NSU Skandal: Weitere Akte vernichtet, MAD hatte Uwe Mundlos schon in den 90ern im Visier


(C) Fornax, 2008, Quelle: Wikipedia (gemeinfrei)

Nachdem nun schon einige hochbrisante Informationen der NSU-Terrorzelle in Deutschland bekannt geworden sind, gesellt sich nun eine weitere hinzu. Nach Informationen der Süddeutschen-Zeitung soll der MAD (Militärische Abschirmdienst) bereits erfolglos versucht haben, das NSU-Mitglied Uwe Mundlos (†) als Informant anzuwerben. Demnach soll Mundlos gefragt worden sein, ob er Informationen an Behörden weiterleiten könne, die geplante Angriffe auf Asylbewerberheime beinhalteten. Mundlos soll dieses Angebot, als Informant für den MAD arbeiten zu wollen, abgelehnt haben. Damals sagte Mundlos (laut einer alten Akte), dass er es sich nicht vorstellen könne mit Behörden zu kooperieren.

Bei Süddeutsche heißt es weiter, dass Uwe Mundlos den Behörden zwischen dem 1. April 1994 und dem 31. März 1995 aufgefallen sei. In dem benannten Zeitraum von 1994-1995 soll Mundlos seinen Grundwehrdienst abgeleistet haben. In dieser Zeit viel er den Behörden auf, weil er Skin/Nazi-Musik gehört hatte. Er soll sich mit einer sechsköpfigen Gruppe zusammengetan haben, die wohl gleichgesinnt eingestellt war. Außerdem soll er durch rechtsextremistisches Verhalten auffällig geworden sein.

Der MAD (Militärische Abschirmdienst) hatte die damals angelegten Akten, in Kopie, an die Landesämter für Verfassungsschutz in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen weitergegeben. Beim MAD selbst soll die betreffende Akte heute nicht mehr vorhanden sein. Offiziell hieß es dazu, dass der MAD die Verpflichtung habe, die "personenbezogenen Daten zu löschen".

Bei Süddeutsche geht man mit diesem recht laxen Verhalten derart um, dass die bisherige Antwort (der Bundesregierung an den Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele) der Bundesregierung als eher lapidar betitelt wird.

Dass nun wieder eine Akte rund um die Terrorgruppierung NSU verschwunden ist, kann durchaus als weiterer Skandal betitelt werden. Bei SZ meint man gar, dass die Behörden eher wenig Interesse daran haben, dass die Abgeordneten über die Vorgänge unterrichtet werden. Hans-Christian Ströbele (B90/Grüne), welcher das Antwortschreiben auf seine gestellten Fragen von der Regierung erhalten hat, zeigte sich regelrecht entsetzt über diesen Vorgang. Ströbele meinte, dass die deutsche Bundesregierung diese Informationen vorenthalten habe. Außerdem sagte er, dass wieder einmal essentiell wichtige Akten vernichtet worden sind. Aber nicht nur Hans-Christian Ströbele äußerte seine Kritik an diesem Vorgehen, auch fraktionsübergreifend konnten ähnliche Impulse vernommen werden.

In diesem Zusammenhang äußerte sich beispielsweise Hartfried Wolff (FDP). Er meinte, dass es unglaublich sein, dass dieser spezielle Vorgang erst so kurz vor der anstehenden Sitzung des Untersuchungsausschusses bekanntgeworden ist. Auch Wolfgang Wieland (B90/Grüne) äußerte seine Kritik und lobte gleichzeitig Ströbele, da man ohne seine Anfrage noch heute "völlig im Nebel" wäre.

Petra Pau (DIE LINKE, Partei) gab an, dass sie offensichtlich vom MAD (Militärische Abschirmdienst) belogen worden ist. Bereits im Sommer habe Pau mehrfach Kontakt mit dem MAD aufgenommen, um nach weiteren Akten zu fragen, Pau soll jedoch keine bekommen haben.

Auch aus Reihen der CDU konnte Kritik vernommen werden. So sagte beispielsweise Clemens Binninger, dass es unerklärbar sei, wie so viele Behörden in Deutschland von der Existenz der Akte gewusst haben, aber keine der Behörden den Ausschuss informiert habe.

Bereits am 09. September 2012 meldete AFP, dass die inhaftierte NSU-Terroristin Beate Zschäpe wegen eines Nagelbombenanschlags angeklagt werden soll. Die dritte im Bunde der NSU-Zelle soll nach einem Bericht von "FOCUS" wegen dem Anschlag mit einer Nagelbombe in Köln angeklagt werden. Nach diesen Informationen soll Beate Zschäpe dabei geholfen haben, dass der entsprechende Sprengsatz präpariert wird. Bei dem damaligen Anschlag mit der Nagelbombe, am 09. Juni 2004, wurden in der hauptsächlich von Türken bewohnten Straße (Köln, Keupstraße) 22 Menschen verletzt.

Beate Zschäpe soll zusammen mit den anderen NSU-Mitgliedern Uwe Böhnhardt (†) und Uwe Mundlos (†) die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) gebildet haben. Die NSU soll für Morde an neun Migranten und eine Polizistin verantwortlich sein. Außerdem soll die Gruppe in den Jahren zwischen 2001 und 2004 in Köln Sprengstoffanschläge verübt haben.

Weiterhin geht aus einem Bericht von FOCUS hervor, dass die Staatsanwaltschaft in Köln die vermuteten Vorwürfe zur Tatbeteiligung Beate Zschäpes für die Bundesanwaltschaft aufbereitet. Genauere Details über ihre vermutete Tatbeteiligung fehlen in diesem Anklageentwurf, so die Information von AFP. Für die deutschen Ermittler steht fest, dass Uwe Mundlos ein Fahrrad mit einer Nagelbombe vor einem türkischen Friseurladen deponiert und Uwe Böhnhardt den Zünder per Fernsteuerung ausgelöst hat, nachdem sich "sein Kollege" entfernt hatte.

Weiterhin geht auf einen Bericht von "Tagesspiegel" zurück, gemeldet über AFP am 07. September 2012, dass es eine weitere "problematische Verbindung" in der Thüringer Polizei gab, welche in die Rechtsextreme Szene bestand. So soll eine Polizeibeamtin, welche Anfang des Jahres durch das BKA (Bundeskriminalamt) befragt worden ist, zugegeben haben, dass sie "Rechtsextremisten privat als auch dienstlich kenne". So soll sie zum Beispiel eine Schlägerei zwischen Neonazis und Ausländern nicht der Polizei gemeldet haben. Der Tagesspiegel beruft sich bei diesen Informationen auf "Sicherheitskreise".

Weiterhin soll die Beamtin gesagt haben, dass ihr Ehemann eine Sicherheitsfirma betreibt, in der auch Rechtsextremisten beschäftigt waren. Weiterhin berichtete die Polizistin dem BKA, dass ihr zwei der Mitarbeiter (Rechtsradikale) im Juni 2008 sagten, dass diese bei Neustadt an der Donau (Bayern) eine Prügelei mit Türken gehabt hätten. In diesem Zusammenhang soll die Polizistin zu Protokoll (Befragung) gegeben haben, dass sie nicht genau wusste, ob dies wirklich stimmt, was die beiden Personen erzählten, daher habe sie dienstlich nichts unternommen.

Die benannte Polizistin soll wegen Verdachts auf Dienstgeheimnisverrat von Ende 2009 bis Anfang 2011 vom Dienst suspendiert gewesen sein. Derzeit befindet sie sich wieder im Polizeidienst, nach Informationen des „Tagesspiegels“, soll die Frau derzeit im Streifendienst (in Thüringen) tätig sein.

Erst vor kurzem machte eine Schlagzeile die Runde, dass ein Thüringer Polizist ebenfalls Verbindungen zu rechtsextremen Kreisen gehabt und möglicherweise Informationen an das Umfeld der NSU (Verbindung über „Thüringer Heimatschutz“) weitergegeben hat.

Die bisher bekanntgewordenen Informationen, rund um die Terrorzelle der NSU, können durchaus als "brisant" eingestuft werden. Sollte sich in den weiteren Ermittlungen und Informationsbeschaffungen bestätigen, dass deutsche Sicherheitsbehörden evtl. seit "längerer Zeit" um die Zelle NSU, deren Mitglieder und Bestrebungen Bescheid gewusst haben, lässt sich der Rückblick auf die damals begangenen Taten der NSU, wie dem Mord an einer Polizistin oder beispielsweise die Sprengstoffanschläge, gänzlich anders bewerten. Man muss sich hierbei, sollte sich dies bestätigen, dann auch die Frage stellen, ob derartige Anschläge nicht hätten verhindert werden können.

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Quellen, Artikel: Sueddeutsche, IK1, IK2 - Bild: Wikipedia (symbolisch, zeigt "Logo des Militärischen Abschirmdienstes")

  
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