Spanien: Opposition fordert Rücktritt von Regierungschef Rajoy


(C) European Peoples Party, 2011, Bild: Wikipedia (CC BY 2.0)

Nachdem es zuletzt diverse Korruptionsvorwürfe gegen den Regierungschef Spaniens, Mariano Rajoy, gegeben hatte, forderte man seitens der spanischen Opposition den Rücktritt Rajoys. Der Regierungschef würde die Krise nicht in den Griff bekommen und sei nicht dazu in der Lage das Land zu diesem "heiklen Zeitpunkt" zu führen, so der Führer der Opposition Alfredo Pérez Rubalcaba (PSOE).

Vor einigen Tagen hatte die spanische Zeitung "El País" von Schwarzgeldzahlungen an führende Politiker der regierenden Volkspartei berichtet, darunter auch an den Regierungschef Rajoy. Nachfolgend griffen verschiedene andere Medien die Thematik auf. Seit den Veröffentlichungen in der Zeitung haben Demonstranten vor dem Madrider Sitz der konservativen Regierungspartei protestiert.

Mariano Rajoy selbst weist die Anschuldigungen im Zusammenhang der vorgeworfenen Schwarzgeldaffäre strikt zurück. Rajoy hatte erklärt, er wolle seine Steuererklärungen in der kommenden Woche veröffentlichen, wobei er ebenfalls "größtmögliche" Transparenz versprach. In der Zeitung hatte man handschriftliche Zettel veröffentlicht, auf denen auch Geldsummen an den heutigen Regierungschef vermerkt waren.

Den Angaben zufolge hätte Rajoy zwischen 1997 und 2008 jährlich 25.200 Euro (durchschnittlich) aus Geldmitteln erhalten, die vornehmlich Baufirmen der PP (Partido Popular) gespendet hatten. Jene in der Zeitung beschriebene Praxis der Auszahlung der Spenden an führende Parteimitglieder sollen in 2009 beendet worden sein. Rajoy dementierte die Vorwürfe und schloss ebenfalls einen Rücktritt aus.

Im Zentrum des Falls steht der Unternehmer Francisco Correa. Dieser soll sich mit Bestechungen und Gefälligkeiten lukrative öffentliche Aufträge verschafft haben. Die Thematik wurde als sog. "Gürtel-Skandal" (Ermittlungen unter dem Decknamen "Gürtel") bekannt. Angefangen hatte er in Valencia, auf den Balearen und in Galicien. Mittlerweile scheint er sich bis zur Parteizentrale nach Madrid vorgefressen zu haben.

Die Vorgänge/Ermittlungen in der Sache selbst sollen durch die Affäre um den Unternehmer Francisco Correa ins Rollen gekommen sein. Das Schwarzgeld soll dabei wohl in bar geflossen sein, in Umschlägen, die der ehemalige Schatzmeister Luis Bárcenas verteilt hätte. Gekommen sei das Geld von einem Schwarzgeldkonto, welches Ermittler aus der Schweiz Bárcenas zugeordnet hätten, heißt es in Medienberichten. Der Fall selbst geht auf eine Anzeige Ende 2007 zurück.

Er verfügte (zeitweise) über bis zu 22 Millionen Euro und musste 2009 zurücktreten, als die Gürtel-Affäre aufflog. Allerdings müssen die vorgeworfenen Schmiergelder nicht zwingend illegal sein. Bis vor kurzem durften Parteien in Spanien anonyme Spenden annehmen.

Die Korruptionsvorwürfe treffen die regierende Volkspartei in einem besonders heiklen Moment, da sie den Bürgern drastische Einsparungen und Steuererhöhungen zur Bewältigung der Krise abverlangt.

Im Sommer 2011 hatte der Oberste Gerichtshof der Region Valencia entschieden, dass sich auch der gerade im Amt bestätigte Francisco Camps (Partido Popular - 2003 bis 2011 Ministerpräsident der Region Valencia) wegen Korruption vor Gericht verantworten müsse. Camps war dabei nicht allein.

Mit anderen Führungsmitgliedern der Volkspartei (PP) musste der Regierungschef von Valencia ebenfalls auf der Anklagebank Platz nehmen. Der Korruptionsskandal kam dem ehemaligen Oppositionsführer Rajoy recht ungelegen, da Parlamentswahlen anstanden.

Zu diesem Zeitpunkt war zu beobachten, dass sich Rajoy stets hinter seinen Parteifreund gestellt hatte, obwohl schon zu dieser Zeit die Hinweise auf Korruption erdrückend waren. Viele fragten sich bereits damals, ob sich Rajoy und seine Führungsmannschaft so demonstrativ hinter Camps stellten, weil sie die ominösen Vorgänge gekannt haben könnten.

Darauf weisen auch abgehörte Gespräche hin. So hätte sich der Ex-Organisationssekretär der PP in Galicien gegenüber seinem Anwalt besorgt über Auslandskonten gezeigt.

Zu einer „Affäre in der Affäre“ kam es dabei, als damals bekannt wurde, dass sich ein großer Teil der Ermittlungen des Ermittlungsrichters Garzóns auf heimlich abgehörte Gespräche von Beschuldigten des Falles mit ihren Anwälten stützte. Francisco Correa sowie einige weitere Beschuldigte erhoben deshalb Anklage wegen Rechtsbeugung gegen Garzón. Am 23. März 2010 beschloss der Oberste Gerichtshof von Madrid, die Gesprächsprotokolle nicht als Beweismittel zuzulassen.

Nach seiner Inhaftierung wies Pablo Crespo (ehm. PP-Regionalregierung Galiciens) seinen Anwalt an, diese Konten aufzulösen. Damals hatte der Unternehmer Francisco Correa vor dem Ermittlungsrichter erklärt, unter der Regierung der PP von José María Aznar (1996 bis 2004 Ministerpräsident - Presidente del Gobierno - Spaniens) zwischen 1996 und 2004 zum Beispiel Aufträge der staatlichen Flughafenbehörde AENA (Aeropuertos Españoles y Navegación Aérea) in Millionenhöhe erhalten zu haben. Insgesamt sollen Hunderte Millionen Euro aus öffentlichen Aufträgen als Gegenleistung für die Dienste Francisco Correas in sein Firmennetz geflossen sein.

Als sogenannter caso Gürtel (etwa: „die Gürtel-Affäre“) wird seit Anfang 2009 ein in Spanien für Aufsehen sorgender Fall von mutmaßlichen Korruptions- und Spendengeldaffären benannt. Der Fall wurde zunächst ab Februar 2009 vom obersten spanischen Strafgerichtshof, der Audiencia Nacional, durch Baltasar Garzón untersucht. Aufgrund der Verwicklung von Personen mit politischer Immunität, nämlich Abgeordneten von Regionalparlamenten und Mitgliedern regionaler Regierungen, gab Garzón den Fall später an die Obersten Gerichtshöfe der Regionen Valencia und Madrid ab.

Seit dem 14. Mai 2010 ist Garzón aufgrund eines gegen ihn laufenden Verfahrens wegen Rechtsbeugung als Richter suspendiert. Garzón hatte in der Vergangenheit immer wieder für Schlagzeilen gesorgt, als er etwa den mutigen Schritt unternehmen wollte, gegen den ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger wegen dessen Verstrickung in die Operation Condor in Lateinamerika in den 1970er Jahren vorgehen zu wolle. 2003 trat Garzón öffentlich als Gegner des Irak-Kriegs in Erscheinung. Mehr zur Thematik „caso Gürtel“ hier bei Wikipedia

 

Bild-Quelle: Wikipedia (symbolisch)

  
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