Haager Tribunal: Teilweisen Freispruch gegen Radovan Karadzic aufgehoben


(C) Mikhail Evstafiev, 1994, Bild: Wikipedia (CC BY-SA 2.5)

Die Berufungskammer des Haager Tribunals; Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien hatte nun den Freispruch vom Vorwurf des Völkermordes (ein Straftatbestand im Völkerstrafrecht, der nicht verjährt) in einem Punkt für den damaligen bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic wieder aufgehoben.

Der Richter Theodor Meron (ein amerikanischer Jurist polnischer Abstammung) gab laut Medienberichten an, damit sei nun die Klage gegen Radovan Karadzic wieder in Kraft. Das Haager Tribunal (1993 geschaffen) hatte im Juni vergangenen Jahres geurteilt, dass es für die Einstufung der im Jahr 1992 in mehreren Gemeinden von Bosnien verübten Verbrechen, als Völkermord, keine ausreichenden Beweise gebe.

Das Internationale Kriegsverbrecher-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien hatte erst vor über zwei Wochen das Ende seines Mandates eingeläutet. Man hatte einige der Kompetenzen abgegeben. Das Gericht hatte bei einer "Zeremonie" bestimmte Aufgaben an ein von der UNO (Vereinte Nationen) eingerichtetes Nachfolgeorgan abgegeben. Dies betrifft dabei auch mögliche Berufungsprozesse gegen die ehemaligen bosnischen Serbenführer Ratko Mladic (ehemaliger bosnisch-serbischer General) und Radovan Karadzic. Bei dem Organ handelt es sich um den Internationalen Residualmechanismus für die Ad-hoc-Strafgerichtshöfe (Mechanism for International Criminal Tribunals, MICT).

Man hatte einem Antrag Karadzics auf Freispruch von allen Vorwürfen in nur einem Punkt entsprechen können. Karadzic ist noch wegen Völkermordes in der muslimischen Enklave Srebrenica (heute Entität Republika Srpska; eine von zwei Teilrepubliken des Staates Bosnien und Herzegowina) angeklagt. Ebenfalls werden Karadzic in weiteren Anklagepunkten Kriegsverbrechen (Verstöße gegen das Völkerrecht) und Verbrechen gegen die Menschlichkeit (ein Straftatbestand im Völkerstrafrecht) im Bosnienkrieg von 1992 bis 1995 zur Last gelegt.

Er muss sich seit Oktober des Jahres 2009 vor dem Haager Tribunal verantworten. Er war am 21. Juli 2008 in der serbischen Hauptstadt Belgrad (heute Hauptstadt der Republik Serbien) gefasst worden, nachdem er sich 13 Jahre lang versteckt gehalten hatte. Insgesamt starben im Bosnienkrieg offiziellen Schätzungen zufolge etwa 100.000 Menschen. Rund 2,2 Millionen weitere Menschen wurden demnach obdachlos.

Kürzlich hatten mehr als 15.000 bosnische Muslime (Bosniaken) in Srebrenica dem Massaker gedacht. Laut AFP beteten sie Richtung Mekka für die Toten. Im Anschluss wurden mehr als 400 Opfer beigesetzt. In den letzten Monaten konnten Gebeine von insgesamt 409 Opfern identifiziert werden. Insgesamt waren damit zuletzt 6066 Todesopfer des Massakers bestattet worden.

Karadzic war sowohl der "Architekt" der Politik wie auch der Anführer der Kräfte gewesen, welche die "dauerhafte Entfernung" von bosnischen Muslimen und bosnischen Kroaten aus dem von Serben beanspruchten Bosnien-Herzegowina umsetzten, sagte der Ankläger Alain Tieger im Oktober 2010 in Den Haag. Die angebliche Zusicherung von Straffreiheit des ehemaligen Balkan-Gesandten Richard Holbrooke (gilt als "Architekt" des Dayton-Abkommens; verstorben Mitte Dezember 2010) an den bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic hatte das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag im Jahr zuvor als "nicht bindend" eingestuft. Holbrooke selbst hatte bestritten, dem damaligen Serbenführer Karadzic Straffreiheit im Falle seines Machtverzichts zugesichert zu haben.

Im Vorfeld hatte Karadzic, der damals Parlamentspräsident der Sozialistischen Republik Bosnien und Herzegowina (1990–1992) und Präsident der Republika Srpska in Bosnien und Herzegowina (1992–1996) war, geäußert, dass der Westen die Schuld für den Bosnien-Krieg trage. Seinen Worten zufolge hätten "einige Länder eine kleine Nation benutzt und missbraucht". Dies laut Karadzic im August 2009 aus dem Grund, um ihre eigenen militärischen und strategischen Ziele durchzusetzen.

  
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