(C) Swiss-Image.ch, Remy Steinegger, 2013, Bild: flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Die deutsche Wirtschaft wird nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters durch die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wohl auf Kompromisse eingestimmt werden, was die Thematik "Mindestlohn" angeht. Die SPD wolle aus den laufenden Verhandlungen demnach nicht ohne einen in Deutschland umzusetzenden flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn herausgehen - was Merkel der Süddeutschen Zeitung nach auf einem Wirtschaftstreffen in Berlin gesagt haben soll. Die SPD hatte im Vorfeld eine Große Koalition speziell auch vom Mindestlohn und dem sog. "Doppelpass" abhängig gemacht. Der SPD-Politiker Aydan Özoguz erklärte bspw. laut der Agentur AFP: "Am Ende muss die doppelte Staatsbürgerschaft im Koalitionsvertrag stehen".
Man wolle laut Merkel möglichst versuchen, dass der mit dem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einhergehende Verlust von Arbeitsplätzen in Deutschland "vermieden" wird. Die künftige Regierung wolle auch an der "Entkoppelung der Beiträge" zur Sozialversicherung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern festhalten. Zudem müsse man an der Rente mit 67 festhalten - also anders als es die SPD will, welche nach 45 Beitragsjahren bereits einen abschlagsfreien Rentenbeginn mit 63 Jahren haben möchte.
Unterdessen hatte der DIHK (Deutsche Industrie- und Handelskammertag) vor den Folgen des Mindestlohns auch für die Lehre (Ausbildung) gewarnt. Würde durch die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD ein Mindestlohn mit einer Lohnuntergrenze von 8,50 Euro eingeführt werden, so könnten Schulabsolventen versucht sein, kurzfristig einen Mindestlohnjob für 1400 Euro pro Monat zu finden, anstatt eine Ausbildung zu machen.
In den Verhandlungen um die bundesweite Einführung des Mindestlohns in Deutschland sagte das SPD-Vorstandsmitglied Sascha Vogt, es müsse einen solchen geben - "ohne Hintertür". Laut "BILD" wurde er zitiert: "8,50 Euro müssen bleiben. Auch eine Kommission wird sich daran orientieren müssen". Klaus Barthel von der SPD meinte: "Wir brauchen den Mindestlohn sofort. Es kann nicht sein, dass irgendeine Kommission eingesetzt wird und wir am Ende bei etwas ganz anderem landen als 8,50 Euro in der Stunde". Der SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte vor wenigen Tagen: "In diesem Koalitionsvertrag muss klar sein, dass wir einen Mindestlohn von 8,50 Euro flächendeckend in Deutschland bekommen".
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Einer Umfrage im Auftrag von Handelsblatt (pub. Juli 2013) zufolge, war eine Mehrheit der deutschen Manager "für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes". So stimmten 57 Prozent der Befragten für die Etablierung, wie die durchgeführte Umfrage des Forsa-Instituts ergab. Die Befürworter hielten durchschnittlich gesehen einen Mindestlohn von 8,88 Euro je Stunde für angemessen.
Der ungarische EU-Kommissar (für Beschäftigung, Soziales und Integration) László Andor verlautbarte in 2011, er unterstütze Pläne zur Einführung allgemeiner Lohnuntergrenzen in Deutschland. Würde es zur Durchsetzung von Lohnuntergrenzen kommen, wäre dies eine gute Sache "für Deutschland und für das europäische Sozialmodell".
Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, müsste der Zoll von Deutschland nach der Einführung des bundesweiten Mindestlohns für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) deutlich mehr Kontrolleure einsetzen - demnach "mindestens" 2000 zusätzliche Mitarbeiter (später also um die 9000 Planstellen). Hilger Leprich, Vorsitzender der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft BDZ, wurde zitiert, wonach von einem regelmäßigen Prüfungsrhythmus schon jetzt nicht die Rede sein kann - es fänden nur Stichproben statt.
Schon im Frühjahr laufenden Jahres (2013) hatte der Bundesrat von Deutschland mit seiner Mehrheit aus SPD, Grünen und Linken einen Vorstoß zur Einführung des gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohns unternommen. Die Länderkammer hatte für einen Gesetzentwurf gestimmt, der einen Stundenlohn von mindestens 8,50 Euro vorsah. Der SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier erklärte damals, dass der Bundesrats-Beschluss klar zeige, "wie schnell und einfach der Politikwechsel möglich ist" - wobei er bekräftigte: Deutschland brauche einen flächendeckenden Mindestlohn.
Im September forderte der französische Regierungschef Jean-Marc Ayrault einen Mindestlohn in Deutschland. Er hoffte, dass die "Deutschen vorangehen werden, durch ihre politischen Entscheidungen". Auch der Bundeskanzlerkandidat der Partei SPD, Peer Steinbrück, schlug zur gleichen Zeit einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland vor. Ayrault forderte, um demnach "Wettbewerbsverzerrungen" zu verhindern, es benötige einen solchen aber auch "auf europäischer Ebene".
Durch den DIHK (Deutschen Industrie- und Handelskammertag) hatte man bereits im Frühjahr 2013 durch den Präsidenten Hans Heinrich Driftmann deutlich gemacht, dass die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns "Gift für unseren Arbeitsmarkt" sei. Der Passauer Neuen Presse gab er zu verstehen, dass man die Tarifautonomie in Deutschland "unbedingt" schützen muss. Auf dem ersten Blick sei es zwar plausibel, einen staatlich vorgegebenen Mindestlohn einzuführen - doch Driftmann könne nur vor "solchen Experimenten" warnen, da auch vielen Geringqualifizierten der berufliche Einstieg erschwert wird.
Nach einer durchgeführten Studie - von der in 2011 berichtet wurde - schrieb man, dass ein Mindestlohn dem Staat angeblich "Milliarden einbringen" wird. Den Untersuchungsergebnissen zufolge hieß es, dass vor der Öffnung der Bundesrepublik Deutschland auch für Arbeitskräfte aus osteuropäischen Ländern die Forderungen zur Einführung des Mindestlohns bekräftigt wurden. Die erarbeitete Studie des Prognos-Instituts im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung kam auch zu dem Ergebnis, dass der Staat, bei einer Stundenlohn-Untergrenze von 8,50 Euro, durch zusätzliche Steuereinnahmen und Einsparungen um etwa sieben Milliarden Euro entlastet werden könnte.
Durch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit Sitz in Paris/Frankreich prognostizierte man, dass der deutsche Handelsbilanzüberschuss mit den Mitgliedstaaten der EU auch in den kommenden Jahren über der von der EU-Kommission geforderten Grenze von sechs Prozent liegen wird und empfahl daher, dass Deutschland einen gesetzlichen Mindestlohn einführen soll. Die Empfehlung enthielt dabei aber keine Angaben über eine mögliche Höhe des Mindestlohns.
Vor wenigen Tagen hieß es, dass der angestrebte gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde nach dem Willen der Union frühestens ab dem Jahr 2016 in Kraft treten soll, weil ja Betriebe in Deutschland ausreichend Zeit für die Anpassungen haben müssten, sagte demnach ein Verhandlungsführer der Union gegenüber der "Rheinischen Post". Ebenfalls ging aus dem Bericht hervor, dass eine Mindestlohn-Kommission nach dem Vorbild der britischen "Low pay"-Kommission paritätisch aus je drei Arbeitnehmervertretern und Arbeitgebervertretern besetzt werden soll.
