Russland rüstet in Arktis-Gebieten weiter auf


Arktis

Die russische Luftabwehr in den Arktis-Gebieten wird weiter ausgedehnt. Laut dem Befehlshaber der Luft- und Weltraumverteidigung, Alexander Golowko, sollen zudem neue Frühwarn-Anlagen in Jenissejsk, Orsk, Barnaul und Workuta entstehen. In der arktischen Zone sollen künftig auch weitere funktechnische Einheiten stationiert werden, heißt es. An anderen Standorten wie Irkutsk und Kaliningrad wären weitere Bauarbeiten schon fast abgeschlossen, wie Golowko in russischen Medien zitiert wird. Vor wenigen Wochen wurde auch der Flughafen Temp reaktiviert, der zuvor seit gut zwanzig Jahren nicht mehr genutzt worden war. Der neue Flugplatz soll künftig angeblich für "alle Militärmaschinen" geeignet sein. Der russische Verteidigungsminister und Armeegeneral Sergei K. Schoigu sagte bei der Arktis-Konferenz im sibirischen Salechard, der Flugplatz werde ein wichtiger Baustein beim Ausbau der Infrastruktur in der Arktis sein.

Künftig könne man auch den nördlichsten Flugplatz (ehem. sowjetische Luftwaffenbasis Greem-Bell) der Welt, auf der Insel Graham Bell (Franz-Josef-Land), wieder in Betrieb nehmen. Der russische Vertreter bei der NATO, Dmitri Rogosin, warnte in der Vergangenheit das westliche Militärbündnis vor einem "Engagement in der Arktis". Der ehemalige niederländische NATO-Generalsekretär (von 2004 bis Juli 2009) Jaap de Hoop Scheffer verlautbarte unter anderem, die NATO muss auf die Herausforderungen in der Arktis, wie angeblich durch den Klimawandel und das Abschmelzen der nördlichen Eiskappe, "reagieren".

Der ehemalige US-amerikanische Präsident George W. Bush hatte in seinen letzten Amtstagen eine Direktive zur "amerikanischen Arktis-Politik" erlassen, worin die USA gleichzeitig zur "arktischen Nation" erklärt wurden. Die USA verfügen im grönländisch-dänischen Thule bereits seit dem "Kalten Krieg" über einen großen Stützpunkt. Neben den USA hatte auch Kanada dargestellt, man wolle Eisbrecher anschaffen, um so eine dauerhafte Präsenz in Arktis-Gebieten zu ermöglichen. Russland selbst verfügt, neben neu zu bauenden, auch aus Sowjetzeiten noch über zahlreiche leistungsstarke und atomgetriebene Eisbrecher. Die EU (Europäische Union) hatte bereits in der Vergangenheit damit begonnen, ihre eigenen Interessen an der Arktis zu "definieren" - unter anderem "stärkere Mitwirkungsmöglichkeiten der Europäischen Kommission an der Arbeit des Arktischen Rates".

Im hohen Norden sollen künftig offiziellen Darstellungen Russlands zufolge zwei Arktis-Brigaden aufgestellt werden. Im Herbst hatten russische Spezialeinheitstruppen in der Arktis auch neue Taktiken für Kämpfe erprobt. Bei den ersten Übungen ging es speziell um Kampfhandlungen im bergigen Polargebiet. In den Trainingsrunden wurden auch die Elemente Bergsteigen, neben allgemeinen Überlebenstechniken wie das Auffinden von Trinkwasser/Essen oder auch das unbemerkte Durchqueren von bewohnten Gebieten, unter den eisigen Bedingungen des Nordens mit einstudiert. Zudem hielt man unter den extremen klimatischen Bedingungen "Scharfschützen-Duelle" ab.

Kürzlich waren die Unterfangen in der Arktis auch Teil größerer medialer Berichterstattung, als Individuen der Umweltschutzorganisation Greenpeace Protestaktionen gegen Ölbohrungen in der Arktis unternahmen. Die Gruppierung wurde danach wegen "bandenmäßiger Piraterie" in russische Gefangennahme verbracht und mittlerweile sind zahlreiche dieser wieder auf Kaution frei. In einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir W. Putin hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf eine "schnelle Lösung in dem Fall" gedrängt. Gestürmt worden war das Protestler-Schiff "Artic Sunrise" von einer bewaffneten Sondereinheit des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB - in Russland ist der Grenzschutz dem FSB unterstellt.

Im September war ein Verband (zahlreiche russische Kriegs- sowie Versorgungsschiffe), angeführt durch den atomgetriebenen Raketenkreuzer "Pjotr Weliki" (steht für den ehem. Zar und Großfürsten "Peter der Große"; geb. "Pjotr Alexejewitsch Romanow"), zur Kotelny-Insel in der russischen Arktis verlegt worden. Russlands Medien berichteten damals über "militärische Operationen der Marine in der Arktis", zur Wiederherstellung einer militärischen Dauerpräsenz im Norden, wie auch der russische Vize-Verteidigungsminister Arkadi Bachtin zu verstehen gab.

Dieser betonte im russischen Fernsehen: "Wir sind für immer in die Arktis zurückgekehrt". Rückblickend hatten die russischen Streitkräfte auch bis zuletzt ihre Manövertätigkeiten im arktischen Gebiet ausgeweitet. Auch andere Länder (Kanada, Dänemark, Norwegen und die USA), welche Ansprüche in der Arktis sehen, veranstalteten bereits Manöver – meist deklariert unter Bezeichnungen wie Anti-Terror-Übung oder ähnliche Cover-Storys.

Um die militärische Rüstung in den nördlichen Gebieten zu rechtfertigen, musste auch vor einiger Zeit der russische stellvertretende Sekretär des staatlichen Sicherheitsrates Jewgeni Lukjanow eine ganz nebulöse Gruselstory auspacken. Denn wegen dem Klimawandel könnten auch später allgemein "Transporte" durch die Arktis leichter gemacht werden. Eine intensivere Schifffahrt könne so auch Schmuggler, illegale Migranten und Drogenhändler anziehen. Im Dezember vergangenen Jahres schwadronierte der Vizepremierminister Dmitri Rogosin, man müsse im nationalen Interesse die Arktis-Region "abstecken", damit der künftig "große Kampf" um die Ressourcen gewonnen werden kann, was gleichermaßen verknüpft sei mit dem Recht auf die eigene Souveränität und Unabhängigkeit.

Die in der Arktis bestehenden Irritationen führten zuletzt zu immer deutlicheren Spannungen zwischen den Anrainern, sowie eben auch zur weiteren Militarisierung der Region. Weiterhin beanspruchen hier auch mehrere außerhalb der Arktis (wie China, Indien, Südkorea oder auch eine Reihe europäischer Staaten) liegende Länder die dortigen Rohstoffvorkommen, wie Öl- und Gasvorräte. Erste Joint-Ventures zur Gas- und Ölförderung in der Region wurden bereits zwischen russischen Konzernen und westlichen Multis wie Exxon Mobil oder BP besiegelt.

Ein Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums sagte im September 2013, dass die Frage der russischen Präsenz "ohne jegliche Verzögerung gelöst werden" muss. Die künftige schlagkräftige "Arktis-Armee" solle entsprechend "die Interessen des Landes" durchsetzen. Die aufzubauende Armee soll offiz. auch aus zwei speziellen Panzergrenadierbrigaden zur Winterkriegführung bestehen - welche nach letztem Stand wohl in Murmansk und Archangelsk stationiert werden sollen.

  
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