Türkei: AKP will Truppen für Social-Media aufbauen


(C) brokodil, 2006, Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY-NC-SA 2.0)

Laut deutschsprachigem Wall Street Journal (WSJ) wolle man seitens der türkischen Regierung eine Art Social-Media-Einheit aufbauen, womit kritischen und der Regierung nicht genehmen Schwadronier-Runden im Netz entgegengewirkt werden soll (wohl auch wegen der Organisation von Protesten) - Stalin und Co. lassen grüßen. Mitglieder der Erdogan-AKP sollen laut WSJ rekrutiert werden, die technikaffine Kenntnisse haben. Jene wolle man als sog. freiwillige "Medienvertreter" schulen und dann in den "Cyberkampf" schicken. Speziell sollen die US-Datensammelbecken Twitter oder das In-Q-Tel geförderte Facebook im Visier stehen.

Auch andere US-Dienste wie etwa YouTube oder Instagram liegen im Blickwinkel der türkischen pro-AKP-Meinungsmacher. Ein Sprecher der Partei wird folgendermaßen zitiert: "Wir wollen eine positive politische Sprache entwickeln, das ist es, was wir unseren ehrenamtlichen Helfern beibringen" - auf Deutsch: Man will frühestmöglich online Individuen pro-AKP umdrehen, also spätere potenzielle Wähler, damit diese nicht vermehrt zu den verhassten pro-Moskau Linken oder anderen Strukturen in der Türkei abwandern und man wieder in die Geheimdienst-Trickkiste greifen muss.

Beobachter jener Maßnahmen meinen auch, dass diese durch die AKP forcierte Social-Media-Truppe möglicherweise auch eine Reaktion darauf sein könnte, wegen der jüngsten angeschobenen Proteste in der Türkei und dem eher ruppigen Eingreifen staatlicher Sicherheitsbehörden, was in verschiedenen Ländern teils scharf kritisiert wurde. Hier hatten sich die Protestler auch über die bekannten "Sozialen Medien" (lt. einigen auch als "Revolutionswerkzeug" benannt) organisiert. Im Verlauf hatte Erdogan etwa Twitter noch "als Plage" tituliert, da hier die größten Lügen zu finden wären.

Laut verschiedenen Meldungen von Anfang Juni (Proteste in der Türkei) hieß es, dass wohl "Maßnahmen" erwogen wurden, was Soziale Netzwerke betraf. Türkische Medien berichteten, es hätte damals "erste Verhaftungswellen" gegen Nutzer gegeben, die vermeintlich eine "bedeutende Rolle" in der Verbreitung von Informationen und die Vernetzung der Protestierenden über Soziale Netzwerke gespielt hätten. Im Zuge dieser Aktionen seien allein in Izmir 16 Personen festgenommen worden, weil sie "staatsfeindliche Propaganda" verbreitet hätten. In rund 40 Häusern seien Hausdurchsuchungen vollzogen worden.

Mit Blick auf die EU hatte Anfang des Jahres der britische "Daily Telegraph" berichtet, mit Verweis auf angeblich vorhandene Dokumente, welche nicht der Öffentlichkeit zugänglich wären, die EU wolle ebenfalls die öffentliche Meinung online mit diversen Maßnahmen pro-EU hinbiegen. Der Daily Telegraph selbst titulierte derartige Unterfangen als "Propaganda-Blitz". Jene Maßnahmen würden angeblich auch mit den anstehenden EU-Wahlen zu tun haben. Man hob in dem Bericht hervor, dass es in der EU zuletzt deutlich mehr Strömungen gegeben hätte, welche eher Anti-EU sind und sich immer häufiger, auch speziell online, negativ über die allgemeine Planwirtschaft und Zentralisierungsbestrebungen in der EU äußerten.

Laut Daily Telegraph sollten nach damaligem Stand auch "Analyse-Verfahren" eingesetzt werden, um etwa "Diskussion im Internet zu beobachten". Für die Analyse/Überwachung sollen demnach mehr als zwei Millionen Euro ausgegeben werden. Ein besonderes Augenmerk, so die britische Publikation, müsse auf jene Länder gelegt werden, wo die Skepsis gegen die EU zugenommen hat - um wohl durch entsprechende “Maßnahmen” die Leute zurück auf Pro-EU-Linie zu bringen. Sog. Kommunikatoren wolle man durch die EU einsetzen, die "öffentliche Konversationen beobachten und kritische Trends erkennen".

Würden die ominösen und wohl anonym agierenden "Kommunikatoren" EU-kritische Trends ausmachen können, sollen durch eigene Beiträge die Konversationen "beeinflusst" werden - wie etwa in Blogs, Foren, Kommentarfunktionen bei Nachrichtenseiten oder Soziale Medien. Die Beeinflussung soll möglichst auch derart erfolgen, dass eher kritisches EU-Geplänkel ggf. auch als "Mythen oder Verschwörungstheorien" dargestellt werden - ein Training für die „EU-Kommunikatoren“ solle laut Stand Februar "in den kommenden Monaten beginnen", hieß es laut Daily Telegraph.

  
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