(C) Antonio Gil, 2010, Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY-NC-SA 2.0)

Der spanische Politiker und Ministerpräsident Mariano Rajoy Brey (Partido Popular) hätte sich zuletzt eher offen im vorherrschenden Konflikt um das Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien gezeigt und Gespräche angeboten. Laut spanischen Medienberichten habe Rajoy dem katalanischen Regierungschef Artur Mas einen Dialog ohne Verfallsdatum angeboten. Gleichermaßen verlangte Rajoy dem zitierten Schreiben zufolge aber von der wirtschaftsstarken Region Katalonien eine Treue zu den Institutionen und die Einhaltung des Rechtsrahmens.
Damit hatte der spanische Ministerpräsident auch auf den Brief geantwortet, als Artur Mas im Juli laufenden Jahres um grünes Licht für die vom Regionalparlament in Barcelona für 2014 beschlossene Volksabstimmung gebeten hatte. In der vergangenen Woche hatten zahlreiche Katalanen mit einer 400 Kilometer langen Menschenkette (unter dem Motto: "Der katalanische Weg zur Unabhängigkeit") für eine Abspaltung Kataloniens demonstriert.
Die Menschenkette reichte über eine Strecke von den Pyrenäen durch die Städte Gerona, Barcelona und Tarragona hindurch bis an die Grenze zur Nachbarregion Valencia. Seitens der Regionalregierung schätzte man die Zahl der Teilnehmer auf etwa 1,6 Millionen, Madrid sprach hingegen nur von ca. 400.000 Personen. Die Menschenkette in Katalonien war von der Initiative Katalanische Nationalversammlung (ANC) organisiert worden, deren Präsidentin Carme Forcadell verlangte, dass die Katalanen in 2014 über ihre Unabhängigkeit abstimmen dürfen sollten. In einer Umfrage hatten sich kürzlich 80 Prozent der Katalanen für das Unabhängigkeitsreferendum ausgesprochen. Dabei gaben bei dieser Umfrage aber lediglich 52 Prozent an, für die Unabhängigkeit stimmen zu wollen.
Im Mai hatte das spanische Verfassungsgericht dem Unabhängigkeitsbestreben Kataloniens einen Dämpfer verpasst. Man hatte der Regierung von Madrid in einer schriftlichen Entscheidung die Möglichkeit eingeräumt, eine Resolution des katalanischen Regionalparlaments vom Januar laufenden Jahres anzufechten. Mit der sog. Souveränitätserklärung hatte man sich hier seitens Kataloniens ermächtigt, über das politische Schicksal selbst zu entscheiden und damit den Weg zu einer Volksbefragung über die Unabhängigkeit einzuschlagen. Die spanische Regierung um Rajoy sah die Resolution als Bedrohung für die von der Verfassung garantierte "Einheit" Spaniens an.
Die Abgeordneten im neuen Regionalparlament Kataloniens hatten bei der ersten Sitzung im Januar den Weg für ein Referendum über die Unabhängigkeit von Spanien im kommenden Jahr freigemacht. Man hatte damals mit 85 zu 41 Stimmen dafür gestimmt, einen Prozess einzuleiten, "damit die Bürger über ihre gemeinsame politische Zukunft entscheiden können". Zur damaligen Zeit hatte der Regionalpräsident Artur Mas erklärt, dass mit der Entscheidung zwar nicht alle Probleme binnen 24 Stunden gelöst würden, man wolle aber die Richtung zeigen, "in die wir gehen wollen".
Nach der Massendemonstration für die Unabhängigkeit am 11. September vergangenen Jahres und dem Scheitern der Gespräche mit der Zentralregierung in Madrid über eine Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen dem Staat und Katalonien löste Mas das Regionalparlament auf und beraumte damals Neuwahlen (zwei Jahre vor dem turnusgemäßen Wahltermin) für den 25. November 2012 an. In seiner letzten Sitzung vor der Wahl verabschiedete das katalanische Parlament am 27. September 2012 eine Resolution, in der die Regionalregierung aufgefordert wird, in der nächsten Legislaturperiode eine Volksbefragung über die "kollektive Zukunft des katalanischen Volkes" durchzuführen.
