Italien: Millionen bei Merrill Lynch beschlagnahmt


(C) Michael Gray, 2008, Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY-SA 2.0)

In Italien hatte die dortige Steuerfahndung nun beim italienischen Ableger der US-amerikanischen Großbank Merrill Lynch 15 Millionen Euro beschlagnahmen lassen. Medienberichten zufolge sei jene Maßnahme am Sitz der Bank in Mailand durch die Stadt Verona (italienische Stadt in Venetien im Nordosten Italiens) angeordnet worden. Aus polizeilichen Quellen soll es zur Sache heißen, dass dieses Vorgehen im Zusammenhang mit Ermittlungen über verdeckte Provisionszahlungen bei Derivategeschäften steht, welche ein Gesamtvolumen von 256 Millionen Euro hätten.

Der ital. Ableger der US-Großbank Bank of America Merrill Lynch (unter dieser Marke führt die Bank of America das Investmentbanking) lehnte zuletzt eine Stellungnahme zur Sache ab. Einen ähnlichen Streit mit der Stadt Verona gab es im laufenden Jahr mit der italienischen Großbank Unicredit, welcher außergerichtlich beigelegt worden war. In Italien liegt eine ganze Reihe von finanziell angeschlagenen Gemeinden im Streit mit Geldhäusern, denen man auch mangelnde Transparenz bei Derivategeschäften vorwirft. In Verona seien der Gemeinde die mit den Derivaten verbundenen Kosten für Provisionen in Höhe von 15 Mio. Euro nicht mitgeteilt worden. Der Verdacht lautet auf Betrug.

In der Vergangenheit standen vor italienischen Gerichten immer öfters Kommunen, welche mit Banken in Konflikt geraten waren. Regierungen auf kommunaler und regionaler Ebene hatten sich auf spekulative Geschäfte eingelassen, da viele öffentliche Haushalte klamm waren/sind. Dabei geriet manch eine Regierung in zunehmende Abhängigkeit von Banken, da sie sich auch undurchsichtige Finanzderivate andrehen ließen. Diese könnten im schlimmsten Fall den öffentlichen Haushalt in den Bankrott treiben.

In Italien hatten zwischen 1995 und 2008 zahlreiche kommunale Verwaltungen, auch Gesundheitsämter oder auch öffentliche Verkehrsunternehmen Steuergelder in Bankenderivate und ähnliche sogenannte Finanzinstrumente gepumpt. Man wurde auch mit der Aussicht auf niedrige Kreditzinsen gelockt. In verschiedenen Fällen stellte sich heraus, bei denen die Banken verdeckte Provisionen kassierten oder verlangten, dass eine Kommune Derivate kaufen musste/sollte, um so Kredite zu erhalten.

Viele Derivate stützten/stützen sich dabei auch auf Vereinbarungen der ISDA (International Swaps and Derivatives Association, Inc.), die der Londoner Justiz unterliegen. Dies trifft/traf auch auf zahlreiche Fälle in Deutschland und Frankreich zu, wo Kommunen ähnliche Prozesse führen/führten. Im Dezember vergangenen Jahres hieß es mit Blick auf die Deutsche Bank, dass risikoreiche Zinswetten gegen Städte und Kommunen vollzogen wurden, was der Bank damals auch in Italien Geld und Reputation kostete. Der deutsche Konzern wurde von einem Gericht in Mailand wegen schweren Betrugs verurteilt.

Auch gegen andere Großbanken wie UBS, die US-Bank JPMorgan und die deutsch-irische Depfa Bank hatten die Juristen das Urteil in dieser Höhe gefällt. Die Banken hatten damals u.a. Derivate an die Stadt Mailand verkauft und niedrigere Zinsen versprochen. Mit diesen Deals wollte Mailand eigentlich die Zinslasten für eine 1,7 Mrd. Euro schwere 30-jährige Anleihe verringern, welche in 2005 aufgelegt worden war. Das Gericht verurteilte die Banken zu je einer Million Euro Strafe. Jenes angeführte Urteil aus dem Dezember 2012 war dabei nur der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Prozessen: Rund 600 italienische Kommunen hatten Derivate im Volumen von 36 Milliarden Euro gekauft.

Wie etwa beim EU-Krisenkandidaten Griechenland hatten auch in Italien Städte, Provinzen und Regionen mittels Swap-Geschäften versucht, die Zinslast auf ihre Schulden zu reduzieren. Mit den fraglichen Papieren, sog. Swaps, wetten Firmen und Kommunen auf die künftige Entwicklung der Zinsen. Unter anderem in Deutschland stritt sich die Deutsche Bank im Verlauf der vergangenen Jahre mit Dutzenden von Mittelstandsunternehmen, Gemeinden und kommunalen Firmen über solche Geschäfte.

  
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