Große Koalition: Zunehmende Kritik an SPD-Mitgliederentscheid


(C) Uwe Hiksch, 2013, Bild: flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

In Deutschland scheint die Kritik gegen den geplanten Mitgliederentscheid der Partei SPD nicht abreißen zu wollen. Als Hintergrund gelte auch, dass in die Abstimmung Individuen mit einbezogen werden, die keine deutsche Staatsangehörigkeit vorweisen können oder wie im Fall der Jusos (Jungsozialisten, die Jugendorganisation der SPD) nicht das notwendige Wahlalter erreicht haben.

Zur Thematik sagte der deutsche Staatsrechtler Christoph Degenhart gegenüber dem Handelsblatt in der Online-Ausgabe: "Mit der Mitgliederbefragung wird die Entscheidung des Wählers ihrer legitimierenden Funktion entkleidet - die der Parteimitglieder tritt an ihre Stelle". Mit einer solchen Art der scheinbaren Legitimation durch die Mitgliederbefragung sieht er, dass dadurch das unabhängige Mandat des Abgeordneten gefährdet und die Wahlentscheidung faktisch entwertet wird.

Der deutsche Staats- und Verwaltungsrechtler Degenhart von der Universität Leipzig gibt weiterhin zu verstehen, dass die wichtige Legitimationsbasis umso fragwürdiger sei, als dass die Teilnahme an der Mitgliederbefragung der SPD offenbar nicht einmal die aktive Wahlberechtigung voraussetzt. Auch der Berliner Verfassungsrechtler Ulrich Battis sieht den Mitgliederentscheid generell kritisch.

Dieser sagte dem Handelsblatt: "Der SPD-Mitgliederentscheid ist verfassungsrechtlich höchst bedenklich, weil das Parlament kaltgestellt und faktisch entmachtet wird". Demnach sei es auch ein "Sieg" der deutschen Parteienstaatlichkeit, nämlich über die parlamentarische Demokratie. In der SPD sind rund 475.000 Mitglieder aufgerufen, über den ausgehandelten Koalitionsvertrag abzustimmen. Christoph Degenhart meinte laut FOCUS auch: "Parteien wirken an der Willensbildung zwar mit. Sie dürfen diese aber natürlich nicht monopolisieren".

Der Mitgliederentscheid der Partei SPD wäre zwar rechtlich nicht direkt bindend, praktisch aber schon: "Wenn die Mitglieder Nein sagen, sollen die Abgeordneten auch nicht Frau Merkel zur Kanzlerin wählen". Der Staatsrechtler Christian Pestalozza (Freie Universität Berlin) hielt kürzlich auch die Vereinbarungen der Großen Koalition (CDU/CSU und SPD) für "fragwürdig".

Mehr: Vereinbarungen der Großen Koalition sind bedenklich

  
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