Bioenergie: Laut Bundesregierung kann Biomasse Wälder bedrohen


(C) Sarah Horrigan, 2012, Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY-NC 2.0)

Einem Bericht der deutschen Bundesregierung zufolge, würde die weiter gestiegene Nutzung von Bioenergie auch zur Abholzung von Wäldern führen, was wiederrum eine Trockenlegung von Mooren begünstigen kann. Der vorgelegte Bericht, bezgl. der Steuerbegünstigung für Biokraftstoffe 2012, der Bundesregierung macht dies demnach deutlich. Darin heißt es unter anderem:

"Durch die steigende Nachfrage nach Bioenergie [Energie, die aus Biomasse gewonnen wird], Nahrungs- und Futtermitteln sowie Biomasse [als solche werden Stoffgemische bezeichnet, die in Lebewesen gebunden und/oder von ihnen erzeugt werden] für die stoffliche Nutzung steigt der Druck auf Flächen, die bisher nicht zur landwirtschaftlichen Produktion genutzt werden".

Die entsprechenden Effekte der Verdrängung bezeichnet man als sehr komplex, wobei aber der kausale Zusammenhang zwischen der Bioenergie und den mittelbar verursachten Treibhausgasemissionen schwierig zu quantifizieren sei, aber "nicht vernachlässigbar" wäre. Dem vorgelegten Bericht (17/14641) nach sei auch nicht auszuschließen, dass es zu verschiedenen Neubewertungen kommen muss.

Die Bundesregierung sieht die Sicherstellung zur "nachhaltigen Herstellung" von Biomasse "als wichtiges Ziel". Man räumt jedoch ein, dass bei verschiedenen Punkten bezgl. der Nachhaltigkeitskriterien "von EU-Richtlinien" keine abschließenden Regelungen getroffen wurden.

Die angemerkten Nachhaltigkeitskriterien der EU würden direkte Umwandlungen, z.B. von Regenwäldern in Produktionsflächen für Biomasse, für Kraftstoffe ausschließen. Nicht ausgeschlossen sei aber, dass die Biomasse für energetische Zwecke auf Flächen produziert werden kann, die zuvor zur Produktion von Biomasse für andere Zwecke (etwa Lebens- oder Futtermittel) genutzt worden sind, und deren Produktion in der Folge zumindest teils in Gebiete mit hohem Kohlenstoffgehalt (etwa Wälder oder Moore) oder mit hoher biologischer Vielfalt verdrängt wird.

Dazu heißt es weiterhin, dass auf diesem Wege die "energetische Nutzung von Bioenergie" mittelbar die sog. Treibhausgasemissionen verursachen und ökologisch wertvolle Gebiete gefährden könnten. Mit Blick auf das vergangene Jahr hatte der Absatz der sog. "Biokraftstoffe" leicht zugenommen. Die direkte Beimischung von Bioethanol zum Otto-Kraftstoff sei von 1,05 Millionen Tonnen im Vorjahr (2011) auf 1,09 Millionen Tonnen im vergangenen Jahr (2012) weiter gestiegen. Aus dem Ausland hätte man 0,64 Millionen Tonnen importieren müssen.

Unterdessen hätte eine "repräsentative Forsa-Umfrage" ergeben, welche im Auftrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) durchgeführt worden war, dass angeblich mehr als zwei Drittel der deutschen Bundesbürger die politische und finanzielle Förderung von Biosprit ablehnen würden. Den Umfrageergebnissen zufolge befürwortete etwa jeder fünfte Bundesbürger die weitere Förderung von Kraftstoffen, die aus Ackerfrüchten produziert werden.

Ebenfalls kam heraus, dass zudem nur jeder Fünfte richtig finden würde, dass der sog. Agrosprit mittlerweile allen Kraftstoffarten beigemischt wird. Fast vier Fünftel der Bundesbürger lehnen den Beimischungszwang ab und sind der Meinung, Autofahrer sollten selbst entscheiden können, ob dem Kraftstoff Agrosprit beigemischt ist oder nicht, lautet das Ergebnis der Forsa-Umfrage im Auftrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Im Juni laufenden Jahres hatten Ökobauern, Umweltschützer und Entwicklungshelfer ein Umsteuern in der deutschen Landwirtschaftspolitik gefordert. Felix Prinz zu Löwenstein (u.a. Agrarwissenschaftler und Biolandwirt), der Chef des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), gab damals zu verstehen: "In den vergangenen vier Jahren hat sich die Industrialisierung der Landwirtschaft weiter gesteigert". "In der kommenden Legislatur muss engagierter für ein Umsteuern im Agrar- und Ernährungsbereich gearbeitet werden", so Löwenstein weiter, der nach seiner Zeit am Jesuitenkolleg St. Blasien (Baden-Württemberg) an der agrarwissenschaftlichen Fakultät der TU München in Weihenstephan studierte.

Die Pläne der Kommission der Europäischen Union (EU) für Biokraftstoffe wackelten Medienberichten zufolge im März laufenden Jahres. Eine Mehrzahl der Regierungen sprach sich demnach - wobei Diplomatenangaben angeführt wurden - gegen eine von der Kommission vorgesehene Deckelungsregel aus oder äußerten Skepsis. Die EU wolle bis 2020 im Verkehr einen Anteil von zehn Prozent der erneuerbaren Energie sehen. Die Bundesrepublik Deutschland, welche wohl durch Umweltstaatssekretärin Katherina Reiche vertreten wurde, gehörte, laut einem nicht näher genannten Diplomaten, nicht zu den Gegnern der Deckelungspläne der EU.

Im Sommer vergangenen Jahres hatten Forscher auf einen weitgehenden Verzicht bezgl. des Ausbaus der Energieerzeugung aus Biomasse gedrungen, da es auch "aus umwelt- und klimaschutzpolitischer Sicht zu viele Nachteile" geben würde, hieß es. Es handelte sich um eine Arbeitsgruppe der Wissenschaftsakademie Leopoldina. Deutschland solle sich bei der sog. "Energiewende" lieber auf Wind- und Solarkraft konzentrieren. Damit könnte auch weniger "CO2" ausgestoßen werden, was die Bilanz bei Treibhausgas-Emissionen verbessert.

Die deutschen Forscher hatten gefordert, den Schwerpunkt auf die "Energieeinsparungen und die Verbesserung der Energieeffizienz" zu legen. Auf der anderen Seite solle die Bioenergie nur in ganz bestimmten Nischen, und dies begrenzt, zum Einsatz kommen. Die Forscher merkten zudem kritisch die EU-Pläne bezgl. der bis 2020 flächendeckend vorgesehenen zehn Prozent der im Transport- und Verkehrssektor zu verbrauchenden Energie in Form von Biokraftstoffen an.

  
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