CDU/CSU und SPD wollen PKW-Maut und Ausweitung der LKW-Maut


(C) Axel Schwenke, 2012, Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY-SA 2.0)

Wie "Focus" berichtet, hätte sich die Union aus CDU/CSU und die Partei SPD wohl auf die Einführung der PKW-Maut in Deutschland verständigt. In den Sondierungsgesprächen für die geplante Große Koalition sah man dem Bericht zufolge für Straßen und Schienen einen Bedarf in Höhe von rund 11 Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren. Focus beruft sich auf "Teilnehmerkreise". Zur Finanzierung sei jedoch nicht nur eine PKW-Maut vorgesehen, sondern demnach auch eine Ausweitung der LKW-Maut.

Focus schreibt, dass Lastwagen schon ab einem "Gesamtgewicht" von 7,5 Tonnen eine Maut entrichten sollen. Bislang wird sie erst ab einem Gesamtgewicht von 12 Tonnen fällig. Das Netz der Mautstrecken für die LKWs solle ausgeweitet werden. Für das geforderte Modell der PKW-Maut sehe man Vignetten vor. Jeder Fahrzeughalter soll nach Überweisung der dann später fälligen neuen KFZ-Steuer eine Plakette erhalten, diese müsse also nicht in einem gesonderten Vorgang angeschafft werden, sondern die Bezahlung wird an die Pflicht der KFZ-Steuer geknüpft.

Mit dem Erhalt der Vignette in dem vorschwebenden Modell sei man dann laut Focus zum "freien Fahren berechtigt". Personen, welche aus dem Ausland in Deutschland auf Maut-Straßen unterwegs sind, müssen ihrerseits ebenfalls eine Vignette kaufen. Mit den daraus zu generierenden Einnahmen wolle man aktuellen Darstellungen zufolge neben Straßen und Schienen auch Wasserwege in Stand setzen.

Rückblick/Anhang:

Im Vorfeld waren deutsche Bundesbürger wohl nicht von einer reinen PKW-Maut nur für Ausländer ausgegangen. Anfang September 2013 hieß es einer Umfrage (mit 1.003 repräsentativ ausgewählten Personen) zufolge, dass eine "große Mehrheit" nicht damit rechnet, dass sich der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer mit einer solchen Einführung durchsetzen wird. Laut dieser Emnid-Umfrage für "Focus" hätten 39 Prozent gesagt, sie erwarteten, dass sich die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gegen Seehofer durchsetzen wird und keine reine Ausländer-PKW-Maut kommt. Rund 40 Prozent hatten mit einem Kompromiss gerechnet. Nur 18 Prozent waren der Meinung, dass Seehofers Initiative Realität wird.

Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet hatte Anfang Oktober eine Pkw-Maut in Deutschland strikt abgelehnt. Dem "Focus" sagte er: "Eine Pkw-Maut halte ich für falsch". Durch den Landeschef der CDU von NRW hieß es weiterhin, dass wenn man damit anfinge, abzukassieren, dann würden möglicherweise auch die Nachbarn auf die Idee kommen eine Maut einzuführen, womit das Bundesland Nordrhein-Westfalen gleich "doppelt gestraft" wäre. In Belgien oder den Niederlanden gebe "es noch kein" solches Mautsystem.

Vor der Bundestagswahl, Mitte August 2013, hatten führende Unions- und Grünen-Politiker eine deutliche Verschärfung unternommen, in der Forderung zur Etablierung einer PKW-Maut in Deutschland. Dem Magazin "Focus" sagte damals der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Norbert Barthle, es gäbe zwar die feste Vereinbarung in der aktuellen, also der nun zurückliegenden Legislaturperiode, keine solche Maut einzuführen. Doch in "der kommenden Legislatur wird das Fass neu aufgemacht". Seitens der Grünen hieß es unter anderem durch Winfried Kretschmann (Baden-Württembergs Ministerpräsident): "Ich verstehe die Beweggründe derjenigen, die eine Maut fordern. Ich bin jedoch für eine satellitengestützte Maut".

Eine PKW-Maut nur für Ausländer sahen deutsche Verkehrspolitiker von CDU, SPD und Grünen im August als nicht machbar an, da sie das EU-Diskriminierungsverbot verletzen würde. Der CDU-nahen Rheinischen Post sagte damals u.a. der Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Dirk Fischer: "Im gemeinsamen Regierungsprogramm von CDU und CSU ist die Pkw-Maut nicht vorgesehen". Auf der anderen Seite hatte der Chef des Verkehrsausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), dem CSU-Mann Seehofer Betrug an den Wählern vorgeworfen – wegen der reinen Ausländermaut. "Man darf Autofahrer allein aufgrund ihrer Nationalität nicht unterschiedlich behandeln", wurde er zitiert.

"Der Spiegel" berichtete im Juli über ein Gutachten, bezogen auf die PKW-Maut in Deutschland, dass diese nur zu Mehreinnahmen von 700 Millionen Euro führen würde. Das Gutachten wurde u.a. vom Maut-Dienstleister Ages erstellt. Hier ging man von einer gestaffelten Vignette mit Gebühren von zehn Euro für zehn Tage bis 100 Euro für ein Jahr aus. Die möglichen Einnahmen daraus würden sich auf gut 4,2 Milliarden Euro pro Jahr belaufen, wovon jedoch gut 3,3 Milliarden Euro auf inländische Fahrer entfielen. Ausländische Pkw könnten hingegen zu 900 Millionen Euro Einnahmen führen. Es müssten dieser Studie zufolge aber die Erfassungskosten in Höhe von 200 Millionen Euro abgezogen werden, sodass nur 700 Millionen Euro übrigbleiben.

Seitens der SPD hieß es im September durch Florian Pronold, Mitglied im Kompetenzteam von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der geplanten PKW-Maut für Deutschland "Wahlbetrug mit Ankündigung" vollzieht. Sie wäre diesen Darstellungen zufolge "umgefallen" und hätte sich mit der CSU eingelassen. Merkel hatte im Vorfeld dem ZDF-Journal "HEUTE" gesteckt, man wolle eine Lösung mit der CSU finden. Pronold wurde zitiert: "Damit ist klar: Die Union wird eine Straßenbenutzungsgebühr einführen, und zwar für alle Autofahrer".

Kurze Zeit zuvor, Ende August, hatte der deutsche Politiker und CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe noch das Nein der CDU zur Pkw-Maut bekräftigt. Der Springer-Publikation "Die Welt" sagte er: "Die CDU ist gegen die Pkw-Maut [...] Auch die CSU hat deutlich gemacht, dass sie keine Mehrbelastung des deutschen Autofahrers will". Die CSU hätte hervorgehoben, man wolle keine Mehrbelastung des deutschen Autofahrers - bezogen auf die PKW-Maut nur für Ausländer. Hermann Gröhe betonte damals, dass sich CDU und CSU "in den grundlegenden Fragen einig" wären. Beide Seiten wollten die deutschen Autofahrer "nicht weiter belasten".

Die damals geplante PKW-Maut für Ausländer sah auch ein ehemaliger deutscher Verfassungsrichter kritisch. Der frühere Richter am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, Udo di Fabio, gab zu verstehen, dass eine PKW-Maut für Ausländer nach geltendem Europa-Recht nur wenig Chancen habe. Dies speziell auch aus dem Grund, hier bezogen auf "nur für Ausländer", da das Europäische Recht keine Ungleichbehandlung von Deutschen und EU-Ausländern erlaubt. Experten der "Bodewig-Kommission" führten Ende September laufenden Jahres aus, dass sie nur eine Maut für alle Pkw-Fahrer, also auch die deutschen Autofahrer, für möglich hielten. Man hatte sich jedoch seitens der Bodewig-Kommission auch gegen diese Mautvariante ausgesprochen, eine Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Straßen sei sinnvoller.

Irritationen gab es im Verlauf der vergangenen Monate, und weiter zurückblickend auch Jahre, in Bezug auf das Killerthema "Maut". Der bereits oben angeführte stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet sagte "Die Welt" Anfang August 2013, man schließe die Einführung der Straßengebühr kategorisch aus. "In einem Koalitionsvertrag wird das stehen, auf was sich CDU und CSU verständigt haben. Die Maut gehört nicht dazu", wurde Laschet damals zitiert. Er merkte an: "Die Autofahrer sind heute schon die Melkkuh der Nation". Einer solch angestrebten Pkw-Maut für Deutschland würde dann auch eine Maut in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg folgen.

Die Grünen waren im August anderer Meinung. Sie strebten bereits damals eine "umfassende Pkw-Maut für alle Straßen an". Diesen Darstellungen zufolge sei es die "beste Lösung". Ebenfalls führten diese ein satellitengestütztes System an, welches sich in der vorhandenen Infrastruktur auch gut einbringen/nutzen ließe. Im "Tagesspiegel am Sonntag" hieß es durch den Grünen Winfried Hermann: "Wir müssen den Verkehr stärker steuern". Speziell auch in Städten reiche der Platz heute schon nicht mehr aus und bezahlbar sei es ohnehin nicht. Er schlug eine "intelligenten Maut" vor, mit welcher sich je nach Tageszeit die Autofahrer individuell schröpfen ließen.

Der listige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte sich im Mai laufenden Jahres noch strikt gegen eine PKW-Maut für Deutschland ausgesprochen. Zur Publikation "Der Spiegel" sagte er, dass dieses Thema emotional aufgeladen sei. Er stellte zugleich aber höhere Mittel für den Straßenbau aus dem Bundeshaushalt in Aussicht. Schäuble meinte im Mai laufenden Jahres gegenüber "Spiegel", man müsse in der kommenden Legislaturperiode - wobei er damals wohl schon von einem Sieg bei der Bundestagswahl im September ausging - "weitere Schwerpunkte setzen". Das emotionale Thema der PKW-Maut würde auch den ADAC betreffen. Schäuble glaubte, dass "es da andere Lösungsansätze geben kann" - als die damals vorschwebenden zur Einführung der PKW-Maut.

Schon Ende vergangenen Jahres hatte der Chef des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC), Peter Meyer, eine PKW-Maut als nicht positiv empfunden. Hier betonte er im Dezember 2012 laut "Die Welt" speziell, dass man eine Maut via Vignette strikt ablehnen würde. Eine Maut sei "unsozial und unfair", wurde er zitiert. Es gäbe auch keine Begründung dafür, dass etwa ein junger Mensch, der täglich mit dem Auto in die Stadt zur Arbeit 20 Kilometer hin und auch wieder zurück fährt, eine ebenso teure Vignette bezahlen muss "wie der Vielfahrer, der pro Jahr 100.000 Kilometer und mehr fährt. Meyer kritisierte, "ebenso großer Quatsch" sei das Argument, ausländische Fahrer würden über eine Pkw-Maut substanziell mitbezahlen.

Älteres:

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