Wintershall: Ölproduktion in Libyen noch kein Vorkrisenniveau


Wintershall

Der größte deutsche Erdöl- und Erdgasproduzent, die Wintershall Holding GmbH - Tochter der BASF SE, teilte laut Reuters mit, dass die vorherrschende Lage in Libyen die Öl- und Gasförderung bremse. In dem Land produziert man demnach immer noch weniger Öl als vor dem Sturz der Gaddafi-Regierung. Man wolle jedoch so schnell wie nur möglich das Niveau wie vor dem Sturz der Regierung von Libyen in 2011 erreichen, demnach 100.000 Fass am Tag.

Aktuell könne man jedoch nicht sagen, wann dies auch tatsächlich der Fall sein wird. Im zweiten Quartal hatte Wintershall eigenen Angaben zufolge rund 73.000 Barrel Öl pro Tag in Libyen produzieren können. Im Vorjahr wären es im Schnitt 80.000 Barrel am Tag gewesen. Den Rückgang begründet Wintershall mit "Wartungsarbeiten". Wegen der unsicheren Lage in dem Land fehlten zudem Fachleute.

Weiterhin gibt es Proteste und Streiks an Verladeterminals, was entsprechend den Export beeinträchtigen würde. Eine Aussage zur Menge im Gesamtjahr wagte man Reuters zufolge nicht, weil die Produktion momentan wegen der Streiks eingestellt ist. Vor dem Gaddafi-Sturz war Wintershall nach dem italienischen ENI-Konzern die zweitgrößte ausländische Ölfirma Libyen.

1958 begann man erfolgreich mit der Exploration und Produktion von Erdöl in Libyen. Eigenen Darstellungen zufolge plane man nicht das Land zu verlassen. Vielmehr sollte der Aufbau eines stabilen Systems und Reformen vorangetrieben werden, um so die Sicherheitslage im Land zu stabilisieren. Wintershall hatte damals im Oktober 2011 die Ölproduktion in der Libyschen Wüste wieder aufgenommen, welche im Februar 2011 nach dem Beginn von Unruhen aus Sicherheitsgründen eingestellt worden war.

Man kooperierte u.a. auch mit der libyschen NOC und AGOCO beim Bau einer 55 Kilometer langen Ölpipeline. Die Produktionsanlagen der Wintershall in Libyen selbst werden alle fünf Jahre umfangreich gewartet. In 2011 teilte der Vorstand Rainer Seele mit, man wolle in 2012 die Tagesproduktion auf rund 80.000 Barrel stabilisieren. Die tägliche Produktionsmenge in Libyen als OPEC-Mitglied schwankt dabei aber grundsätzlich, weil die Produktion von Öl unter OPEC-Restriktionen geführt wird.

Laut Bericht des Handelsblatts sagte Wintershall-Chef Rainer Seele Anfang 2012, man habe die Produktion in Libyen wieder verdreifachen können. Er wurde durch Reuters zitiert: "Wir sind mit einer Produktion von 20.000 Barrel pro Tag im Oktober gestartet und haben uns nun im Durchschnitt bei 60.000 Barrel pro Tag stabilisiert". Unter anderem durch den Ausbau der Aktivitäten vor der Küste Norwegens könne Wintershall aber auch seine Abhängigkeit von der Produktion in Libyen verringern.

Man peilte im vergangenen Jahr bis 2015 vor der Küste Norwegens und im nördlichen Teil der britischen Nordsee zusammen eine Produktion von 50.000 Barrel pro Tag an. Seele gab Anfang vergangenen Jahres zu verstehen, man rechne mittel- bis langfristig mit keinem größeren Anstieg der Gasnachfrage in Europa. Wintershall ist wie oben angemerkt Deutschlands größter Gasproduzent. In Europa und auf dem Heimatmarkt würde das Unternehmen gerne in die umstrittene Förderung (Fracking) von Schiefergas einsteigen.

Zurückblickend auf Libyen machte Wintershall schon vor Gaddafis Militärputsch 1969 Geschäfte mit Tripolis. Neben den Ölfeldern in der libyschen Wüste (an den Projekten ist auch die russische Gazprom zu 49 Prozent beteiligt) fördert(e) man in einem Konsortium mit der staatlichen libyschen National Oil Corporation (NOC) und der französischen TOTAL aus dem Offshore-Feld "Al Jurf". Auch BP, die italienische ENI und andere Multis sind dabei, wenige hundert Kilometer von Malta entfernt Öl und Gas zu fördern.

Als sich damals die Lage in Libyen zugespitzt hatte, kam es zu einer spektakulären militärischen Aktion der Bundesrepublik Deutschland. Am helllichten Tage landeten zwei Transall-Maschinen der Bundeswehr mitten in der Wüste. Die Soldaten evakuierten 200 Deutsche und EU-Bürger aus einem Camp der Wintershall und flogen sie nach Kreta aus. In Berlin war die Entscheidung für die Mission an einem Freitagabend gefallen, nachdem immer mehr Europäer in das vergleichsweise komfortable Wintershall-Wüstenlager geflüchtet waren.

  
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