DE: Zunehmende Videoüberwachung soll nur Straftäter abschrecken


(C) Ks Photos, 2006, Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY-SA 2.0)

Laut Antwortgabe der deutschen Bundesregierung wäre die bereits vorhandene Videoüberwachung im öffentlichen Raum speziell auch dafür da, um potenzielle Straftäter abzuschrecken und somit auch eine präventive Wirkung zu erzielen. Ebenfalls trügen Videoaufzeichnungen wesentlich zur Aufklärung von Straftaten mit bei und das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung werde gesteigert.

Die in der Antwort (17/14796) bezeichnete moderate Verwendung der Videoüberwachung sei notwendig, nützlich und verhältnismäßig, schreibt die Bundesregierung. Der Anfragesteller (Kleine Anfrage 17/14721) hatte sich auch auf eine Pressemitteilung bezogen, wonach mit der Deutschen Bahn AG eine Grundsatzvereinbarung zum Ausbau und zur Modernisierung der Videoüberwachung und -aufzeichnung an Bahnhöfen abgeschlossen worden war.

Das entsprechende Programm sei erst einmal auf sechs Jahre angelegt und hat ein Volumen von 36 Millionen Euro. Welche Bahnhöfe in Deutschland in jew. Risikoklasse (laut Bundespolizei gibt es drei Gefährdungskategorien; GK 1 bis GK 3) eingestuft sind, wolle man durch die Bundesregierung nicht benennen, aus Sicherheitsgründen - die Einstufung sei aber nicht statisch (u.a. Einbezug: aktuelle Sicherheitslage, polizeiliche Lageerkenntnisse sowie die Bedeutung des jeweiligen Bahnhofes).

Eine Offenlegung würde die Arbeit der Bundespolizei hier nachhaltig infrage stellen, auch könne eine Antwortgabe per Einstufung als Verschlusssache nicht in Betracht gezogen werden, weil insoweit auch ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens unter keinen Umständen hingenommen werden kann. Zur Thematik verhaltensauswertende oder -erkennende Fähigkeiten von automatisierten Videoüberwachungssystemen heißt es, derartige Implementierungen wären derzeit offiziell noch nicht geplant.

In der Vorbemerkung der Anfrage führte man unter anderem einleitend an, dass man aus einer Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern (BMI) entnommen habe, dass dieses und die Deutsche Bahn AG eine Grundsatzvereinbarung zum Ausbau und Modernisierung der Videoüberwachung und -aufzeichnung an Bahnhöfen abgeschlossen hatten. Rund 36 Mio. Euro sollen in das Programm fließen. Jüngste Erhebungen aus Bayern, Niedersachsen und Bremen hätten laut Anfragesteller "Die Linke" gezeigt, dass das Ausmaß der Videoüberwachung in den Bundesländern stetig weiter zunahm.

Medialer Rückblick zur "Videoüberwachung":

Ende August hatte die Springer-Publikation "BILD" berichtet, dass sich die Deutsche Bahn AG auf einen massiven Ausbau der Videoüberwachung auf Bahnhöfen geeinigt hätte. In den kommenden sechs Jahren wollen die Bahn und die Bundesregierung etwa 60 Millionen Euro für neue Videoüberwachungstechnik, Sicherheitspersonal und andere Maßnahmen zur Verbesserung der Fahrgastsicherheit ausgeben, schrieb man. Der deutsche Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gab der Publikation zu verstehen: "Wir bauen ab dem kommenden Jahr die Videoüberwachung auf den Bahnhöfen schrittweise aus. Der 36-Millionen Euro Vertrag mit der Bahn für die nächsten sechs Jahre ist unter Dach und Fach".

Auch der Bahnchef Rüdiger Grube kam zu Wort und bestätigte die getroffene Vereinbarung und ergänzte, dass der Bund ein Drittel und die Bahn den Rest der Kosten übernehmen wird. Laut dem Bundesinnenminister Friedrich gehe es dabei jedoch "nicht um flächendeckende Überwachung", sondern nur um einen selektiven Ausbau der sicherheitspolitischen Maßnahmen. Er sagte dazu: "Wir machen für alle Bahnhöfe eine Gefährdungsanalyse".

Anfang Juni laufenden Jahres hieß es, die Deutsche Bahn wolle die Videoüberwachung auf ihren Bahnhöfen ausweiten und in den nächsten fünf Jahren rund 40 Millionen Euro in neue Kameras investieren - was zu dieser Zeit "Der Spiegel" berichtete. Hier nannte man Zahlen, wonach zu dieser Zeit bei gut 600 Bahnhöfen 4.800 Videokameras installiert waren. Die Bahn hätte damit auch auf einen gescheiterten Bombenanschlag auf dem Bonner Hauptbahnhof im vergangenen Dezember reagiert. Die Bahn wurde damals in "Spiegel" zitiert: "Wir sind schon von Gesetzes wegen nicht die Erfüllungsgehilfen der Bundespolizei, sondern Partner in Sachen Sicherheit".

Im April hatte der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), in der Debatte um eine Ausweitung der Videoüberwachung einheitlich hohe Sicherheitsstandards in Deutschland gefordert. Dazu wurde er damals im Deutschlandfunk zitiert: "Wir brauchen in Deutschland einheitlich hohe Sicherheitsstandards, insbesondere bei Verkehrsknotenpunkten mit einem hohen Aufkommen an Publikumsverkehr". Im Vorfeld hatte der Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) angeführt, im Zusammenhang mit den Bomben-Anschlägen von Boston, dass er eine Ausweitung der Video-Überwachung von öffentlichen Plätzen in Deutschland forderte.

In der Bild am Sonntag hieß es Ende April - laut Zitierung Friedrichs dort: "Die Ereignisse in Boston zeigen erneut, wie wichtig die Überwachung des öffentlichen Raums durch Videokameras für die Aufklärung schwerster Straftaten ist. Deshalb arbeiten wir zum Beispiel mit der Bahn daran, die Videoüberwachung an den Bahnhöfen zu stärken". Nach den Boston-Ereignissen hatten mehrere Unions-Innenminister einen Ausbau der Videoüberwachung gefordert. Der hessische Innenminister Boris Rhein (CDU) sagte bspw. gegenüber "Die Welt": "Videoaufnahmen sind nicht nur bei Terrorakten ein gutes Mittel [...] Mithilfe von Videoüberwachung lassen sich Straftäter identifizieren. Sie schreckt auch ab und hilft der Polizei, möglichst früh Verbrechen zu erkennen".

Der Innenminister von Bayern, Joachim Herrmann (CSU), sagte damals der "Welt": "Bei den Anschlägen in Boston haben Videoaufnahmen wichtige Täterhinweise und schnell verfügbare Ermittlungsansätze geliefert [...] Bei der Beschaffung von Zügen muss die Ausstattung mit modernster Videotechnik künftig zum Standard gehören". Zur Ausweitung der deutschen Videoüberwachung wollte der Bundesinnenminister Friedrich nach damaligen Informationen der "Welt am Sonntag" mehr Mittel im Haushalt 2014 beantragen.

Im Februar berichtete die "Süddeutsche Zeitung", dass die Videoüberwachung mit Blick auf den Freistaat Bayern in den vergangenen fünf Jahren drastisch ausgeweitet worden war. Ende vergangenen Jahres waren demnach mehr als 17.000 Kameras installiert, um öffentliche Plätze und öffentlich zugängliche Räume zu überwachen - wie Wertstoffhöfe, Kindergärten, Schulen, Kreiskliniken und Kreismuseen, Kurhäuser, Feuerwehrgerätehäuser, Mehrgenerationenhäuser. Seit dem Jahr 2008 wurde rapide aufgerüstet. Erst im Januar hatte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gefordert, die Videoüberwachung im Personennahverkehr "flächendeckend" auszuweiten.

Der Bundesinnenminister Friedrich hatte bei verschiedenen Vorfällen in der Vergangenheit immer wieder die Thematik mit der Ausweitung der Videoüberwachung eingeflochten. Im Oktober vergangenen Jahres, nach einer tödlichen Prügelattacke auf einen 20-Jährigen am Berliner Alexanderplatz, warb er für eine massive Ausweitung der Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen. Der "Welt am Sonntag" sagte er zu dieser Zeit: "Ich halte es für richtig, dass an Plätzen oder Straßen, an denen es auffällig viel Kriminalität gibt, mehr Kameras installiert werden". Videokameras seien ein sehr effizientes Mittel, das auf viele abschreckend und präventiv wirke. Auch der niedersächsische Kriminologe Christian Pfeiffer plädierte in der "Welt am Sonntag" damals für den stärkeren Einsatz von Überwachungskameras an Brennpunkten, besonders in Bahnhöfen und an Haltestellen.

  
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