EU

Trotz dass es "positive" Ansätze seit dem Vertrag von Lissabon gibt, würde den Mitgliedern der EU der Wille fehlen, mit einer "gemeinsamen Stimme" in sicherheits-, außen- und rüstungspolitischen Fragen zu sprechen. Am Mittwoch wurden seitens des deutschen Auswärtigen Ausschusses fünf Experten zu einer öffentlichen Anhörung eingeladen.
Hier ging es um die Fortentwicklung der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP). Im Dezember dieses Jahres wollen sich die Staats- und Regierungschefs bei einem EU-Gipfel der Thematik widmen.
Eine wesentliche Ursache, dass die Umsetzung der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) recht schleppend verläuft, sei die vorherrschende Eurokrise. Es würde Tendenzen zur Renationalisierung geben, anstatt mit einer Stimme zu sprechen. Diese Entwicklung sei schlecht.
Eine Dame des Council on Foreign Relations (Europa) machte deutlich, dass die mit dem Vertrag von Lissabon verbundenen Hoffnungen, auf einen Durchbruch, hin zu einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU, sich nicht erfüllt hätten. Den Mitgliedsstaaten würden die Einsicht und der Wille fehlen, dass Souveränität abgegeben werden muss, um so eine eigene neue Souveränität als EU auf der internationalen Bühne zu formen.
Angegriffen wurde hierbei die sog. Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton. Ihr fehle politischer Gestaltungswille. Ashton sehe ihre Aufgabe eher in der Koordinierung der Interessen der EU-Mitglieder, als darin, mit politischen Initiativen voranzugehen.
Der Chief Executive der Europäischen Verteidigungsagentur (EVA), Claude-France Arnould (weiblich), gab zu verstehen, Verteidigungsaufgaben blieben im Kern jedoch Ausdruck der Souveränität der Mitgliedsländer – jedenfalls solange diese nicht beschließen, zu einer gemeinsamen Verteidigung zu kommen. Arnould verwies unter anderem auf eine Einigung der europäischen Verteidigungsminister im November vergangenen Jahres zum sog. „Pooling und Sharing“, also einer abgestimmten Arbeitsteilung durch Spezialisierung innerhalb der europäischen Armeen.
Eine Uneinigkeit hätte nach Ansicht von Christian Mölling, von der "Stiftung Wissenschaft und Politik", zur Folge, dass die militärische Handlungsfähigkeit Europas sinke und die Abhängigkeit der Einzelstaaten voneinander sogar noch ansteigt. Mölling verwies zusätzlich darauf, dass zwar derzeit etwa 50.000 Soldaten aus EU-Staaten in internationalen Einsätzen seien, aber nur 3.000 im Rahmen von GSVP-Missionen.
Jürgen Wagner von der Tübinger Informationsstelle Militarisierung (IMI) wehrte sich gegen den Eindruck, die GSVP sei mit bisher 30 Missionen und „EU-Battlegroups“ ein „Papiertiger“. Er kritisierte auch, dass es in der Diskussion um eine Fortentwicklung des GSVP allzu häufig um eine „Ausweitung militärischer Fähigkeiten“ gehe.
Der Sachverständige Nils Annen von der Friedrich-Ebert-Stiftung stellte in seiner schriftlichen Stellungnahme heraus, dass nicht die Beteiligung des Parlaments, sondern „mangelnde politische Führung“ einer Weiterentwicklung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) im Wege gestanden hätte. Die Befassung des Deutschen Bundestags unterscheide sich bei Bundeswehreinsätzen von üblichen Gesetzgebungsprozessen, ein Antrag der Bundesregierung könne durch das Parlament nicht modifiziert werden. Der deutschen Bundesregierung stehe ein „weitaus größerer politischer Spielraum zur Verfügung, als vielfach öffentlich wahrgenommen wird“.
