Tschetschenen in Deutschland könnten sich radikalisieren


Flagge des Kaukaus-Emirats

Deutsche Sicherheitsbehörden wären alarmiert, wegen tschetschenischer Asylbewerber. Man befürchtet laut "FAS" (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung), dass die islamistische Terrororganisation "Kaukasisches Emirat" in Deutschland weiter Zulauf erhalten könnte. Zudem habe man bereits Anhaltspunkte dafür, dass sich immer mehr junge Menschen (Tschetschenen) der salafistischen Szene in Deutschland anschließen würden. Die Aufklärung von Aktivitäten sei jedoch recht schwierig, da sich jene Individuen auch in abgeschotteten Clan-Strukturen bewegen und staatlichen Strukturen eher mit Misstrauen begegnen.

Hans-Georg Maaßen, der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) in Deutschland, gab gegenüber der FAS zu verstehen, man könne beobachten, dass sich "viele Tschetschenen in Deutschland radikalisieren". Personen (welche der salafistischen Szene zuzurechnen sind) aus diesem Umfeld seien auch schon an teils gewaltsamen Vorfällen in Asylbewerberunterkünften beteiligt gewesen. In der deutschen Hauptstadt Berlin werden mindestens 60 Tschetschenen dem "Kaukasischen Emirat" zugerechnet, wobei offiziell bekannt mindestens 50 Personen aus dem Nordkaukasus der salafistischen Szene angehören.

Die jungen Tschetschenen beteiligen sich auch an salafistischen Islamseminaren, Koranverteilungen oder an Demonstrationen gegen rechtsoffene, islamfeindliche Gruppierungen wie Pro NRW. Laut Bericht der FAS fallen sie durch eine hohe Gewaltbereitschaft auf. Doch nicht nur im Gewirr der Großstadt Berlin selbst scheint ein Epizentrum zu liegen, auch Nordrhein-Westfalen (NRW) und der Freistaat Bayern gelten als Schwerpunkte ihrer Aktivitäten, heißt es. Laut dem Verfassungsschutz von Bayern gibt man zu verstehen: "Islamisten aus dem Nordkaukasus, die sich in Deutschland aufhalten, knüpfen zunehmend Kontakte in salafistische Kreise".

Durch das deutsche Bundesamt rechnet man nach bisherigen Feststellungen, bezgl. der Anhänger des sog. "Kaukasischen Emirats", mit 200 Personen. Weiterhin beobachte man, wie etwa auch bei anderen sich in der EU, speziell auch Deutschland, aktiven Strukturen (wie die DHKP-C aus der Türkei), dass "durch die Sammlung von Spendengeldern und die Rekrutierung von Kämpfern die Separatisten im Nordkaukasus logistisch und finanziell" unterstützt werden sollen.

Laut Verfassungsschutzbericht des Jahres 2010 heißt es, dass, trotz der unabhängig von den tatsächlichen Machtverhältnissen innerhalb des "Kaukasischen Emirats" im Nordkaukasus, personelle Veränderungen und auch ein möglicher Führungswechsel nur wenig Wirkung auf die in Deutschland lebenden Anhänger haben würden, deren Zahl auf etwa 500 Personen geschätzt wurde. Sie vertraten ihre Interessen damals bisher gewaltfrei. Die Mehrheit, schätzungsweise etwa 300 Personen (2010), waren dem CRI-Flügel (Tschetschenische Republik Itschkeria; ursprünglich tschetschenische Separatistenbewegung) um Zakaev (Achmed Chalidowitsch Sakajew) zuzuordnen. Bis zu 200 Personen sympathisierten mit dem "Kaukasischen Emirat" und leisteten von Deutschland aus Unterstützung.

Ziel der Anhänger der "Nordkaukasischen Separatistenbewegung" (NKSB) ist ein von der Russischen Föderation unabhängiger islamischer Staat auf der Grundlage der Scharia (das religiöse Gesetz des Islam), den der gewaltbereite Flügel der NKSB – das „Kaukasische Emirat“ – nicht nur in Tschetschenien, sondern auf dem Gebiet des gesamten Nordkaukasus errichten wolle. Der in Europa lebende Teil der Diaspora (von "Verstreutheit" – wie: bezeichnet seit dem späten 19. Jahrhundert hauptsächlich religiöse oder ethnische Gruppen, die ihre traditionelle Heimat verlassen haben und unter Andersdenkenden lebend über weite Teile der Welt verstreut sind), der sich dem nordkaukasischen Widerstand verpflichtet fühlt, betrachtet Europa primär als Rückzugsraum und unterstützt bzw. fördert die Organisation im Nordkaukasus.

Die Anfang der 1990er Jahre im Zuge der Auflösung der Sowjetunion entstandene Organisation gab sich selbst die Bezeichnung „Tschetschenische Republik Itschkeria“ (CRI). Daraus entstand der zunächst verwandte Arbeitsbegriff „Tschetschenische Republik Itschkeria“ (CRI)/„Tschetschenische Separatistenbewegung“ (TSB) der Sicherheitsbehörden. Dieser wurde ersetzt durch NKSB. Die Proklamation des „Kaukasischen Emirats“ durch Doku Chamatowitsch Umarow (tschetschenischer Terroristen- und Rebellenführer) im Jahr 2007 hatte die Spaltung der NKSB in das islamistisch-terroristisch ausgerichtete „Kaukasische Emirat“ und den vorgeblich „pro-demokratischen“ bzw. „nationalistischen“ CRI-Flügel zur Folge. Die USA wie die UN führen das "Kaukasische Emirat" auf Terrorlisten, weil es Kontakte zu al-Qaida geben soll. "Russlands Osama Bin Laden" Umarow werden einige der schwersten Anschläge in Russland angelastet, wie beispielsweise die Bombenattentate in Moskaus Metro-System im Jahr 2010. Er galt als Verbündeter von der inzwischen verstorbenen weiteren "Osama Bin Laden"-Figur Schamil Bassajew.

Ende April laufenden Jahres sagte Maaßen gegenüber "Die Welt" online zur Thematik unter anderem: "Zum islamistischen Personenpotenzial gehören auch Tschetschenen. Wir beobachten unter anderem die in Deutschland lebenden etwa 200 Anhänger des "Kaukasischen Emirats". Die Aufklärung ihrer Aktivitäten hat für uns eine hohe Priorität. Wir schauen dabei vor allem auf die mögliche Terrorismusfinanzierung und die Gefahren, die dadurch entstehen, dass erfahrene Kämpfer aus dem Kaukasus nach Deutschland geschleust werden. Eine Radikalisierung hier lebender Einzelpersonen in Abhängigkeit von aktuellen Ereignissen im Kaukasus können wir ebenfalls nicht ausschließen".

  
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