(C) christopher charles, 2008, Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY-NC 2.0)

Der US-amerikanische Auslandsgeheimdienst Central Intelligence Agency (CIA) soll fünf Jahre lang mit deutschen Sicherheitsstrukturen ein Analyseprojekt in Neuss betrieben haben, was nun laut "Rheinischer Post" aus einer Anfrage des Landesverfassungsschutzes an die Bundesregierung hervorgegangen sein soll. Für die Wahl des Standortes Neuss hätte es keine "besonderen Gründe gegeben".
Dieser Standort existierte von 2005 bis 2010. Der Leiter des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, Burkhard Feiser, gab zu verstehen, dass die Antwortgabe auf eine Nachfrage beim Bundesinnenministerium jedoch recht spärlich gewesen sei - demnach gab es nur "dürre Informationen". Im September berichteten deutsche Medien über dieses Unterfangen, was teils erhebliche Empörung verursachte.
Spiegel berichtete, es handele sich um das sog. "Projekt 6" (P6). Beteiligt waren an diesem aufgeflogenen der deutsche Organisation Gehlen Nachfolger BND, das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz und eben der US-amerikanische OSS-Nachfolger CIA. In der betriebenen Datenbank hätte man offiz. Darstellungen zufolge Daten von mutmaßlichen Dschihadisten und Terrorunterstützern gesammelt. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sah das Projekt kritisch.
Mehr: CIA u. deutsche Dienste betrieben Projekt6
Über die betriebene Datenbank sollten wohl speziell auch Individuen aus dem islamistischen Milieu angeworben werden. Daneben gelangte aber auch ein deutscher Journalist in die Fänge der Geheimdienste. Spiegel zufolge war der NDR-Journalist Stefan Buchen betroffen, der einen Prediger im Jemen angerufen haben soll. Durch den BND hatte man neben dem "P6" auch eine Datenbank mit dem Titel "PX" bestätigt.
Die Publikation "Rheinische Post" schrieb von nahkampferprobten Ex-Soldaten der US-amerikanischen Elitetruppe Navy Seals und insgesamt bis zu 100 Mann der CIA (darunter Überwachungsspezialisten, Elektroniker, Chemiker oder auch Dolmetscher), welche in Neuss aktiv waren. Ermittlungen wurden auch gegen die prominente hochgenommene Sauerlandgruppierung geführt. Räumlichkeiten wurden angemietet in einem "schmucklosen" Gebäude der Sparkasse Neuss, um nicht aufzufallen oder im Büro-und Dienstleistungszentrum Hammfeld. Projekt 6 sei wie oben angemerkt 2010 eingestellt worden, es soll aber noch weitere geben, wie das bekanntgewordene "Nadis WN".
Das Umfeld der angeführten Sauerland-Gruppe galt schon seit geraumer Zeit als nebulös. Eine Person, welche Zünder lieferte, soll auch für den türkischen Geheimdienst MIT tätig gewesen sein. Radikalisiert hätte die Gruppierung, laut Frankfurter Allgemeine Zeitung, ein muslimischer Prediger aus Neu-Ulm, welcher über sieben Jahre lang V-Mann des baden-württembergischen Verfassungsschutzes gewesen sein soll. Mit involviert war Medienberichten zufolge die Person Mevlüt Kar, welche demnach auch als V-Mann für die CIA agierte.
Die Sauerlandgruppe war laut Heise-Online der dritte Versuch von Mevlüt Kar, eine Terrorzelle aufzubauen. Eine erste wurde mit Mutlu A., Mohamed El-A. und Issam El-S etabliert, im Februar 2003 aber von der deutschen GSG9 verhaftet und am gleichen Tag aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen. Die Verhaftung der zweiten Terrorzelle mit Dzavid B., Nedzad B., Ahmed H., Bekim T. und Blerim T. wurde von den Medien weitgehend ignoriert.
Kar war rückblickend in 2002 in der Türkei verhaftet und spätestens dann unter dem Decknamen "Ubeyde" angeworben - später durch die CIA und den türkischen Geheimdienst geführt worden. In Istanbul hatte er Kontakt mit dem späteren Chef der Sauerland-Gruppe aufgenommen. Laut Berichten von 2007 war Kar auch in einem üppigen Drogendeal involviert. Er wollte Geld bei einer Bank einzahlen, wurde aber vom US-Militärgeheimdienst DIA beschattet. Übergeben werden sollte der Stoff auf der Theresienwiese von Heilbronn. Es herrschte damals wohl ein Geheimdienst-Wirrwarr vor - neben Türken sollen möglicherweise auch Russen (russischsprechende Personen) "on air" gewesen sein.
Der ehemalige hessische Verfassungsschützer Andreas T. soll den Millionen-Deal eingefädelt haben, gegen Provision. Man versprach Medienberichten zufolge auch Deckung über Ku-Klux-Klan-Verbindungen der baden-württembergischen Polizei. Damals in Heilbronn sei die Polizeibeamtin Michele Kiesewetter erschossen worden, welche wiederrum im Fallkomplex NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) „erwähnt“ wurde.
