EU USA

Das angestrebte Freihandelsabkommen zwischen den USA und EU sieht man seitens des Deutschen Industrie- und Handelskammertags DIHK mit möglichen Nachteilen verbunden, was die deutsche Wirtschaft betrifft. China könnte einen solchen Schritt als Affront ansehen, was heimischen Unternehmen durchaus schaden kann, hieß es vom DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier gegenüber FOCUS. Ein Protektionismus gegen China wäre die verkehrte Stoßrichtung.
Zudem profitiert eine Vielzahl an exportorientierten mittelständischen Unternehmen nicht von bilateralen Abkommen. Mit den Vereinigten-Staaten hätte man bereits einen florierenden Handel. Die deutsche Wirtschaft leide eher unter der Abschottungstendenz einzelner Staaten wie Russland, Indien, China oder Brasilien. Es sei daher wichtig, zusammen mit den USA einen Anreiz für Freihandelsabkommen mit den BRIC-Staaten zu schaffen, so Treier.
Am vergangenen Dienstag hatte der US-Präsident Obama bei seiner Rede die Aufnahme offizieller Verhandlungen mit der EU über ein umfassendes Freihandelsabkommen angekündigt. Sollte ein erfolgreicher Abschluss stattfinden, würde sich die größte Freihandelszone der Welt etablieren. Ein solches Abkommen wird bereits seit einiger Zeit diskutiert.
Der deutsche Bundeswirtschaftsminister Philip Rösler (FDP) hatte sich gegenüber dem "Spiegel" zur Thematik derart geäußert, dass auch er ein solches Freihandelsabkommen anstrebt und es umgesetzt sehen will. Innerhalb der EU will er gegen den Widerstand von Frankreich und einiger EU-Länder aus dem Süden das weitreichende Abkommen mit den USA trotzdem durchgesetzt sehen.
Speziell in den südlichen EU-Ländern möchte man Themen wie weitere Lebensmittelregulierung und Gentechnik ausklammern. Aber auch in anderen EU-Ländern gibt es in der Bevölkerung entsprechend negative Ansichten zu einem derartigen Freihandelsabkommen. Man wolle die Interessen der Landwirte schützen, vor großen multinationalen Konzernen, die durch ein derartiges Abkommen leichter genmanipulierte Lebensmittel in der EU einbringen könnten. Ebenfalls profitieren in der Regel nur „Big-Player“ und einige Insider von derartigen Bestrebungen.
Gelockt werden soll mit angeblich extremen Mehrumsätzen in Höhe von hunderten Milliarden, hohen Wachstumsimpulsen und angeblich deutlich mehr Arbeitsplätze. Kritiker sehen jedoch, dass das sogenannte Lohndumping weiter zunehmen und der Mittelstand "zersetzt" wird. Der EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sprach davon, dass man mit einer solchen Partnerschaft einen „starken Auftrieb im Wohlstand“ erfahren könnte.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hatte den Abschluss des Abkommens bis 2015 gefordert. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) drängte, nun "zügig Nägel mit Köpfen" zu machen. Gegenüber der Süddeutschen-Zeitung sagte Westerwelle, dass sich der europäische Binnenmarkt schnell auf die USA ausdehnen müsse, es sollten alle Schranken abgebaut werden und die Gelegenheit sei günstig, durch die zweite Amtszeit Obamas und der irischen EU- und der britischen G8-Präsidentschaft.
Begründung Westerwelles sei die Globalisierung, damit sich entsprechend größere Staatsgebilde weiter verschmelzen können. Ebenfalls führte Westerwelle in seinen vorgegebenen Punkten aus, dass die Normen und Standards von morgen von uns und bei uns gesetzt werden müssten, von der Elektromobilität bis hin zum Schutz geistigen Eigentums. Zudem könnten die deutschen Umwelt- und Sozialstandards Maßstab für künftige Wirtschaftsabkommen mit dem Rest der Welt sein. Auch die Partnerschaft mit der NATO würde weiter vertieft werden und die Zusammenarbeit in praktisch allen wichtigen außenpolitischen Fragen könnte so einen neuen Schub erfahren.
Freihandel: Westerwelle will Binnenmarkt mit EU und USA
Der Begriff Freihandelsabkommen bedeutet dabei in der Politik meist nicht ein Minimum an sinnvollen Regulierungen, sondern wird eher verwendet für die Wunschvorstellungen dominierender Konzerne mit ausreichendem Einfluss auf die Gesetzgebung. Unter anderem streben amerikanische Biotech-Konzerne an, genmanipulierte Nahrungsmittel und Saatgut endlich barrierefrei an EU-Staaten verkaufen zu dürfen.
Gleichermaßen will die Politik auf beiden Seiten des Atlantiks CO2-Emissionen besteuern, ohne die eigene Wählerschaft zu vergraulen, durch Ungleichgewichte zwischen Europa und den USA. Gewöhnlich ist eine politisch-verwaltete gemeinsame Wirtschaftszone Vorläufer viel weiterreichender Angleichungen die in einem Superstaat münden sollen, was insbesondere die Entwicklung der Europäischen Union gezeigt hat.
Bei ihrem Besuch Mitte August 2012 in Ottawa hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihren Einsatz für eine zügige Verabschiedung eines geplanten Freihandelsabkommens zwischen Kanada und der EU zugesagt. Auf der Südostasienreise von Westerwelle hatte er vor wenigen Wochen ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Singapur als "wichtiges Signal" benannt. Ende Januar 2013 hatte die EU von Brasilien und Argentinien bei einem Gipfeltreffen in Chile eine Reduzierung der gemeinsamen Handelsbarrieren gefordert. Die Regionalorganisation Mercosur und die EU streben ein Freihandelsabkommen an.
Ebenfalls Ende Januar hieß es, Deutschland und Indien wollen ihre Bemühungen um den Abschluss eines Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und Indien verstärken, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) nach einem Treffen mit seinem indischen Kollegen Salman Khurshid in Berlin. Die deutsche Industrie forderte Ende November 2012 einen "weltweiten Freihandel", auch Japan müsse Handelshemmnisse zügig und konsequent abbauen.
Utopia: Wer die Globalisierung aufhält, wird getötet
Derartige globale Verschmelzungen kann man entsprechend mit "Krisen" oder anderen Druckzuständen forcieren. Wenn es nach dem ehemaligen Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker geht, dann würde Europa nur mit Krisen zu mehr Integration zusammenfinden (Phoenix-Sendung “Unter den Linden”). Ein weiteres Beispiel geht bereits auf das Jahr 1999 zurück, als Herr Juncker folgendes im „Spiegel“ geäußert hatte: “Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.” – zitiert von Dirk Koch: Die Brüsseler Republik. Der SPIEGEL 52/1999 vom 27. Dezember 1999, S. 136
Anfang Februar hatte der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück eine grundlegende Reform der EU angesprochen. Langfristig sollten sich die Staaten der Europäischen Union am Vorbild der USA orientieren und eine eigene Kammer bilden. Dann hätten alle Staaten die gleiche Stimmenzahl. Die EU-Kommission könnte dabei in Zukunft zur Exekutive fortentwickelt werden, so Steinbrück bei seinem Besuch in London. Hier traf der SPD-Kanzlerkandidat mit diversen Vertretern aus Wirtschaft, Finanzwelt und Politik zusammen.
Beim Sender Phoenix machte Wolfgang Schäuble deutlich: „Wir brauchen andere Formen internationaler Governance, als den Nationalstaat…Und heute schaffen wir etwas Neues…Ich bin bei aller krisenhafter Zuspitzung im Grunde entspannt, weil wenn die Krise größer wird, werden die Fähigkeiten Veränderungen durchzusetzen größer.“
