Fleisch aus der EU: Russland droht mit totalem Importstopp


(C) Albert Cahalan, 2005, (symbolisch), Bild: Wikipedia (CC BY-SA 3.0)

Angesichts des in Europa grassierenden Fleischskandals soll möglicherweise die Einfuhr nach Russland weiter eingeschränkt werden. Moskau verlange weitere Garantien, betonte zuletzt der Staatliche Chefhygiene-Arzt Gennadi Onistschenko.

Dieser gab gegenüber der Presse zu verstehen: "Ich bitte uns zusätzliche Garantien zu gewähren, widrigenfalls werden wir gezwungen sein, den Fleischimport zu verbieten, bis die Situation geklärt ist".

Man hätte zwar bereits Briefe aus Europa bekommen, in denen man absolute Transparenz zu den Ermittlungen zusichert, doch die Geographie des Skandals greife um sich. Deshalb habe Onistschenko am Donnerstag einen Brief an die zuständigen EU-Behörden gesendet, laut denen Russland zusätzliche Garantien für die Fleisch-Qualität brauche.

Bereits Anfang Februar hatte die russische Veterinärbehörde Rosselchosnadsor bekanntgegeben, dass der Import von gekühltem Fleisch aus Betrieben der USA und Deutschlands mit einer Sperre versehen wird. Dies wurde mit der Verbreitung der Schmallenberg-Virus-Infektion begründet. Von der Importsperre belegt seien Geflügel, Rind und Schweinefleisch.

Mit Blick auf die Einschränkungen für Fleischlieferungen aus den Vereinigten-Staaten hieß es, dass man seitens der USA, ungeachtet zahlreicher Anträge von russischen Behörden, keine verlangten Informationen über getroffene Maßnahmen vorgelegt hätte, welche den Export von Ractopamin-freiem Fleisch und Fleischprodukten gewährleisten.

Experten hatten die Einfuhrverbote Russlands kritisiert und diese als wirtschaftlich motiviert angesehen. Man gab an, dass Russland den heimischen Markt durch den Importstopp vor ausländischen, meist günstigeren Produkten schützen wolle.

Bei der russischen Nachrichtenagentur Ria Novosti hieß es Anfang Februar ebenfalls, dass man den Import von Fleisch- und Milchprodukten aus mehreren Betrieben in Niedersachsen, Bayern und Nordrhein-Westfalen stoppen wird.

Ende Januar hatte die russische Agraraufsicht erwogen, Einfuhrbeschränkungen für gekühltes Fleisch aus den USA und Kanada umzusetzen: "Bei der Produktion dieses Fleischs wurde das Wachstumshormon Ractopamin verwendet", sagte Behördensprecher Alexej Alexejenko.

Am 7. Dezember 2012 hatte die russische Agraraufsichtsbehörde die Veterinärdienste der USA, Kanadas, Brasiliens und auch Mexikos offiziell darüber benachrichtigt, dass das für den Export nach Russland bestimmte Fleisch Ractopamin-frei sein soll, was mit entsprechenden Dokumenten zu belegen ist.

Die kanadische Lebensmittelbehörde CFIA sicherte gegenüber Rosselkhoznadzor zu, dass demnächst jede Lieferung von Schweine- oder Rindfleisch nach Russland neben einem Veterinärzertifikat mit einer gesonderten Bestätigung versehen werde, dass die Ware von Tieren aus der Mast ohne Ractopamin stamme und von einem akkreditierten Labor auf Rückstände des Wachstumsförderers negativ geprüft worden sei.

Ractopamin ist insgesamt in etwa 160 Ländern nicht erlaubt, darunter in China, Thailand und Taiwan. Diese Länder sowie Russland und die Europäische Union hatten aufgrund von Gesundheitsbedenken zuvor bereits den Import von Fleisch von Schweinen verboten, die mithilfe des Mittels großgezogen wurden.

Mit Wirkung vom 25. Februar hebt die Europäische Union die Importsperre für lebende Schweine sowie für Rindfleisch aus den USA auf, das mit Milchsäure behandelt wurde, teilt die Webseite EUraktiv zuletzt mit.

Somit hebt die EU ihre bisherigen harten Sicherheitsanforderungen an Lebensmittel sowie an die Einhaltung von Hygienevorschriften bei der Fleischproduktion auf, die in den USA als „unwissenschaftlich“ bezeichnet wurden. Beobachter erachten die EU-Entscheidung als einen Schritt zum Abschluss eines bilateralen Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und den USA.

Die EU hatte die Einfuhr von genverändertem Mais und Soja, mit Chlordioxid behandeltem Geflügelfleisch und mit Milchsäure gereinigtem Rindfleisch sowie von Schweinen verboten, die von mit dem Wachstumsförderer Ractopamin gefütterten Zuchtsäuen zur Welt gebracht worden waren.

Seit 1988 hatte die EU, damals noch als EG, die Einfuhr von hormonbehandeltem Fleisch aus den USA untersagt. 1996 wandten sich die USA und Kanada, die dabei am meisten betroffen waren, an die Welthandelsorganisation (WTO), die ihnen in einem Streitbeilegungsverfahren die Erlaubnis erteilte, im Gegenzug EU-Produkte mit Handelssanktionen zu belegen.

In einem Beitrag von “Deutsche Welle” hieß es zur Thematik, dass für deutsche Lebensmittelproduzenten Russland der wichtigste Markt außerhalb der Europäischen Union ist, noch vor der Schweiz und den USA. Nach einer Schätzung der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie BVE stiegen die Exporte nach Russland in 2011 um etwa 7,1 Prozent an, auf ca. 1,7 Milliarden Euro.

"Wir haben es im Grunde mit einer Datenfälschung in Veterinärzertifikaten zu tun", sagte Sergej Dankwert der russischen Nachrichtenagentur Interfax Ende 2012. Deutsche Landesbehörden würden falsche Daten von Herstellern und falsche Produktkennzeichnungen verwenden, merkte der Leiter des russischen Aufsichtsdienstes für Tier- und Pflanzengesundheit, Dankwert, damals weiter an.

Laut der UN-Kommission "Codex Alimentarius" sind Ractopaminrückstände von bis zu 10 Mikrogramm je Kilogramm Rind- oder Schweinefleisch, 40 Mikrogramm je Kilogramm Leber und 90 Mikrogramm je Kilogramm Nieren unbedenklich. Die Ratspräsidentschaft informierte im September 2012 über den Beschluss der Codex-Alimentarius-Kommission, Rückstandshöchstwerte für das Tierarzneimittel Ractopamin festzulegen. Die deutsche Bundesministerin Ilse Aigner äußerte, wie viele andere Mitgliedstaaten, ihre Sorge über den Beschluss der Codex-Alimentarius-Kommission zu Ractopamin. Tierarzneimittel dürften nicht als Wachstumsförderer eingesetzt werden.

Schwerpunkt der damaligen Tagung im September 2012 des Rates (Landwirtschaft und Fischerei) im Bereich Landwirtschaft waren die Beratungen zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2013. Der Rat befasste sich dabei unter anderem mit der Neuabgrenzung der naturbedingt benachteiligten Gebiete. Daneben diskutierten die EU-Agrarministerinnen und Agrarminister über das von der Kommission im Rahmen der „Gemeinsamen Marktorganisation“ für landwirtschaftliche Erzeugnisse vorgeschlagene Sicherheitsnetz.

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