DDR

Für Wirbel in Deutschland sorgen seit geraumer Zeit die sogenannten "Ostbiografien", wobei auf Personen abgezielt wird, welche aus der ehemaligen DDR kommen und dort aufgewachsen sind. Das öffentlich-rechtliche MDR-TV-Magazin "Exakt" berichtete zu dieser Thematik jüngst, dass nebulöse Gutachten vor Gerichten in Sachsen teils bizarre Schlüsse ziehen. Es heißt einer Argumentation eines Gutachters zufolge, Individuen, welche ihre Kindheit in der ehemaligen DDR verlebten, wären in diktatorischen Gesellschaftsverhältnissen aufgewachsen.
Durch eine gemutmaßte psychologische Prägung aus der DDR-Zeit heraus hätten sie auch Bindungsstörungen davongetragen und seien deshalb nicht der Erziehung eines Kindes fähig. "Exakt" berichtet zu einem dieser Fälle, dass einem Vater das Sorgerecht für seinen Sohn verweigert worden war und einer anderen Familie Kindesentzug drohe, da es eine entsprechende "Ostbiografie" gebe. In der Vergangenheit hatten sich verschiedene Personen, auch Politiker, irritiert über derartige Vorgehensweisen gezeigt. In Sachsen wurde durch Gerichte ein Sozialpädagoge aus Bayreuth bestellt, der laut "Exakt" einen Zusammenhang zwischen ostdeutscher Herkunft und Erziehungsunfähigkeit als "Risiko" einstufte.
Zu dem im Exakt-Beitrag behandelten Fall des Vaters heißt es, dieser habe zu seinem zehnjährigen Sohn gerichtlich ein strenges Kontaktverbot auferlegt bekommen. Der Sohn lebt seit fast einem Jahr im Heim. Zwar hatte der Vater vor Gericht das Sorgerecht für seinen Sohn beantragt, doch ein erstelltes Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Vater nicht gut für seinen Sohn sei. Man vermute "psychologische Probleme", da es angeblich deutliche Anhaltspunkte für eine Persönlichkeitsstörung gegeben haben soll.
Der Vater hätte eine unglückliche Kindheit im damaligen Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) ertragen müssen. Wegen der damaligen diktatorischen Gesellschaftsverhältnisse in der DDR, heißt es laut Gutachter, hätte dies nachträglich entsprechende Spuren bei dem Vater hinterlassen. Laut "Exakt" sah man seitens des behandelnden Gerichts keinen Grund an den Empfehlungen des Gutachters zu zweifeln. Einem im TV-Beitrag zu Wort kommenden Psychotherapeuten zufolge sei es für diesen unbegreiflich, dass Richter so etwas für wichtige Entscheidungen akzeptieren.
Den ganzen Beitrag können Sie bei "Exakt" nachlesen:
Ostbiografie als Begründung für Kindesentzug
Oder auch als Manuskript des TV-Beitrags
Anmerkung: Ende September laufenden Jahres, nach der vollzogenen Bundestagswahl in Deutschland, sprach die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch davon, dass die Wiedervereinigung auch in den "Köpfen" der Bevölkerung vollendet worden sei. In einem ins Internet gestellten Videopodcast hieß es seitens Merkel zur Thematik passend zum Tag der Deutschen Einheit, sie empfinde es nicht so, dass das Attribut "Ostdeutsch" wie eine Art Handicap klingen würde.
Mehr: Wiedervereinigung auch in Köpfen vollendet
