60 Jahre Tod Stalins: Hälfte der Russen sieht positive Rolle der pathologischen Sowjet-Frontfigur


Josef Stalin

Der mit einer pathologisch tiefsitzenden Persönlichkeitsstörung und damals von den Massen als omnipräsentes Gottwesen beweihrauchte Josef Stalin findet auch noch heute zahlreiche narzisstische Fans.

Laut Medienberichten von Mitte Oktober 2012 nahmen, nach fast 60 Jahren des Todes von Josef Stalin (1879-1953 - geb. Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili), immer mehr Russen den Sowjetdiktator wieder positiv wahr. Rund 48 Prozent der Befragten hielten die Rolle Stalins in der Geschichte für gut, wie das Meinungsforschungsinstitut Lewada damals berichtete.

Dies liegt wahrscheinlich u.a. daran, dass nur entsprechende Pro-Literatur zur Verfügung steht oder vom Hören-Sagen Stalin doch eigentlich ganz in Ordnung war. Die psychologisch-potemkinschen Dörfer sind heute noch im von der Matrjoschka-Demokratie beseelten Russland anzutreffen, wo mittlerweile der EX-KGB-Mann Putin erneut die Spitze als Präsident eingenommen hat.

Laut der Zeitung Wedomosti (Feb. 2013) gaben 49 Prozent an, Stalin habe eine "positive" Rolle in der russischen Geschichte gespielt. Für neun Prozent war diese laut der Erhebung des Instituts Lewada "unbestreitbar positiv", für 40 Prozent immerhin "eher positiv".

Noch vor 15 Jahren hätten rund 60 Prozent der Russen den blutigen Herrscher negativ wahrgenommen, heute liege der Anteil nur noch bei 22 Prozent, sagte Lewada-Direktor Lew Gudkow der Agentur Interfax. Als Grund dafür nannte er eine "Banalisierung der Stalinschen Epoche".

Der Diktator werde heute in den Schulen als Politiker dargestellt, der eine Großmacht gegründet habe (an welche die scheinbaren Feinde ordentlich Technologie und Co. lieferten), die trotz aller Repressionen den nationalen Interessen gedient habe, sagte Gudkow. Damit gehe eine Verherrlichung der Zeit durch pseudo-historische Bücher (Fälschung der Geschichte) einher.

Auch der von westlichen Eliten geförderte Mao stammte wie alle prominenten Monster des 20. Jahrhunderts aus einfachen Verhältnissen und wurde wie Hitler und Stalin eher wegen seiner Defekte als seinen Fähigkeiten aus britisch-amerikanischen Elitezirkeln unterstützt. Er war inkompetenter und als Kompensation gleichzeitig irrer als seine extremeren Vorgänger. Hitler z.B. war erst davon ausgegangen, dass er den neuen Messias verkünden wird. Im Verlauf seiner Störung und mit weiterer Machtansammlung war er jedoch überzeugt, dass er selbst der Messias ist.

Unter dem frühzeitig geförderten KGB-Mann Vladimir Putin (FSB) endete die relativ kurze Phase des politischen Pluralismus mit dem neugeformten Quasi-Monopol der Partei “Einiges Russland”, das ohne eine klare Verfassungsordnung oder sonstige signifikante Einschränkungen herrscht. Dieser wenig verhüllte Rückschritt zum sowjetischen Modell heißt in neuen russischen Lehrplänen “souveräne Demokratie”.

Der russische Sicherheitsdienst FSB ist berüchtigt für die Inszenierung von Anschlägen unter falscher Flagge. Im Herbst 1999 orchestrierte der FSB (Chef Putin) eine Terrorkampagne mit Bombenanschlägen gegen Wohnblocks in Russland und erklärte tschetschenische Separatisten für verantwortlich. Auf dieser Terror-Welle sicherte sich Putin den Wahlsieg und begann einen neuen Krieg. FSB-Agenten wurden dabei ertappt, wie sie Hexogen-Sprengstoff im Keller eines Wohnblocks in Rjasan platzierten. Laut den Aufzeichnungen telefonierten die “Terroristen” mit dem FSB-Hauptquartier und später wurde ihnen ermöglicht, aus dem Land zu fliehen.

Nach den neuen Lehrplänen in Russland sei der Kollaps der Sowjetunion “die größte geopolitische Katastrohe des 20. Jahrhunderts” gewesen und Stalin gilt als der “erfolgreichste sowjetische Führer aller Zeiten”. Laut einer repräsentativen Umfrage halten 54 Prozent der russischen Jugend zwischen 16 und 19 Jahren Stalin für einen “weisen Führer” der “mehr Gutes als Schlechtes getan hat”.

Stellen wir uns an dieser Stelle vor, in heutigen deutschen Lehrplänen hieße es, der Zusammenbruch des dritten Reiches wäre “die größte geopolitische Katastrohe des 20. Jahrhunderts” gewesen und die Jugend wäre mehrheitlich überzeugt, der “weise Führer” Adolf Hitler hätte “mehr Gutes als Schlechtes getan”. Was wir daraus schlussfolgern können, ist dass die Menschen ohne freien Zugang zu relevanten, objektiven Informationen praktisch jedes Maß an Tyrannei akzeptieren, u.a. aus diesem Grund will Russland auch Zensur im Internet einführen.

Der Stalin-Mythos ist für den Kreml heute ungefähr das Gleiche, was für Stalin der Mythos über Iwan den Schrecklichen war. Dem Volk wird gesagt: Der alte Herrscher war ein Despot, aber er war auch ein großer Führer.

Zuletzt veranlasste Putin die Staatsanwaltschaft, auf "alle Versuche, Hass aus nationalen und religiösen Gründen zu schüren", prompt zu reagieren. Er verwies darauf, dass eine Reihe Gruppen „äußerst dreist“ agieren würde: „Sie führen öffentliche Aktionen durch, verbreiten Ideen im Internet und werben fast offen um Anhänger.“ - „Ihre [politisch orchestrierte Staatsanwaltschaft] direkte Pflicht besteht darin, äußerst prompt auf alle Versuche zu reagieren, nationalen und religiösen Zwist zu schüren sowie Fremdenfeindlichkeit und Chauvinismus zu propagieren“, so Putin - (womit politisch-verbal-verschlüsselt gemeint ist, dass alle Anti-Putins und Freigeister im Land sich warm anziehen können).

 

Weiterführendes:

Russland und der Westen im Bankerhimmel

Roland Baader: Der “neue” Sozialismus ruiniert uns alle

The Soviet Story (deutsche Fassung)

Wie nahe ist Italiens Wahl-Gewinner Bersani dem russischen FSB?

All die Zentralisierung, all die staatliche “Lenkung”, all der Autoritarismus hat nichts genützt. Das Oligarchennetz mit Putin als Kühlerfigur hat in die eigene Tasche gewirtschaftet und die Wirtschaft Russlands an die Wand gefahren. 2008 flohen 130 Milliarden Dollar an Kapital aus Russland, der Zustrom ist mit 3,4 Milliarden Dollar der geringste in den sogenannten Wachstumsmärkten. (mehr hier)

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