Italien - Letta: Vereinigte Staaten von Europa


(C) Paul Robert Lloyd, 2009, Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY-NC-SA 2.0)

Der neue Regierungschef von Italien, Enrico Letta (PD), hatte zuletzt Deutschland "seine enge Zusammenarbeit" zur Beilegung der Krise in der EU zugesichert. Seinen Worten zufolge würde es noch nicht genau "Europa" geben. Nun gelte, dass vier "Grundsäulen" errichtet werden müssen. Eine Bankenunion, eine Wirtschaftsunion, eine Fiskalunion und auch eine politische Union.

"Im höchsten Einvernehmen" wolle er dies mit der deutschen Seite erreichen. Seitens der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versicherte man, dass man mit der "neuen italienischen Regierung sehr eng zusammenarbeiten" wolle.

Im vergangenen Jahr (2012) erklärte Enrico Letta (Seit dem 28. April 2013 ist er Ministerpräsident Italiens) über seine Teilnahme bei der Bilderberg-Konferenz:

Es gab einige Diskussionen über die wichtigsten Themen in den Bereichen der Wirtschaft und der Sicherheit, der Kern der globalen Agenda. Und es war eine interessante und nützliche Gelegenheit für mich, um das Vertrauen in den Euro mit großer Entschlossenheit zu beleben, um die notwendigen Schritte in Richtung der Vereinigten Staaten von Europa zu gehen.

Nach dem scheinbaren Chaos in Italien bezgl. der Regierungsbildung erscheint es entsprechend "ominös", dass Letta nun den neuen Ministerpräsidenten mimen darf. Auch in der Vergangenheit war bei Bilderberg-Konferenzen zu beobachten, dass eingeladene Gäste danach zum Staatschef mutierten.

Zum ersten Mal wurde die Konferenz im Mai 1954 auf Einladung von Prinz Bernhard der Niederlande (Oranje-Nassau) in dessen Hotel de Bilderberg in Oosterbeek, Niederlande veranstaltet. Die Treffen sind "informell und privat" und es nehmen einflussreiche Personen aus Wirtschaft, Militär, Politik, Medien, Hochschulen und Adel teil.

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Die Vereinigten Staaten von Europa gelten dabei auch als ein politisches Schlagwort zur Formung eines neuen Großstaatgebildes, welches seit "geraumer Zeit" von bekannten Kreisen angestrebt wird. Der Begriff war offiziell in der Mitte des 19. Jahrhunderts aufgekommen. Charles Mackay erhob laut offiziellen Darstellungen als erster im Frühjahr 1848 Anspruch darauf, den Begriff geformt zu haben. Dies noch vor Victor Hugo, Giuseppe Mazzini und Giuseppe Garibaldi.

Die Partei SPD übernahm auf ihrem damaligen Parteitag vom 13. und 18. September 1925 die Forderung zur Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa, in das bis 1959 geltende Heidelberger-Programm. Damals hieß es: "Sie tritt ein für die aus wirtschaftlichen Ursachen zwingend gewordene Schaffung der europäischen Wirtschaftseinheit, für die Bildung der Vereinigten Staaten von Europa, um damit zur Interessensolidarität der Völker aller Kontinente zu gelangen". Später wurde etwa auch der Begriff "Organisierter Kapitalismus" benutzt, der bereits von dem sozialdemokratischen Politiker und marxistischen Theoretiker Rudolf Hilferding im Jahr 1915 geprägt wurde.

Im September 2011 verlautbarte der EU-Kommissionschef José Manuel Barroso, dass man "nationale Egoismen eindämmen" müsse. Eine „State of the Union“ nannte der Kommissionschef eine damalige Ansprache, ganz nach dem Vorbild des US-Präsidenten. In einem Bericht von "Die Welt" kommentierte man damals, dass man einen gemeinsamen Feind finden müsse. Der EU-Kommissionspräsident fand einen psychologisch einfachen Trick: "Einen, dem wirklich „leadership“ fehlt, der sich egoistisch und unsolidarisch verhält und damit die wahren Prinzipen Europas verrät: die Nationalstaaten", schrieb man. Barroso weiter: "Auch wenn etwas unmöglich erscheint – lasst es uns versuchen".

In der "Zeit" äußerte der deutsche Bundesfinanzminister im gleichen Zeitfenster: Es müsse "eine stärkere europäische Integration und als Zukunftsvision einen direkt gewählten EU-Präsidenten an der Spitze" geben. Es würde um etwa "Neues" gehen, um die Übertragung von Kompetenzen der Nationalstaaten auf die europäische Ebene.

Es sei daran erinnert, dass Schäuble in der Vergangenheit in einer Talk-Runde bei Phoenix verlautbarte: "Wir brauchen andere Formen internationaler Governance, als den Nationalstaat…Und heute schaffen wir etwas Neues [...] Ich bin bei aller krisenhafter Zuspitzung im Grunde entspannt, weil wenn die Krise größer wird, werden die Fähigkeiten Veränderungen durchzusetzen größer." - Er merkte an: "Wir können die politische Union nur erreichen, wenn wir eine Krise haben".

Ende Juli gab der Chef der Vermögensverwaltung von Goldman Sachs Jim O'Neill zu verstehen: Die Politiker müssten sich zur Lösung der Schuldenkrise für die "Vereinigte Staaten von Europa" entscheiden. "Wenn alle 17 Führer der Eurozone zusammenkommen und sich möglichst schnell für zukünftige Eurobonds aussprechen würden, dann wäre das der Beginn einer weiteichenden Lösung".

Seitens des deutschen Bundesverfassungsgerichts sagte Mitte September vergangenen Jahres, zur Thematik der "Vereinigten Staaten von Europa", der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle: "Wenn wir einen europäischen Bundesstaat etablieren wollen, dann ist das nicht möglich, ohne dass wir uns eine neue Verfassung geben".

Nachdem der EU der "Friedensnobelpreis" verliehen wurde, gab EU-Kommissionsvizepräsidentin Viviane Reding Anfang Dezember 2012 zu verstehen, dass Brüssel mehr Macht haben muss. "Ich halte die Vereinigten Staaten von Europa für die richtige Vision, um die aktuelle Krise, vor allem aber die architektonischen Defizite des Maastrichter Vertrags […] mittelfristig zu überwinden", sagte sie gegenüber der Rheinischen Post.

Weitere illustre Figuren, welche scheinbar in anderen Parteien aktiv sind, verlautbarten im Verlauf ähnliches. Der EU-Kommissar Günther Oettinger hatte sich bereits Anfang Juli 2012 erneut dafür ausgesprochen, einen zentralistischen Bundesstaat zu schaffen. Er sprach sich für eine grundlegende Erneuerung der Europäischen Union aus. "Wir müssen die EU zu einer politischen Union, zu [den] Vereinigten Staaten von Europa weiterentwickeln", sagte der CDU-Politiker der Zeitung "Die Welt".

Doch auch im weiteren Rückblick konnte bereits in der offiziellen Medienberichterstattung das "Ziel" vernommen werden. Im August 2011 sagte die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, als "Konsequenz aus der Euro-Schuldenkrise", dass der Ausbau der politischen Union in Europa umgesetzt werden muss. " Mein Ziel sind die Vereinigten Staaten von Europa…", gab sie damals im "Spiegel" zu verstehen.

Die europäischen Länder müssten akzeptieren, dass die EU in einigen Bereichen das letzte Wort hat, sagte die deutsche Bundeskanzlerin Merkel. Derzeit herrsche Chaos in Europa. Die EU müsse die Vorgaben machen und die Länder sollten sich an diesen orientieren.

Während eines EU-Gipfels in Brüssel am 7. November 2012 warb Bundeskanzlerin Angela Merkel für die Vereinigten Staaten von Europa: „Ich bin dafür, dass die Kommission eines Tages so etwas wie eine europäische Regierung ist“.

Im sog. "Hertensteiner Programm" (1946) hieß es bizarrerweise - Die Mitglieder der Europäischen Union übertragen einen Teil ihrer wirtschaftlichen, politischen und militärischen Souveränitätsrechte an die von ihnen gebildete Föderation. "Die Europäische Union richtet sich gegen niemand und verzichtet auf jede Machtpolitik, lehnt es aber auch ab, Werkzeug irgendeiner fremden Macht zu sein." Das Hertensteiner Programm sind 12 Thesen, die vom 15. bis zum 19. September 1946 im schweizerischen Hertenstein auf einer Konferenz der Schweizer Europa-Union von 79 föderalistischen Vertretern aus vierzehn europäischen Ländern und den USA ausgearbeitet und am 21. September verabschiedet wurden. Im September 1946 rief Winston Churchill (Großbritannien) in einer Rede an der Universität Zürich dazu auf, „eine Art Vereinigte Staaten von Europa“ zu errichten. Im selben Jahr fand ein Kongress der europäischen Föderalisten in Hertenstein statt.

  
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