Freihandel EU - USA: Neoliberale Wirtschaftsordnung?


EU USA Freihandel

Die Vereinigten-Staaten (USA) und die Europäische Union (EU) streben an, den größten Freihandelsdeal der Welt miteinander abzuschließen. Ein derartiges Abkommen wäre die Basis für die Etablierung einer NATO-Wirtschaftsmacht und würde den Handel mit Waren, Dienstleistungen, Investitionen und Rechten an geistigem Eigentum mit einschließen.

Es ist daher zu befürchten, dass die Vereinigten-Staaten diese Gespräche dazu nutzen werden, um die Europäische Union zur Aufhebung der Beschränkungen zu drängen, die in Europa für den Import von genmanipuliertem Getreide und (daraus hergestellten) Nahrungsmitteln gelten. Zudem könnte der Deal als Hintertür dienen, um das vom Europa-Parlament (EP) im letzten Jahr abgelehnte Urheberrechtsabkommen ACTA doch noch durchzudrücken.

Wikipedia Auszug: Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement, kurz ACTA, (deutsch Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommen) ist ein geplantes multilaterales Handelsabkommen auf völkerrechtlicher Ebene. Die teilnehmenden Nationen bzw. Staatenbünde wollen mit ACTA internationale Standards im Kampf gegen Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen etablieren. In Deutschland wird es deshalb entsprechend der englischen Bezeichnung auch häufig als Anti-Piraterie-Abkommen bezeichnet.

Mit einem solchen transatlantischen Handelsabkommen zwischen den Vereinigten-Staaten und der Europäischen Union will man sich gegen Chinas wachsende Wirtschaftsmacht wehren; ein solches Abkommen könnte das Fundament für eine neue globale Wirtschaftsordnung sein.

In seiner jüngsten Rede zur Lage der Nation (Mitte Februar 2013; USA) gab US-Präsident Barack Hussein Obama offiziell bekannt, dass die Vereinigten-Staaten mit der EU Gespräche über eine umfassende transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft aufnehmen werden. In einem gemeinsamen Statement erklärten der Präsident der EU-Kommission José Manuel Barroso, der Präsident des Europa-Rates Herman Van Rompuy und der US-Präsident Barack Hussein Obama: "Bei diesen Verhandlungen werden die Vereinigten-Staaten und die Europäische Union die Gelegenheit erhalten, nicht nur Handel und Investitionen über den Atlantik auszuweiten, sondern auch zur Entwicklung globaler Regeln beizutragen, die das internationale Handelssystem stärken können."

In einer aus diesem Anlass gehaltenen Rede fügte der Kommissionspräsident José Manuel Barroso hinzu: "Ein zukünftiger Deal zwischen den beiden wichtigsten Wirtschaftsblöcken der Welt wird das Zusammenspiel grundlegend verändern. Gemeinsam werden wir die größte Freihandelszone der Welt bilden. Deshalb werden diese Verhandlungen nicht nur einen neuen Standard für unseren künftigen bilateralen Handel, unsere wechselseitigen Investitionen und die dazu notwendigen Regularien setzen, sondern auch zur Entwicklung von Regeln für den globalen Handel beitragen."

Angestoßen wurde der Freihandelsdeal von der High Level Working Group on Jobs and Growth (HLWG), die geschaffen wurde, um die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Vereinigten-Staaten der Europäischen Union zu vertiefen. In ihrem Abschlussbericht forderte die Arbeitsgruppe beide Seiten auf, "so bald wie möglich die formellen Verfahren einzuleiten, die notwendig sind, um Verhandlungen über ein umfassendes Handels- und Investitionsabkommen in Gang zu setzen". Nach Aussagen von Offiziellen aus den Vereinigten-Staaten und aus der Europäischen Union könnten die Gespräche bereits im Juni (2013) beginnen und bis Ende des Jahres 2014 erfolgreich abgeschlossen werden.

Durch das vorgeschlagene Handelsabkommen sollen die Importzölle und alle Hürden beseitigt werden, die den Handel mit Waren, Dienstleistungen und Investitionen behindern; gleichzeitig sollen die auf beiden Seiten geltenden (unterschiedlichen) Regulierungen und Standards harmonisiert werden. Auch der Schutz des geistigen Eigentums und entsprechende Durchsetzungsmaßnahmen würden einbezogen. Dabei könnte durch die Hintertür auch wieder das Anti-Counterfeiting Trade (ACTA) eingeführt werden. Öffentlicher Druck und die Befürchtung, die freie Nutzung des Internets und die Privatsphäre könnten dadurch bedroht sein, hatten das Europäische Parlament im Juli 2012 bewogen, jenes ACTA-Abkommen abzulehnen. Auch bei den Verhandlungen über den Handel zwischen Kanada und der Europäischen Union wird wieder versucht, wenigstens Teile dieses Abkommens durchzusetzen.

Lori Wallach, die Direktorin von Global Trade Watch, einer Unterorganisation von Public Citizen, die den Welthandel überwacht, erklärte, die Gespräche zwischen den Vereinigten-Staaten und der Europäischen Union zielten darauf ab, "eine ganze Reihe zu unser aller Wohl notwendiger Vorschriften zum Schutz der Unverfälschtheit der Nahrung, der Gesundheit und der Umwelt zu beseitigen, die von internationalen Konzernen als "Handelshemmnisse" betrachtet werden. "Europäische Konzerne haben die US-Vorschriften zur Regulierung des Finanzsystems und die strengeren Test- und Zulassungsbestimmungen für Arzneimittel und medizinisches Gerät im Visier; US-Konzerne wollen die schärferen europäischen Vorschriften zum Umgang mit Chemikalien, zur Unverfälschtheit von Nahrungsmitteln und zur Deklarierungspflicht für genmanipulierte Nahrungsbestandteile beseitigen."

Earth Open Source warnte: "Der geplante Freihandelsdeal zwischen den Vereinigten-Staaten und der Europäischen Union würde EU-Vorschriften zum Schutz der Gesundheit und der Umwelt aushebeln und den Export von genmanipuliertem Saatgut und aus genmanipulierten Grundstoffen hergestellten Nahrungsmitteln nach Europa ermöglichen." Die Forschungsdirektorin Claire Robinson gab zu bedenken: "Wenn das Handelsabkommen durchgeht, wird es nach den Regeln der Welthandelsorganisation der Europäischen Union untersagt sein, die Verwendung genmanipulierter Organismen stärker zu regulieren als die Vereinigten-Staaten." Das sollte aufhorchen lassen, denn in den Vereinigten-Staaten sind in vielen Fällen bei der Beimengung genmanipulierter Organismen in Nahrungsmittel weder Sicherheitstests noch eine besondere Kennzeichnung vorgeschrieben.

Das vorgeschlagene Handelsabkommen zwischen den Vereinigten-Staaten und der Europäischen Union überschattet auch die immer noch zwischen Kanada und der EU laufenden Verhandlungen über ein Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA). Obwohl sich die Gespräche im Endstadium befinden, müssen beide Seiten noch große Lücken überbrücken, bevor das Abkommen geschlossen werden kann. Thomas Walkom vom Toronto Star meint dazu: "Europas wirkliches Interesse am Abschluss eines Handelsabkommens mit Ottawa besteht darin, den Vereinigten-Staaten zu demonstrieren, dass ein transatlantischer Freihandelspakt möglich ist." Er fährt fort: "Die EU-Unterhändler werden sich jetzt noch heftiger dagegen sträuben, Kanada größere Zugeständnisse zu machen – aus Angst, sie könnten damit ihre Position in den Verhandlungen mit den Vereinigten-Staaten schwächen."

Walkom glaubt: "In den Verhandlungen steht Kanada deshalb unter viel größerem Druck als Europa." Er schließt mit der Feststellung: "Ein Deal zwischen Kanada und der Europäischen Union dürfte sicher sein. Nachdem die Vereinigten-Staaten jetzt aber mit ins Spiel gekommen sind, könnten die Konditionen für Kanada sogar noch ungünstiger als erwartet ausfallen." Die Globe and Mail hat kürzlich berichtet, die Europäische Union habe noch weitere Zugeständnisse von Kanada gefordert, bevor ein Vertrag geschlossen werden könne. Um überhaupt zu einem Abschluss zu kommen, könnten die verzweifelten Kanadier bereit sein, noch mehr eigene Positionen aufzugeben. Sie haben sich von Anfang an auf einen schlechten Deal eingelassen und sollten im eigenen Interesse am besten die Finger von CETA lassen.

Wikipedia Auszug: Das Comprehensive Economic and Trade Agreement, kurz CETA, ist ein geplantes Europäisch-Kanadisches Handelsabkommen. CETA gleicht in der Februar Version dem am 4. Juli 2012 vom Europäischen Parlament mit großer Mehrheit abgelehnten Handelsabkommen ACTA stellenweise fast aufs Wort. CETA ist die größte bilaterale Initiative Kanadas seit dem nordamerikanischen Freihandelsabkommen vom 1. Januar 1994.

Es ist zu erwarten, dass die gegen die Macht der Konzerne und die Globalisierung gerichteten Bewegungen auf beiden Seiten des Atlantiks in den kommenden Monaten ihre Anhänger gegen das geplante Handelsabkommen zwischen den Vereinigten-Staaten und der Europäischen Union mobilisieren werden. Es sind die Großkonzerne und die Finanzindustrie, die diesen Großangriff auf die Gesundheit, die unverfälschte Nahrung und die Umwelt starten.

Wie das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (oder kurz NAFTA) soll vermutlich auch der beabsichtigte Handelsdeal der Vereinigten-Staaten mit der Europäischen Union eine Vereinbarung enthalten, die verhindert, dass durch die staatliche Besteuerung von Kapitalanlagen die Profite der Konzerne geschmälert werden. Ein Handelsabkommen zwischen den Vereinigten-Staaten und der Europäischen Union wäre ein weiterer Baustein für ein neues globales Handelssystem. Zusammengenommen würden das NAFTA-Abkommen, die Transpazifische Partnerschaft und ein transatlantischer Handelsdeal zwischen den Vereinigten-Staaten und der Europäischen Union beste Voraussetzungen für eine globale Freihandelszone schaffen.

Wikipedia Auszug: Das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) ist ein ausgedehnter Wirtschaftsverband zwischen Kanada, den USA und Mexiko und bildet eine Freihandelszone im nordamerikanischen Kontinent. Die NAFTA wurde zum 1. Januar 1994 gegründet. Mit Inkrafttreten des Freihandelsabkommens wurden zahlreiche Zölle abgeschafft, viele weitere wurden zeitlich ausgesetzt.

The U.S.-EU Free Trade Deal: Foundation for a New Global Economic Order

DE: LP 031/13 – 08.03.13

 

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