(C) Patrick Mayon, 2006, Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY-NC 2.0)

In der Türkei hatten sich nun erneut Demonstranten in Istanbul Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Medienberichten zufolge zogen die Protestler auch gen Justizbezirk, wo sie nachfolgend durch Sicherheitskräfte mit Tränengas und Wasserwerfern auseinandergetrieben worden sind. Zahlreiche Personen wurden verletzt und auch festgenommen. Als Auslöser der Proteste würde der Fall "Berkin Elvan" gelten, heißt es.
Dabei handelt es sich um einen Jungen (je nach Quelle entweder 14- oder 16 jährig), der im Juni bei Protesten schwer verletzt worden war und danach im Koma lag. Er soll damals von einer Tränengasgranate (Tränengaspatrone) am Kopf getroffen worden sein. Die nun angestoßenen Proteste liefen unter dem Motto: "Wir wollen Gerechtigkeit für Berkin Elvan". An diesen sollen sich speziell auch vermummte und linksradikale Personen beteiligt haben.
Bei anderen Protesten war es vor wenigen Tagen zwischen zahlreichen Studenten, die gegen ein Straßenbauprojekt auf dem Campus einer Universität (Technische Universität des Nahen Ostens; gehört zu den renommiertesten und größten Universitäten in der Türkei) in Ankara (Hauptstadt der Türkei) protestierten, zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften gekommen. Man setzte Tränengas und Gummigeschosse ein. Das Bauprojekt sehe demnach eine Straße vor, welche über den Campus führen soll. Neben den Studenten hatten auch Anwohner seit mehreren Wochen gegen den Straßenbau protestiert.
Unterdessen war nun ein umstrittenes neues Alkohol-Gesetz in der Türkei in Kraft getreten - es darf zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr morgens kein Alkohol mehr verkauft werden, ebenfalls müssten alkoholische Getränke in Geschäften durch Sichtblenden verdeckt werden und die Einführung von Warnhinweisen auf Alkoholflaschen und -dosen sei vorgesehen. Auch darf auf offener Straße und in Parks kein Alkohol mehr konsumiert werden, ein Werbeverbot für Alkohol ist auch vorgesehen - Firmen die alkoholische Getränke anbieten, dürfen nicht mehr als Sponsoren auftreten und räumliche Einschränkungen für den Alkohol-Ausschank werden umgesetzt.
Bei den forcierten Protesten in der Türkei geht es auch um den autoritären Regierungsstil, geplante Änderungen in der Familienpolitik, Umbau des Gezi-Parks oder weitere neue Bauprojekte. Bis Mitte Juli laufenden Jahres kamen während der Proteste nach Angaben des türkischen Ärzteverbandes TTB vier Zivilisten und ein Polizist ums Leben. Zu diesem Zeitpunkt schwebten zudem noch drei Personen in Lebensgefahr. Bisher wurden über 8100 Verletzte registriert.
Mit Blick auf die kurdisch-marxistisch ausgerichtete Untergrundorganisation - Arbeiterpartei Kurdistans - (PKK) hatte diese laut Medienberichten nun den vereinbarten Rückzug ihrer Kämpfer aus der Türkei vorerst gestoppt. Demnach habe man der türkischen Regierung vorgeworfen, in der "kurdischen Frage" keine Fortschritte zu machen, wird die pro-kurdische Nachrichtenagentur Firat News Agency (mit Sitz in Amsterdam) zitiert, unter Berufung auf eine PKK-Erklärung. Die Rebellen hätten jedoch versichert, weiterhin den Waffenstillstand einzuhalten. Die PKK gab der Regierung die alleinige Schuld, da sie angekündigte Reformen zur Stärkung der Rechte der Kurden nicht umsetzen würde.
Unterdessen berichtete das Wall Street Journal, für die Türkei komme es "knüppeldick", denn der Leitindex der Börse von Istanbul habe seit Mai ein Drittel des Wertes verloren, die Währung Lira ist auf ein Rekordtief abgewertet und Anleiherenditen hatten sich auf bis zu zehn Prozent verdoppelt. In dem Bericht von Wall Street Journal wird der Chefvolkswirt der Burgan Bank (TRK) zitiert: "Die Tage sind vorbei, da die Türkei ein Liebling der Märkte war. Die Regierung steht jetzt vor einer holprigen Phase". (mehr)
