ACTA: EU-Gericht erlaubt Geheimhaltung zu nebulösen Dokumenten


(C) Stefan64, 2009, Bild: Wikipedia (CC BY-SA 2.0)

Das Gericht der EU hat in seiner jüngsten Entscheidung deutlich gemacht, dass die EU-Kommission Dokumente zu internationalen Vertragsverhandlungen unter Verschluss halten kann. Laut dem Urteil bekommt die EU-Kommission eine Stärkung bezgl. der Veröffentlichung von Informationen z.B. zum mittlerweile gescheiterten ACTA-Abkommen. Hier könne die Kommission Ausnahmen von ihrer allgemein geltenden „Transparenz“-Pflicht geltend machen.

Einsehen wollte die EU-Abgeordnete Sophie in't Veld die Dokumente. Seit 2008 hatte sie verschiedene Anläufe unternommen, um den Zugang zu den ACTA-Informationen zu bekommen. Im gefällten Urteil stellte das Gericht zwar fest, dass die Kommission in't Veld zu viele Dokumente vorenthalten hätte, doch ein Großteil der [wichtigen] Verhandlungsdokumente darf weiter unter Verschluss bleiben.

Offenbaren muss die Kommission demnach eine Liste mit offenen Fragen zum ACTA-Entwurf und eine Darstellung der Rechtslage der EU im Bereich zum geistigen Eigentum im Internet. Einschätzungen der Mitgliedsländer zu etwa geplanten strafrechtlichen Maßnahmen oder ein Bericht über die technische Zusammenarbeit der ACTA-Partner bleiben hingegen dem Blick der Öffentlichkeit versperrt.

In einer ersten Reaktion zeigte sich die niederländische EU-Abgeordnete Sophie in't Veld enttäuscht von dem Urteil des EU-Gerichts. Sie gab zu verstehen, dass "eine Kultur der Diskretion und Geheimhaltung von Diplomaten aus den 1950er Jahren" vorherrschen würde. Nun wolle sie auch die Transparenzregeln zu einem Wahlkampfthema der Liberalen bei der kommenden Europawahl machen.

Kritiker sahen hinter dem ACTA-Abkommen eine Beschränkung der Freiheit im Internet. Es hatte massive Proteste gegen ACTA gegeben, womit auch die EU-Kommission unter Druck geriet. Die Kommission wollte damals per Verschleppungstaktik die Bewertung des EuGH abwarten. Einige Abgeordnete warfen der EU-Kommission vor, lediglich auf Zeit spielen und ein Abklingen des Widerstands gegen ACTA abwarten zu wollen.

Das Abkommen war maßgeblich zwischen den USA, Japan und der EU ausgehandelt worden. Dabei hatten die USA zunächst auf noch weitergehende Vorgaben zum Schutz des Urheberrechts gedrängt. Das Abkommen sollte für sämtliche Wirtschaftszweige greifen. Im Juli 2012 hatte das Europaparlament gegen eine Ratifizierung des internationalen Vertrages gestimmt.

Im August wurde bei Netzpolitik ein geheimes Dokument (internes Papier des Weltverbandes der Musikindustrie) veröffentlicht, welches zeigte, dass die Mithilfe diverser Serveranbieter zum Zwecke der Zensur gefordert worden war. Von staatlicher Seite fühlten sich teile der Industrie "gut unterstützt".

In dem 30-seitigen Report des IFPI geht man auf die eigenen Einschätzungen, zu beklagten Phänomene im Internet, ein und schlägt massive Gegenmaßnahmen vor. Es sollen etwa Webseiten mit urheberrechtsverletzendem Inhalt zensiert werden können. Die notwendige Technik dazu würde bereitstehen.

Künftig sollten Anbieter z.B. dazu gezwungen werden, ihre Kunden zu überwachen und mit "wirksamen Sanktionen abzuschrecken", zitiert "Netzpolitik.org" aus dem Dokument. Durch verschiedene Online-Überwachungssysteme wie Zugriffsteuerungslisten (ACLs), IP-Adressen, Domain Name System (DNS), Deep Packet Inspection (DPI) und Proxy-Server wolle man den Zugang zu den Inhalten verdächtiger Seiten unmöglich machen. Angeblich sind all diese „digitalen Wanzen" bereits in der Praxis erprobt worden.

Die IFPi geht demnach auch davon aus, dass die wenigsten der User Anonymisierungsdienste nutzen, die eine Ahndung unmöglich machen könnten: Durch eine „ausländische" IP-Adresse greift der Filter nicht mehr. Lediglich fünf (lt. Weltverband der Musikindustrie) bis fünfzehn Prozent der 15- 25-Jährigen nutzen einen solchen Dienst, heißt es weiter. Diese unidentifizierbaren Nutzer sollten, so wolle es der Musikverband durchsetzen, keinen Zugang zum Internet erhalten.

Bild-Quelle: Wikipedia (symbolisch)

  
Bücherindex Bild Link

Weitere Inhalte