Handbuch Psychischer Störungen: Kritik an DSM-5


(C) jrduboc, 2012, Bild: flickr (nicht portiert) (CC BY 2.0)

Die Neuauflage des Diagnose-Handbuchs für psychische Krankheiten (DSM-5) wurde zuletzt von renommierten Psychiatern und Neurologen kritisiert. Man spricht von deren Seite von einem nahezu inflationären Gebrauch von Diagnosen psychischer Störungen.

Die Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen sei bereits eine behandlungswürdige psychische Erkrankung, wenn diese (etwa Apathie, Traurigkeit, Appetitlosigkeit oder Konzentrationsstörungen) länger als zwei Wochen anhalten sollte. Eine derart lange Trauerempfindung könnte in einer Depression münden.

Das neue Diagnosesystem spricht hier bereits von einer "depressiven Episode", welche behandelt werden sollte. Die Neuauflage des Diagnose-Handbuchs für psychische Krankheiten (American Psychiatric Association) soll voraussichtlich im Mai (2013) veröffentlicht werden.

In einer Vorabveröffentlichung wird Psychotherapeuten und Medizinern u.a. empfohlen, dass eine depressiv gelagerte Verstimmung nach dem Todesfall eines geliebten Menschen nach vierzehn Tagen als eine mögliche Depression anzusehen und zu behandeln ist.

Bisher hatte die Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen als "emotionaler Ausnahmefall" gegolten. Etwa Allen Frances (Duke Universität) warnte bereits seit geraumer Zeit vor einer Inflation der Diagnosen, was psychische Krankheitsbilder anbelangt.

Seitens der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) sieht man das DSM-5 zwar nicht als direkte Richtschnur an, was das Wirken von Psychiatern in Deutschland angeht, doch könnte es indirekt Einfluss auf die Neuauflage des Klassifikationssystems der Krankheiten von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben.

Das DSM-5 würde das in der Regel natürliche Nachlassen der Trauerempfindung und die meistens erhaltene Fähigkeit zur Selbstregulation nicht berücksichtigen. Dies könnte dazu führen, dass Patienten zu Unrecht eine Diagnose über eine "Psychische Störung" erhalten.

Meldung: Psychische Erkrankungen - sorgsame Diagnostik notwendig

Anhang: Beim DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) handelt es sich um ein Klassifikationssystem der American Psychiatric Association. Seit 1996 erscheint es in der deutschen Ausgabe des DSM-IV (Textrevision DSM-IV-TR). Das DSM-V ist seit 1999 in Arbeit.

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