Will US-Aufsicht Zugriff auf europäische Banken?


(C) Pinguin75, 2011, Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY-NC 2.0)

Einem Bericht der Financial Times zufolge, wollen die US-amerikanischen Finanzaufsichtsbehörden Securities Exchange Commission und Commodity Futures Trading Commission das Recht haben, ggf. selbst Unterlagen in den Zentralen von europäischen Banken einzusehen. Dies auch wenn sie in den amerikanischen außerbörslichen Derivate-Handel involviert wären. In den aktuell laufenden Verhandlungen wolle man sich über eine Regulierung dieses Billionen schweren Marktes aussprechen.

Dem Bericht zufolge wollen sich die SEC und CFTC nicht mit Anfragen alleine zufriedengeben. Dies bedeutet also, dass "Vertreter" jener Strukturen bei Banken, z.B. bei der Deutschen Bank in Frankfurt am Main, Barclays in London oder der Société Générale in Paris selbst Einsicht in E-Mails, Kontendaten und Verträge nehmen könnten. Nun gibt es Befürchtungen, dass Datenschutzgesetze verletzt werden. Ebenfalls sieht man die Gefahr gegeben, wenn es zur weiteren Forcierung kommt, dass Wirtschaftsspionage erleichtert wird. Im Prinzip sehe man mit den europäischen "Partnern" einige Übereinstimmungen, was die Notwendigkeiten der gemeinsamen Regierungen anbetrifft. Doch wegen der vorherrschenden, auch datenschutzrechtlich relevanten "Irritationen", könnten sich die Verhandlungen noch einige Zeit hinziehen. Was am Ende dabei herauskommen wird, ist aus aktueller Sicht heraus noch nicht klar.

Eingesetzte Finanzaufseher der USA und der Europäischen Union hatten vor etwa zwei Wochen den Stillstand bei den Verhandlungen über Vorschriften für den über 633 Billionen US-Dollar schweren weltweiten Swap-Markt als "erfolgreich überwunden" bezeichnet. Die internationale Reichweite der Handelsanforderungen war dabei eines der eher umstrittensten Elemente der Vorschriften der Behörde aus dem Dodd-Frank Act. Das Vorgehen stieß unter anderem bei Finanzinstituten wie Goldman Sachs Group Inc. und Barclays Plc. auf Widerstand.

Seitens der EU hatte man noch Gesetzesvorschläge erörtert, bezgl. einer "neuen Art der Handelsplattform", welche in Europa geschaffen werden soll, eine sog. Organized Trading Facility (Organisierte Handelsfazilität), die ähnlich wie SEFs funktionieren würde. Die EU-Kommission und die US-amerikanische Commodity Futures Trading Commission sagten, dass weitere Gespräche zur Klärung anderer Aspekte bei den Vorschriften für Derivatehandel notwendig seien, einschließlich des Zugangs zu Handelsplattformen, kurz SEFs genannt.

In der Sache geht es um die Regulierung des weltweiten "Over-The-Counter-Derivatemarktes" (außerbörslich), auf dem viele komplizierte Finanzprodukte direkt zwischen Banken ("Over-The-Counter") gehandelt werden und nicht standardisiert über regulierte Handelsplattformen. Das Volumen dieses Marktes beläuft sich der Financial Times zufolge auf mindestens 633 Billionen US-Dollar. Börsengehandelte Derivate sind entsprechend den Bedingungen der Börsen hoch-standardisiert, um so einen schnellen und liquiden Handel zu gewährleisten und am zentralen Clearing-Prozess teilnehmen zu können. Außerbörslich gehandelte (OTC-)Derivate werden regelmäßig bilateral ausgehandelt und geschlossen. Sie weisen oft individuelle Vertragsgestaltungen auf (Kündigungsklauseln, Leistungsbeschreibungen, Sicherheitsleistungen usw.).

Anhang: Die US-amerikanische Securities and Exchange Commission (SEC; Bundesbehörde; Leitung: Elisse B. Walter) ist für die Kontrolle des Wertpapierhandels in den USA zuständig. Die CFTC (Commodity Futures Trading Commission; Vorsitzender: Gary Gensler) ist eine Behörde der Vereinigten Staaten und reguliert die Future- und Optionsmärkte.

  
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