DE: CDU/CSU und SPD wollen Steuer auf Finanztransaktionen etablieren


(C) Marios Planet, 2005, Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY-NC-SA 2.0)

Deutsche Medien berichten, dass man sich in den Verhandlungen zur Koalition seitens der Union aus CDU/CSU mit der Partei SPD auf die Einführung der Finanztransaktionssteuer geeinigt hätte, was demnach "gemeinschaftlich vereinbart" worden sei. Die Einführung wurde durch die Union "nachdrücklich befürwortet", heißt es durch den deutschen Politiker und Präsidenten des EU-Parlaments, Martin Schulz (SPD), laut dem deutschen öffentlich-rechtlichen ZDF. Schulz ist auch der Verhandlungsführer der SPD in der Arbeitsgruppe "Europa und Bankenregulierung".

Die Steuer auf Finanztransaktionen wolle man aktuellen Informationen zufolge im Rahmen "der verstärkten Zusammenarbeit" mit zehn anderen EU-Staaten einführen. Jene hätten sich zur Einführung der Steuer auch bereit erklärt. In der EU wird schon seit geraumer Zeit über die Einführung einer solchen Finanztransaktionssteuer gestritten. Offiziell wolle man mit der Steuer Spekulationsgeschäfte eindämmen oder auch die Branche "an den Kosten" zur Bewältigung der Krisenzustände beteiligen.

Unter anderem durch die Union hatte man die Einführung der europäischen Finanztransaktionssteuer schon seit einiger Zeit befürwortet. In der vergangenen Woche berichtete die Springer-Publikation "Die Welt", es gäbe bereits einen vorabgestimmten Beschluss des Kanzleramtes dazu. Man wolle die Einführung der Steuer mit anderen Ländern vorantreiben. Die Union sprach sich diesen Informationen zufolge im Zusammenhang der Einführung einer solchen Steuer auch für eine Sanierung des Staatshaushalts aus.

Anhang:

In der Vergangenheit forderte die SPD, dass bezgl. der Steuer ein Vorschlag der EU-Kommission ohne "verwässernde Korrekturen" umgesetzt werden sollte. Im Juni laufenden Jahres berichtete "FOCUS", dass sich ein geplanter Solidaritätsfonds für die Eurozone aus FTT-Mitteln (Finanztransaktionssteuer) speisen soll. Im August hatte der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dem SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück (SPD), Nachfahre des Deutschen Bank Mitbegründers Adelbert Delbrück, noch eine Absage erteilt , bezogen auf die schnelle und einheitliche Einigung zur Finanztransaktionssteuer. Dem "Westfalen-Blatt" sagte Schäuble: "Ich habe immer gesagt: So einfach, wie es SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück jetzt im Wahlkampf beschreibt, ist es nicht". Schäuble betonte, man könne in der EU steuergesetzliche Regelungen nur einstimmig treffen.

"So, wie es jetzt läuft, kommt die Finanztransaktionssteuer, wenn sie denn überhaupt kommt, nicht vor Anfang 2015", hieß es zu Verhandlungen der Finanztransaktionssteuer im Juni. Die Welt am Sonntag berichtete, es gäbe noch Einigungsprobleme bei der Bemessungsgrundlage, den Steuersätzen, Ausnahmeregelungen und anderen Erhebungen, nichts davon wäre damals geklärt gewesen. Vor gut zwei Wochen berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung, dass sich deutsche Unternehmen schon auf höhere Kosten aus der geplanten Finanztransaktionssteuer einstellen würden. Gut zwei Drittel der Kreditinstitute ging einer Befragung zufolge davon aus, dass man jene durch die Steuer entstehende Belastung nicht selbst tragen werden wird, sondern sie an die Kunden weitergeben könnte.

Der Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young zufolge hieß es laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dass bei Versicherern und Vermögensverwaltungsgesellschaften das Bild ähnlich sei - auch deren Kunden rechneten damit, dass sie die Steuerlast tragen müssten. Mit rund 97 Prozent waren fast alle der befragten Manager von deutschen DAX-Konzernen der gleichen Meinung. Über die Hälfte der befragten Unternehmen rechnete mit einem negativen Einfluss auf die deutsche Volkswirtschaft und deren Wettbewerbsfähigkeit.

Die mittlerweile grandios bei der Bundestagswahl gescheiterte Partei FDP gab in der Vergangenheit zu verstehen, dass die Steuer negative Auswirkungen haben wird. Die Steuer könnte schlimmstenfalls "zum Brandbeschleuniger inmitten der Euroschuldenkrise" werden. Im vergangenen Jahr hatte der litauische Politiker und EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta die deutsche Bundesregierung davor gewarnt, auf die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zu verzichten. Gegenüber der Publikation "Die Zeit" wurde er zitiert: "Unser Vorschlag für eine Finanztransaktionssteuer hat alles, was für einen guten politischen Kompromiss gebraucht wird". Im Vorfeld hatte der deutsche Bundesfinanzminister Schäuble die alte nicht überarbeitete Variante der Steuer als "nicht durchsetzbar" bezeichnet.

Anfang vergangenen Jahres hatte der oben angeführte SPD-Mann und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nachdrücklich erneut aufgefordert, der Finanztransaktionssteuer in der Eurozone gegen den Widerstand des (nun ehemaligen) Koalitionspartners FDP einzuführen. Laut damaligen Angaben durch Schulz hieß es, die Steuer würde 200 Milliarden Euro im Jahr bringen. Somit könne man sich dann auch eine weitere Debatte zur Erhöhung des Rettungsschirms ESM sparen. Schäuble merkte nachfolgend an, wenn man schon keine europäische Lösung zustande bringen wird, müsse es wenigstens eine teileuropäische Lösung sein. Es handele sich Schäuble zufolge zwar um eine schwere Entscheidung, doch die wirtschaftlichen Risiken für Deutschland wären viel zu groß, um den Fiskalvertrag scheitern zu lassen, mahnte Schäuble im Sommer vergangenen Jahres im Deutschlandfunk, mit Blick auf die Etablierung dieser Steuer.

Rolf Kroker, der Leiter der Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik am Institut der deutschen Wirtschaft, gab vor einigen Monaten bezgl. der Steuer zu verstehen, dass Finanzinstitute versuchen werden, die Steuerlast an den Endkunden weiterzugeben. "Weniger die Finanzinstitute tragen die Steuer, sondern in erster Linie die Kunden der Banken, also die Unternehmen und die Bürger", wurde Kroker im Handelsblatt zitiert. Die Finanzsteuer würde ihm zufolge auch die deutsche Altersvorsorge und Versicherungsunternehmen treffen. Im Februar hatte Kanzlerin Angela Merkel laut ihrem im Internet veröffentlichten Podcast ausdrücklich den Vorschlag der EU-Kommission für eine Finanztransaktionssteuer begrüßt. Es sei gelungen, elf europäische Länder dafür zu gewinnen, diese Steuer auch umzusetzen. "Sicherlich ist dies nur ein Anfang, denn es wäre besser, alle würden mitmachen".

Kurz vor der Bundestagswahl in Deutschland hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in der zweiten Septemberwoche die Einführung einer Finanztransaktionssteuer auch auf internationaler Ebene weiterhin für möglich gehalten. In Litauens Hauptstadt Vilnius sagte er aber auch, dass "die Finanztransaktionssteuer im Wege der verstärkten Zusammenarbeit nicht ganz leicht zu erreichen sein wird". Im Vorfeld wurde bekannt, dass angeblich der Rechtsdienst des EU-Rates juristische Bedenken gegen die Steuer hatte, welche man durch Deutschland und zehn weitere EU-Länder gemeinsam im Rahmen der sogenannten verstärkten Zusammenarbeit erheben möchte - die Einführung in der gesamten EU war bereits gescheitert.

Seitens der EU-Kommission hatte man Bedenken des Rechtsdienstes des EU-Rates beiseite gewischt und hervorgehoben, man könne dafür "eine Lösung finden". Im Juli hatte das EU-Parlament die von Deutschland und zehn anderen EU-Staaten geplante Finanztransaktionssteuer gebilligt. Demnach sollten Aktien und Anleihen mit einer Steuer von 0,1 Prozent belegt werden, für Derivate soll der Steuersatz 0,01 Prozent betragen - wobei es für Staatsanleihen und Pensionsfonds Übergangsregelungen geben sollte. Diese würden bis 2017 erst mal mit 0,05 Prozent besteuert werden, anschließend mit 0,1 Prozent. Das EU-Parlament hat dabei jedoch keine direkten Mitentscheidungsrechte in Steuerfragen.

  
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