Staatsrechtler: Vereinbarungen der Großen Koalition sind bedenklich


(C) Wolfgang Staudt, 2008, Bild: flickr (CC BY-NC 2.0)

Verfassungsrechtliche Bedenken an den Vereinbarungen der Großen Koalition (CDU/CSU und SPD) in Deutschland sieht der Staatsrechtler Christian Pestalozza (Freie Universität Berlin). Seinen Äußerungen gegenüber dem Radiosender HR1 zufolge seien Koalitionsvereinbarungen, welche außerhalb des Parlaments von den politischen Parteien getroffen werden, fragwürdig.

Es sei demnach eigentlich Sache der Fraktionen, weshalb die zustande gekommene Koalitionsvereinbarung "in der Tat bedenklich" wäre. Als untergeordnet sieht der deutsche Staatsrechtler die Frage, ob, wie im Fall der Sozialdemokraten (SPD), die Parteibasis mitreden dürfe oder nur der Vorstand oder die Parteitags-Delegierten. Problem sei, dass die getroffenen Vereinbarungen nicht unter den Fraktionen zustande kommen, sondern außerhalb des Parlaments.

Doch nicht nur die Fraktionen wären in ihrem Gestaltungswillen eingeschränkt, auch die neue Regierung sei es, weil in der deutschen Verfassung (Grundgesetz) steht, dass der/die deutsche Bundeskanzler(in) die Richtlinien der Politik bestimmen müsse und nicht die Parteien vorher durch eine Koalitionsvereinbarung. Dadurch sieht der Staatsrechtler die Unabhängigkeit der künftigen Bundesregierung als "beeinträchtigt" an.

Der deutsche Staatsrechtler Christoph Degenhart (Universität von Leipzig) warnte kürzlich erst davor, dass die künftige Große Koalition eine schwarz-rote Übermacht werden wird. Das Bundesverfassungsgericht von Karlsruhe werde in Zukunft wohl nach Entscheidungen der Politik öfters eingreifen müssen. Die schwarz-rote Koalition werde so stark sein, um auch Verfassungsänderungen durchzuführen.

Mehr unter: Große Koalition wird Übermacht sein

Der Präsident des deutschen Verbands der Familienunternehmer, Lutz Goebel, gab vor der endgültigen Einigung der Großen Koalition zu verstehen, man hätte auch Neuwahlen in Betracht ziehen können. Es würde nicht ausreichend sein, Steuererhöhungen auszuschließen, in anderen Belangen werden die Stellschrauben aber weiter angezogen. Zudem sprach er davon, dass es nicht "alternativlos" sei, den angestrebten Koalitionsvertrag umzusetzen.

Mehr unter: Keine Scheu vor Neuwahlen

Mitte August laufenden Jahres, vor der Bundestagswahl, sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, sie schließe nach den Wahlen eine Große Koalition nicht aus, denn sie habe ja schon einmal eine solche geführt. Für die Menschen sei es Merkels damaligen Äußerungen zufolge aber besser, "wenn wir die christlich-liberale Koalition fortsetzen könnten". Vor der Wahl sagte der deutsche Bundesfinanzminister laut Spiegel bezgl. SPD-Forderungen auch: "Wer jetzt eine Debatte über Steuererhöhungen führt, der ahnt gar nicht, dass er da mit einer brennenden Kerze in einem Keller voller Dynamit herumläuft".

Rückblick - aus der Presse, vor der Wahl:

  
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