EuGH soll Fall um desertierten US-Soldaten entscheiden


Europäischer Gerichtshof

In einem Asylverfahren um den desertierten US-Soldaten Andre S. (der aus Cleveland/Ohio kommt) hatte das deutsche Verwaltungsgericht von München den Prozess ausgesetzt und den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg um Klärung wichtiger Rechtsfragen gebeten. Dortige Richter sollen demnach definieren, wann das europäische Flüchtlingsrecht einen Deserteur schützen will und soll, heißt es Medienberichten zufolge in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts.

Hier gehe es auch um die Frage, mit welch einer Wahrscheinlichkeit und wie tief ein Soldat in Kriegsverbrechen verstrickt sein muss, damit die unternommene Desertion (Fahnenflucht) am 11. April 2007 und die hiermit verbundene Strafe als Asylgrund anerkannt werden kann. Die benannte Person Andre S. war in 2007 vor einem erneuten Einsatz im Irak-Krieg desertiert, zuvor war er dort als Hubschraubermechaniker eingesetzt.

Nach der Flucht beantragte (26. November 2008) er in Deutschland als US-Soldat Asyl. Der Antrag wurde im April 2011 abgelehnt, wogegen man klagte. Sein Anwalt gab nun zu verstehen: "Ich hoffe, dass der Fall nun endlich entpolitisiert und nüchtern bewertet wird". Die Person S. ließ sich zurückblickend in 2004 nach längerer Arbeitslosigkeit von der US-Armee anwerben. Nachfolgend schickte man ihn in den Irak, in die Nähe von Tikrit am Fluss Tigris - etwa 175 Kilometer nördlich von Bagdad gelegen. Dort musste er im 601st Aviation Support Battalion Kampfhubschrauber warten/reparieren. Das Jahr 2004 war damals besonders blutig im Irak.

Als S. (der demnach in Deutschland bei Katterbach stationiert war) in 2007 wieder in den Irak sollte, desertierte er aus Gewissensgründen. Zwischen 2004 und dem kommenden Einsatz in 2007 hatte er sich ausgiebig informiert, was wirklich hinter dem Krieg gegen den Terror steckt und auch im Irak veranstaltet wurde. Zudem hatten wohl Veröffentlichungen wie ein Massaker-Video, das durch die Plattform Wikileaks veröffentlicht worden war, psychologisch eingewirkt. In den USA droht S. wohl eine mehrjährige Haftstrafe und ggf. lebenslange Diskriminierung wegen der vollzogenen "Fahnenflucht".

Ende Januar laufenden Jahres sollte vor dem oben angeführten Verwaltungsgericht von München über das im November 2008 eingereichte Asylbegehren von André S. verhandelt werden. Diese Verhandlung wurde jedoch abgesetzt. Auf Antrag des beauftragten Rechtsanwalts hatte das Verwaltungsgericht München den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg um Klärung grundsätzlicher Fragen im Asylverfahren des US-Deserteurs André S., der mit einer deutschen Frau verheiratet ist, gebeten.

Bis zur späteren Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes hatte, wie angemerkt, das Verwaltungsgericht das Asylverfahren ausgesetzt. Am Status von S. ändert sich nichts und er kann sich in Deutschland auch frei bewegen. Der Rechtsanwalt des ehem. US-Soldaten, Reinhard Marx, gab laut Medienberichten zu verstehen, dass "hier zum ersten Mal ein Verfahren eines US-Deserteurs vor dem höchsten europäischen Gericht verhandelt wird". Womit auch deutlich würde, "welch grundsätzliche Bedeutung dem Fall meines Mandanten zukommt". Aus aktueller Sicht der Dinge geht man davon aus, dass es in gut einem Jahr eine mündliche Verhandlung und in zwei Jahren eine Entscheidung in der Sache geben könnte.

  
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