IW: Frankreich braucht noch viele Jahre für Reformen


(C) notfrancois, 2008, Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY 2.0)

Nach Einschätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) würde Frankreich noch viele Jahre zu kämpfen haben, um so überfällige Reformen zum Erfolg führen zu können. Jürgen Matthes sagte gegenüber dem Handelsblatt (Online):

"Frankreichs Wirtschaft lahmt, nicht nur wegen der Konjunkturschwäche, sondern auch weil das Land jahrelang von der Substanz gelebt hat". Demnach seien Reformen verschleppt worden, man hätte sie nur "zaghaft" angegangen und unter der Regierung von Hollande seien sie anfänglich sogar aufgeweicht worden.

Dazu merkte er ebenfalls an, dass Frankreich nun dort stehen würde, wo Deutschland bereits vor zehn Jahren stand - in der Stagnation. Und "hoffentlich" vor einem neuen Reformkurs. Matthes sagte weiter, dass auch wie damals in Deutschland, nun jenseits des Rheins, eine linksgerichtete Regierung an der Macht sei.

"Wahrscheinlich kann nur sie gegen den absehbaren Widerstand der Gewerkschaften die nötigen Korrekturen umsetzen". Erste Anzeichen würde es geben, z.B. bei der angekündigten Rentenreform und der Arbeitsmarktreform. Doch es sei "noch sehr viel mehr nötig", so Jürgen Matthes (IW). Ob sich die Sozialisten in Frankreich "in der Verantwortung für ihr Land so verbiegen wie damals die SPD, wird sich zeigen".

Im April hatte die französische Nationalversammlung für eine von Arbeitgebern und Gewerkschaften ausgehandelte Arbeitsmarktreform gestimmt. Gegen den Widerstand von einflussreichen Gewerkschaften stimmte danach Frankreichs Parlament für mehr Flexibilität in den Betrieben. Kritiker sehen jedoch, dass durch die Reform kaum neue Jobs geschaffen werden.

Aus Deutschland gab es in Richtung Frankreich zuletzt von mehreren Seiten Kritik. So warf etwa der FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle den französischen Sozialisten politisches Versagen vor. Gegenüber der „Bild“ merkte er an: Die sozialistische Regierung von Staatspräsident François Hollande "wirtschaftet das Land dermaßen herunter, dass Frankreich derzeit nicht mehr auf Augenhöhe mit Deutschland ist".

In Frankreich waren im März 2013 rund 3,22 Millionen Menschen offiziell ohne Arbeit, damit also noch mehr als beim bisherigen Negativ-Rekord im Januar 1997. Die Arbeitslosigkeit stieg laut Arbeitsministerium im 23. Monat in Folge weiter an. Unter Einschluss der arbeitslos gemeldeten Menschen mit einer geringfügigen Tätigkeit lag die offizielle Zahl der Erwerbslosen sogar bei rund 4,74 Millionen.

Die Regierung in Paris rechnete zuletzt für dieses Jahr mit einer "minimalen Zunahme" des BIP um 0,1 Prozent. Seitens des Internationalen Währungsfonds (IWF) sagte man für das Land in diesem Jahr gar eine Rezession vorher. Seitens der EU-Kommission senkte man die Prognose für das Wirtschaftswachstum in Frankreich: In diesem Jahr schrumpft die Wirtschaftskraft der zweitgrößten Volkswirtschaft des Euroraums (Kernland) demnach um 0,1 Prozent, bevor sie im kommenden Jahr wieder um 1,1 Prozent wachsen könnte – so die aktuellen „Prognosen“ der EU.

Von 2005 bis 2009 stiegen die Staatsschulden (explizit) von Frankreich um rund 348 Milliarden Euro an, laut IWF-Daten lagen sie in 2009 bei rund 1493 Mrd. Euro. Von 2009 bis 2012 stiegen die offiziellen Staatsschulden um rund 340 Milliarden Euro weiter an, laut IWF-Daten lag die Staatsverschuldung in 2012 nach vorläufigen Zahlen bei rund 1833 Mrd. Euro.

  
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