(C) practicalowl, 2006, Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY-NC-SA 2.0)

In der Spionage-Affäre um einen ehemaligen hohen Regierungsbeamten des niederländischen Außenministeriums war kürzlich ein Urteil in Den Haag gefallen. Die Person Raymond P. wurde wegen Spionage für Russland zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Dieser habe jahrelang geheime Informationen an Personen (ein Ehepaar) nach Deutschland weitergeleitet. Jenes "Ehepaar" steht in Stuttgart vor Gericht.
Der 61-Jährige P. hätte hunderte von Dokumenten mit vertraulichen militärischen und politischen Informationen der NATO und der EU weitergereicht. Dafür hätte er zwischen Januar 2009 und August 2011 rund 72.000 Euro bekommen. Laut Medienberichten hätten sich Dokumente, welche der Niederländer dem Ehepaar (alias: Andreas und Heidrun Anschlag) in Deutschland zuspielte, auf Libyen vor dem Fall von Gaddafi, die Einsätze von EU-Beobachtern in Georgien und die Mission im Kosovo und Afghanistan bezogen (ein geheim eingestufter Bericht von Generalmajor Mark F. Ramsay).
Das Ehepaar, welches sich in Deutschland unter einer normalen Lebensführung eingenistet hatte, um nicht aufzufallen, hätte die zugespielten Daten an den russischen Auslandsgeheimdienst SWR weitergeleitet. Der Angeklagte Raymond P. war Anfang 2012 am Amsterdamer Flughafen Schiphol festgenommen worden. In seinem Brillenetui hätten Ermittler Datenspeicher gefunden. Nur einige Monate zuvor war im deutschen Balingen und Marburg das Ehepaar Anschlag festgenommen worden.
Im Haus der Personen in Michelbach hätte man per Kurzwelle mit der Zentrale in Moskau kommuniziert. Der russische Auslandsnachrichtendienst SWR wollte verschiedenen Medienberichten zufolge auch über den niederländischen Ex-Diplomaten P. Informationen erlangen, die auf Mitarbeiter seines Ministeriums abzielten. Man fragte demnach über die Verbindungsleute nach, welche Geldsorgen, Hobbys und Sexualinteressen die niederländischen Ministerialbeamten hätten.
Mit diesen Informationen wollte man nachfolgend ggf. die üblichen Methoden zur Anwendung bringen, um diverse Individuen gefügig zu machen. Die unter Decknamen geführten Personen Pit und Tina (Ehepaar Anschlag) sollten derartige Informationen über die alimentierte Quelle P. in Erfahrung bringen.
Die Staatsanwaltschaft in den Niederlanden hatte für P. eigentlich 15 Jahre Haft gefordert. Das hielten die Richter angesichts des bereits hohen Alters des Angeklagten für zu hoch. Mit der Weitergabe von sensiblen Informationen über Kollegen des Ministeriums ging die Staatsanwaltschaft davon aus, dass möglicherweise das Leben von Dritten in Gefahr gebracht worden sein könnte.
Dem in Deutschland aktiven Ehepaar Anschlag wirft man vor, dass dieses mehr als zwanzig Jahre lang für den russischen Geheimdienst (laut Medien für den sowjetischen Geheimdienst KGB und danach für die Nachfolgestruktur fürs Ausland, SWR) spioniert haben soll. Eine Argumentation von P.´s Anwalt, laut Medienberichten, wonach dieser die in Deutschland aktiven Anschlags nur deshalb getroffen hätte, da er ihnen bei der Suche nach einer Ferienwohnung helfen wollte, lehnte man ab. Jene Story hätte man sich für den Fall zurechtgelegt, falls die Spionagetätigkeit auffliegen würde.
In einem Bericht von "De Telegraaf" schrieb man zur Person P., dass dieser Vize-Konsul in Hong Kong gewesen sei, seit 2008. Deutsche Behörden hätten eine Verbindung mit niederländischen Beamten entdeckt, als jene einen Tipp vom FBI bekamen. Laut Untersuchungen des FBI (USA) von 2010 soll sich demnach herausgestellt haben, dass ein Spionagering in den USA auch die russische Dame Anna Chapman umfasst hätte. Das Ehepaar Anschlag in Deutschland soll demnach auch mit Chapman in Kontakt gestanden haben.
Das in Deutschland aktive Ehepaar sei durch eine Art Verschleierungstaktik in das Land gekommen. Die Einschleusung von Illegalen unter falscher oder scheinbar echter Identität (Identitäten z.B. von ausgewanderten oder verstorbenen Personen werden „übernommen“) war dabei eine speziell vom KGB (Sowjet Geheimdienst) oder auch vom früheren MfS (Ministerium für Staatssicherheit der DDR) perfektionierte Methodik, um Agenten im westlichen Ausland zu platzieren. Ohne dass diese durch ihren "Vorlauf" im Ostblock Verdacht erwecken würden.
Laut der verlesenen Anklage in Deutschland, durch den Bundesanwalt Wolfgang Siegmund, kamen die Anschlags 1988 und 1990 als angebliche Österreicher in die Bundesrepublik Deutschland und gaben zur damaligen Zeit an, in Südamerika geboren und aufgewachsen zu sein.
Ein vom deutschen Bundeskanzleramt vorgeschlagener Austausch gegen zwei in Russland festsitzende US-Agenten kam laut Medienberichten nicht zustande. Derartige Fragen würden in Russland direkt durch den ehemaligen KGB-Offizier und FSB-Chef, derzeit russischer Präsident, Wladimir Putin, höchstpersönlich entschieden. Darunter sollte wohl auch ein ehemaliger Abteilungsleiter des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB sein, der in Moskau zu 19 Jahren Haft verurteilt worden war.
In einer anderen Spionagesache wurde in Deutschland bekannt, dass ein Zivilangestellter (laut Medien der Informatiker Manfred K.) geheime NATO-Informationen weiterverkauft haben soll. Laut Focus solle die Person über zehn Jahre lang streng geheime Dossiers der NATO gestohlen und weiterverkauft haben. Der Generalbundesanwalt erhob kürzlich Anklage. Die Person hätte die Daten aus dem europäischen Hauptquartier der US-Luftwaffe in Ramstein bei Kaiserslautern gestohlen. K. wurde im August vergangenen Jahres in Börrstadt verhaftet. Er bestritt von Anfang an jegliche Schuld.
Fahnder hätten bei einer Durchsuchung in Einweckgläsern USB-Sticks gefunden. Auf den Datenspeichern waren demnach geheime Dossiers, wie detaillierte Krisenreaktionspläne der NATO, Konzepte für weltweite Luftlandeoperationen als etwa auch Kryptoschlüssel für Militärprogramme. Die herangezogenen Technik-Spezialisten würden dem Beschuldigten nachweisen können, dass dieser die gespeicherten Daten auf tausenden Seiten ausgedruckt habe. Doch wer die Abnehmer waren, sei angeblich noch unklar. Was bekannt sei ist, dass die Kundschaft recht gut bezahlte. Ermittlungen des Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz hätten demnach ergeben, dass auf Konten in London und Luxemburg knapp sechs Millionen Euro lagerten.
Die gesichtete Summe hätte sich zuletzt sogar noch erhöht, schreibt Focus. Demnach wurden mehr als acht Millionen Euro gefunden. Bankangestellte hätten sich laut diesen Informationen angeblich daran erinnert, dass der Beschuldigte K. Beträge bis zu 300.000 Euro in bar einzahlte. Deshalb würde man immer noch rätseln, woher so viel Geld stamme, da etwa der russische Geheimdienst den gut platzierten Quellen i.d.R. nicht mehr als 100.000 Euro pro Jahr zahlen würde. Man spekuliert, ob K. ggf. als Doppel- oder Mehrfachagent tätig gewesen sein könnte.
Im letzten Jahr wurde bekannt, dass ein kanadischer Marineoffizier militärische Geheimnisse an Russland geliefert hätte. Dieser habe regelmäßig Daten auf einen USB-Stick kopiert und an den russischen Geheimdienst übermittelt. Der Spion legte im vergangenen Jahr ein Geständnis zur Sache ab. Die Person hätte klassifiziertes Material kopiert, brachte es mit zu sich nach Hause und schickte es seinen Kontaktleuten des russischen Militärgeheimdienstes GRU.
Jeffrey D. hätte demnach zunächst im kanadischen Ottawa gearbeitet und später auf der Marinebasis im Hafen von Halifax, in einer dort als HMCS Trinity bezeichneten Geheimdienststelle. Diese Stelle beobachtet über Satelliten, Drohnen oder auch Unterwassergerät Schiffe, welche in kanadische Gewässer einfahren oder diese verlassen. Demnach hätte der kanadische Nachrichtenoffizier (Royal Canadian Navy) auch Zugang zum System "Stone Ghost" gehabt. Ein hochsensibles Netzwerk welches vom kanadischen Militär und anhängenden Verbündeten genutzt wird. Die USA, Kanada, Australien, Neuseeland und Großbritannien teilen sich darüber geheimdienstliche Erkenntnisse, schreibt die Badische-Zeitung.
Das Netzwerk "Stone Ghost", welches als "Top Secret Sensitive Compartmented Information" klassifiziert ist, soll laut Wikipedia vom DIA (Defense Intelligence Agency - "Nachrichtendienst der USA") betrieben werden. Das Netzwerk wurde zuvor unter der Bezeichnung Intelink-C bekannt, ein hochgesichertes Netzwerk mit strengen physischen und digitalen Sicherheitsanforderungen.
