(C) Spiegelneuronen, 2010, Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY-NC-SA 2.0)

Der Bericht von Forschern der deutschen Humboldt-Universität zu Berlin und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (Nordrhein-Westfalen) wurde nun durch das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) veröffentlicht. Die Doping-Geschichte der Bundesrepublik würde weit zurückreichen und man könne sagen, bis an die Anfänge dieser. In der Zusammenfassung heißt es: "Schon relativ früh werden die Anfänge des Missbrauchs verbotener leistungssteigernder Mittel im Spitzensport sichtbar".
Man kommt zu dem Schluss, dass sich die These eindrucksvoll widerlegen lasse, dass das Dopingproblem in der Bundesrepublik erst mit dem Konsum von Anabolika in den 1960er Jahren offen zutage getreten sei. Die Geschichte des Dopings beginnt demnach nicht erst 1970, als das erste formelle Dopingverbot vom Deutschen Sportbund (DSB) beschlossen wurde, sondern bereits 1949.
Amphetamine kamen bis 1960 unter anderem beim Radsport oder in der Leichtathletik teils systematisch zum Einsatz. Auch wäre ab Ende der 1940er Jahre der Leistungsfußball betroffen gewesen. Danach wurde systematischer gedopt. Laut den Forschern nicht wegen des Erfolgs des DDR-Sports, sondern es habe bereits während der "präanabolen Phase" in der Bundesrepublik verbreitete Hormon-Dopingpraktiken gegeben. Valide Zahlen zum Amphetamin-Problem im deutschen Fußball würden wohl bislang aber noch nicht existieren.
Später, ab den 1970er Jahren, hätte es ein Bild des breiter gelagerten Missbrauchs gegeben. Für die 1970er und 80er Jahre kommt man seitens der Forscher zu dem Schluss, dass in Deutschland unter dem Deckmantel von wissenschaftlicher Arbeit ein verdeckter Versuch systemischen Dopings unternommen wurde. Dieser hätte demnach auch die "Sphäre von Grundlagenforschung hinter sich gelassen".
Man könne durchaus annehmen, dass der Kreis der Mitwisser groß gewesen ist. In dem Bericht heißt es etwa: "Im Sport waren dies die Spitzen im DSB und NOK, der BA-L, das BISp und über die Anwesenheit der BMI-Vertreter letztlich auch die Fachaufsicht". Das benannte BISp hätte hier Forschungen mit Testosteron, Anabolika und weiteren für Dopingzwecke geeigneten bzw. als geeignet eingeschätzten Substanzen koordiniert.
Für den Zeitraum ab der deutschen Wiedervereinigung konnte man wohl eher nur begrenzt Daten auswerten. Es würde etwa die Frage ungeklärt sein, ob umstrittene Testosteron-Forschungen auch nach 1990 durch Steuermittel finanziert wurden. Dies würde wohl ebenfalls daran liegen, dass zahlreiche Dokumente mit einer Sperrfrist von 30 Jahren belegt wurden.
Zudem wären wohl auch noch zahlreiche Verantwortliche in den Verbänden oder in anderen relevanten Institutionen aktiv. "Anders gesagt: Von Personen, die möglicherweise in der Frage des Dopings belastet sind, kann [in der Regel] Mitarbeit bei der Doping-Aufklärung nicht bzw. nur bedingt erwartet werden", heißt es. "Further research is needed" [dt: "Weitere Forschung ist nötig"] resümieren die Wissenschaftler. Im deutschen Bundesinstitut für Sportwissenschaft seien vor der Initiierung des Projekts Akten geschreddert worden. "Unklar ist, wann genau das gewesen ist", sagte der Historiker und Journalist Erik Eggers. Er meint laut Bericht von "Die Welt": "Die Politik muss nun überlegen, ob sie das weiterverfolgen will."
Wie die "Süddeutsche Zeitung" am vergangenen Wochenende unter Berufung auf die Studie berichtet hatte, finanzierte der Staat über das BISp Versuche mit leistungsfördernden Substanzen wie Anabolika, Testosteron, Östrogen oder Epo. Das Projekt „Doping in Deutschland von 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer Legitimation“ und die Veröffentlichung des Abschlussberichts der vom Deutschen Olympischen Sportbund 2008 initiierten und vom BISp mit rund 525 000 Euro bezuschussten Arbeit hatte sich immer wieder verzögert. Bislang hatten beide Organisationen Datenschutzbedenken als Grund genannt.
Das deutsche Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) hatte am vergangenen Montag den Abschlussbericht der Studie veröffentlicht. Der entsprechende Teil umfasst 117 Seiten. Fragen kamen in verschiedenen Medien diesbezüglich auf, was die Länge des nun veröffentlichten und mit dem 30. März 2013 datierten Abschlussberichts betrifft. Der Süddeutschen-Zeitung zufolge wäre die dort vorliegende Version rund 680 Seiten länger. Gekürzt wurde demnach unter anderem bei den Zeitzeugenberichten - und bei den Namen einiger einflussreicher Politiker, weshalb der Leiter der HU-Forschungsabteilung, Ingmar Schmidt, einräumte: "Die beiden Versionen unterscheiden sich schon substanziell."
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