Handygate: Deutscher Datenskandal geht zum BVerfG


(C) Jonas Seaman, 2009, (symbolisch; kein Bezug), Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY-NC-SA 2.0)

Der in Deutschland als "Handygate" bekanntgewordene Skandal um gesammelte Daten soll nun vor das Bundesverfassungsgericht gebracht werden. Im Auftrag zweier Landtagsabgeordneter aus Sachsen legte der Rechtsanwalt Andre Schollbach Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.

Bei den damaligen Funkzellenabfragen wurden über eine Million Verbindungs- und Standortinformationen erhoben. Im Februar 2011 hatten sich tausende Menschen bei Demonstrationen versammelt, die gegen Rechtsradikalismus ausgerichtet waren. Um gewaltbereite Personen aufzufinden, wurden von der Polizei in der unmittelbaren Nähe der Demonstration massenhaft Handydaten gesammelt und ausgewertet.

In den betroffenen Funkzellen waren ebenfalls alle Anwohner, Abgeordneten, Journalisten, Rechtsanwälte wie auch friedliche Demonstranten betroffen. Den bisherigen Rechtsweg sehen die sächsischen Landtagsabgeordneten Rico Gebhardt und Falk Neubert teils als erfolglos ausgeschöpft an.

Aus diesem Grund wolle man sich nun an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wenden. Zuvor hatte das Amtsgericht von Dresden in mehreren Fällen die eigenen Anordnungen zur Funkzellenabfrage für rechtlich in Ordnung angesehen. Das zuständige Landgericht sah eine einzelne Funkzellenabfrage wegen Formfehlern als rechtswidrig an. In anderen Fällen hatte man die Beschwerden aber abgewiesen.

Seitens der Kläger ist man der Ansicht, dass die umfangreiche Datensammlung gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und das Grundrecht auf die Unverletzlichkeit des Telekommunikationsgeheimnisses verstoßen könnte. Der Kläger Falk Neubert gab zu verstehen, dass auch in Sachsen rechtsstaatliche Grundsätze gelten müssten, denn ein willkürliches Vorgehen der Behörden schwäche das Vertrauen der Bürger in die Demokratie.

Der beteiligte Rechtsanwalt geht derzeit davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht der Argumentation folgen wird und so der Verfassungsbeschwerde stattgibt. Der massiven staatlichen Ausspähung von Daten müsse nun Einhalt geboten werden.

"Die geltend gemachte Grundrechtsverletzung hat ein besonderes Gewicht, weil sie auf einer groben Verkennung des durch das Grundgesetz gewährten Schutzes und einem geradezu leichtfertigen Umgang mit grundrechtlich geschützten Positionen beruht", hieß es.

Die damalige Fahndung nach potenziellen gewaltbereiten Personen verlief bislang erfolglos. Dafür wurden von 58.911 der 330.00 betroffenen Smartphone- und Handybesitzern die Bestandsdaten mit Namen und Anschrift von der Polizei eingeholt. Insgesamt wurden 1.145.055 Verkehrsdatensätze von der Polizei verarbeitet.

  
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