik an den Rentenbeschlüssen geübt und diese als "Jobvernichter" bezeichnet. Der Deutschland-Experte, Andres Fuentes, gab demnach zu verstehen: "Das wird sich negativ auf Konjunktur und Beschäftigung auswirken". Die OECD empfahl der Bundesrepublik, man solle die Arbeit eher billiger machen.
Der deutsche CDU-Politiker und EU-Kommissar für Energie, Günther Hermann Oettinger, sprach laut EurActiv (unter Verweis auf einen Bericht von Handelsblatt) davon, im Zusammenhang mit dem Thema "Energie": "Die Koalitionsvereinbarung reicht nicht aus, um die Strompreise auf einem vertretbaren Niveau zu stabilisieren". Somit wird wohl EU-Wettbewerbsrecht nicht eingehalten. Seitens der EU-Kommission könnte man in Erwägung ziehen, ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten - womit der deutschen Bundesregierung "geholfen" werden könnte, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen.
Seitens des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) tönte es durch deren Chef Michael Hüther, dass der ausgehandelte Koalitionsvertrag angeblich die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte von Deutschland gefährde. Dieser sagte der Rheinischen Post unter anderem: "Der Koalitionsvertrag hält nicht, was die Präambel verspricht, nämlich die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte unseres Landes fortzuschreiben [...wichtig sei...] die Sicherung der Tarifeinheit und der Ausbau der Infrastruktur, allerdings sind dies zunächst nur vage Aussichten".
Die nach der Bundestagswahl 2013 massiv abgerauchte Partei FDP wollte zuletzt auch offiziell einen Linksruck vollziehen, um das grandiose Scheitern der Partei ein wenig zu kaschieren. Der neu eingesetzte Vorsitzende der FDP und Mitglied unter anderem der Deutsch Atlantischen Gesellschaft, Christian Lindner, sagte der Springer-Publikation "BILD": "Die große Koalition gefährdet Deutschlands Zukunft. Der großen Koalition fehlen die großen Ideen [...] Das ist Verrat an Europa. Wir empfehlen ausländischen Partnern zu sparen, verprassen aber selber Milliarden für teure Wahlgeschenke".
In Sachen "Internet" wurde unter anderem die Vorratsdatenspeicherung im Koalitionsvertrag gerügt. Die noch amtierende Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sprach zur Thematik davon: "Man hätte die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs abwarten sollen". Auf der anderen Seite hatte der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung die SPD-Basis dazu aufgefordert, die Pläne bei ihrem Mitgliederentscheid zu stoppen. Die sogenannte Piratenpartei von Deutschland merkte Medienberichten zufolge an, dass die Vorratsdatenspeicherung "die Unschuldsvermutung und damit das Fundament unseres Verständnisses von Recht außer Kraft setzt".
Der deutsche Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hatte kürzlich erst die massive Kritik von verschiedenen Seiten aus der Wirtschaft am Koalitionsvertrag scharf zurückgewiesen. Dem "Tagesspiegel am Sonntag" sagte der Minister: "Vieles, was ich an Kritik aus der Wirtschaft höre, entspringt der Enttäuschung, dass wir nicht mehr Subventionen verteilen". Zudem sei auch keine Kritik an dem ausgehandelten Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde berechtigt, denn im "Wahlkampf, wo das ein großes Thema war, war von der Wirtschaft wenig Widerspruch zu hören".
Im Zusammenhang mit der geplanten deutschen PKW-Maut, welche angeblich nur für Ausländer gelten soll, später aber sicherlich auch für deutsche Autofahrer fällig werden wird, meinte kürzlich der ADAC- Sprecher Andreas Hölzel: Nach unserer Auffassung beim ADAC wird das nicht funktionieren. Es ist einfach nach dem geltenden Recht der EU nicht machbar, ausschließlich ausländische Fahrzeuge zu belasten [...] Oder es kommt ganz anders und es wird richtig teuer für alle.
Der Publikation "Die Welt" sagte kürzlich ein deutscher Sprachwissenschaftler (Frank Brettschneider), dass der 185-seitige Koalitionsvertrag der CDU/CSU und SPD für Normalbürger kaum zu verstehen sei. Brettschneider, ein Professor am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Hohenheim, merkte laut "Welt" zur Sache an, dass der Text insgesamt formal sehr unverständlich sei. Er wäre sogar formal unverständlicher als politikwissenschaftliche Doktorarbeiten.
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